Heider SV – Bremer SV 1:1
Nach etwa zehnminütigem Abtasten übernahm zunächst der Bremer SV mit der deutlich reiferen Spielanlage die Kontrolle. Mit dem eindeutig stärksten Mittelfeld der Dreierrunde schnürten sie den Heider SV nahezu in der eigenen Hälfte ein, der sich nur selten für Konter befreien konnte, ohne dabei groß gefährlich zu werden. Natürlich war das evtl. auch dem Spielstand geschuldet, schließlich musste Bremen gewinnen, während Heide ein Unentschieden reichte.
Auch Bremen fehlte aber der letzte Zug zum Tor, es gab viele – allesamt berechtigte – Abseitsstellungen, und wie schon gegen Altona eine Handvoll halbe bis Dreiviertelmöglichkeiten. Es reichte aber nur für ein Tor zum trotzdem zu dem Zeitpunkt hochverdienten 0:1.
Auch nach der Pause, als Heide eigentlich kommen musste, war der Bremer SV zunächst das dominantere Team, hatte aber weiterhin Probleme gegen die massierte Heide-Defensive gefährlich in den Sechzehner zu kommen. Die Konter der Heider nahmen jetzt auch zu und wurden tendenziell gefährlicher. Einer dieser Konter resultierte in einem Freistoß zentral vor dem Bremer Tor, eigentlich aber nicht unbedingt in einer brenzligen Entfernung, vielleicht 25 Meter. Je nach Standpunkt mag man den resultierenden Schuss als genial oder als Sonntagsschuss qualifizieren, jedenfalls curvte er über die Mauer völlig unhaltbar genau in Toreck, wo er von der Unterkante der Latte ins Tor prallte. Hoffentlich hat das irgendwer auf Video.^^
Danach gab es einen Bruch im Spiel der Bremer, keine Ahnung, ob da die Historie als jahrelange Aufstiegsrundenverlierer eine Rolle spielte, dass das Team Panik bekam sich jetzt auch in diese Reihe einordnen zu müssen. Jedenfalls war von der einstigen Souveränität nichts mehr zu spüren, die Hoheit im Mittelfeld ging mehr und mehr an Heide, auch weil die Bremer Mittelfeldspieler sich zusehends (meiner Ansicht nach zu weit) nach vorne orientierten. Eine halbe Stunde vor Schluss bereits die Brechstange auszupacken, und mehr oder weniger nur noch den Ball hoch und weit nach vorne zu dreschen, zahlte sich jedenfalls nicht aus. Die Heide-Defensive stand, und wenn sie mal wackelte, weil bspw. dem Keeper nach einem Rückpass ein katastrophaler Querschläger im eigenen Sechzehner unterläuft, schafft Bremen es nicht, das zu bestrafen.
Heide wurde jetzt allerdings auch extrem nicklig, an der Grenze zum Unsportlichen. Wenn bereits ab der 70. Minute teilweise mehrere Spieler parallel auf dem Rasen liegen und sich wegen "Krämpfen" behandeln lassen müssen, sollten sie das mit der Regionalliga vielleicht nochmal überdenken. Auch Auswechselungen dauerten stets nochmal deutlich länger, als man das als Schiedsrichter eigentlich tolerieren sollte. Der Bremer SV schaffte es aber nicht, damit souverän umzugehen, sondern arbeitete sich insbesondere auf der Bank intensiv daran ab, was vielleicht nicht gerade dazu beitrug, die Spieler auf dem Platz wieder auf Spur zu bringen.
Unmittelbar vor Ende der Nachspielzeit ergab sich dann aber doch noch eine Bremer Chance, das Spiel wieder zu drehen. Der Torhüter am Rand des Sechzehners geschlagen am Boden, waren nur noch zwei oder drei zurückgeeilte Feldspieler in der Lage, das Tor zu verteidigen, aber der Bremer Stürmer schaffte es vom linken Strafraumeck nicht einmal den Ball aufs Tor zu bringen, sondern schlenzte das Leder etwa drei Meter drüber.
Das Stadion war mit 3086 zahlenden Zuschauer plus sicherlich mehrere Hundert Jugendspieler u.ä. sehr gut gefüllt. Man konnte sich zwar noch gut bewegen, aber Lücken auf den Rängen gab es praktisch keine mehr. Der Bremer Fanbus erreichte den Ground wegen Staus auf der Autobahn dummerweise erst unmittelbar vor dem Halbzeitpfiff. Stimmungsmäßig war bis dahin total tote Hose. Eine Fanszene o.ä. hat Heide nicht, nicht einmal irgendwelche Jugendlichen, die anlässlich dieses Spiels irgendwas auf die Beine gestellt haben. Stattdessen zieht der Heider SV die Unterstützung aus der Region. Viele Gruppen waren in ihrer eigenen Trainingsbekleidung des jeweiligen Dorfvereins anwesend.
In der zweiten Halbzeit änderte sich das dann. Der Bremer "Block" – es gab keine eigentliche Fantrennung – gab in zunächst feucht-fröhlicher, dann zunehmend verzweifelter Stimmung ordentlich Gas. Ob nun dadurch motiviert oder durch den Spielverlauf, entwickelte sich dann im Verlauf der zweiten Halbzeit auf Heider Seite spontaner Support, der sich natürlich auf einfache Sprechchöre beschränkte, aber zunehmend eine Art Hexenkesselatmosphäre erzeugte. Das war dann gegen Ende des Spiels schon beeindruckend.
Schiedsrichter Oldhafer hatte ein schwieriges Spiel zu leiten, und hat das recht souverän über die Bühne gebracht. Fehlentscheidungen sind mir keine aufgefallen, und wenn es Aufregung gab, hat er das mit einer guten Ansprache schnell beruhigt. Er wirkte aber doch etwas machtlos gegenüber den zunehmenden Unsportlichkeiten der Heider. Nach dem 1:1 gab es einen Platzsturm, zuerst der Auswechselspieler – wie schon in Altona – gefolgt von mindestens 30 Jugendspielern. Daraufhin durchsagen zu lassen, dass beim nächsten Mal das Spiel abgebrochen wird, war ok, aber einem Bremer Ersatzspieler wegen lauter Erregung Gelb zeigen, es aber tolerieren, dass 7–8 sich warmmachende Auswechselspieler von hinterm eigenen Tor bis in den gegnerischen Strafraum laufen zum jubeln, war etwas unsouverän. Und 5 Minuten Nachspielzeit, die dann auf 7 ausgedehnt wurden, waren meiner bescheidenen Ansicht nach noch deutlich zu wenig. Das war schon so krass mit Platzsturm, ständigen "Krämpfen" usw., ich hätte erstmal 10 angezeigt, und dann noch jede weitere Unterbrechung mitgestoppt. Alles in allem ist aber fraglich, ob Bremen das irgendwas genützt hätte. Sie haben einfach zu wenig Durchschlagskraft nach vorne entwickelt und die Chancen, die sie hatten, nicht genutzt.
(Spoiler: Ich war neutral da, und fahr auch gern wieder nach Heide, hätte aber den Bremer SV sicherlich ein bisschen lieber in der nächsten Saison gehabt.)