30.09.2004 Interview mit Bert Ehm (Trainer SC Victoria) von Birger Hamann
hafo.de: Herr Ehm, nach sechs Spieltagen stehen sie und der SC Victoria mit zwei Punkten sieglos am Tabellenende der Oberliga Nord. Hatten Sie sich die Saison so schwer vorgestellt? Bert Ehm: Ja, das hatte ich. Es war schon vor der Saison abzusehen, dass wir Probleme bekommen werden. Abgänge wie die von Thomas Seeliger und Stefan Fleischanderl konnten wir nicht kompensieren. Zudem war es uns auch nicht gelungen, all unsere Wunsch-Kandidaten zu Vicky zu locken.
hafo.de: Welche Gründe für die sportliche Talfahrt haben Sie während der Saison ausgemacht? Unsere Abwehrarbeit ist unbefriedigend, da müssen wir uns stabilisieren. Wir bekommen vor allem zu viele leichte Tore, die absolut vermeidbar sind. Die resultieren aus individuellen Fehlern meiner Spieler. Dazu kommt eine gehörige Portion Pech mit den Schiedsrichtern. Zumindest beim 1:1 daheim gegen Arminia Hannover war das so.
hafo.de: Nun haben Sie zuletzt drei Mal in Folge gegen ein Team aus Niedersachsen antreten müssen, dabei nur einen Punkt geholt. Sehen Sie deutliche Unterschiede zwischen den Hamburger Vereinen und den Clubs aus Niedersachsen? Auf jeden Fall. Die Mannschaften aus Niedersachsen trainieren doppelt so viel und bezahlen ein Mehrfaches der Hamburger Clubs. Da können wir nicht mithalten. Traditionsclubs wie Emden und Meppen haben auch immer vierstellige Besucherzahlen, da ist es dann besonders schwer zu bestehen.
hafo.de: Bildet sich in der Oberliga Nord eine Zwei-Klassen-Gesellschaft heraus? Das kann man durchaus so sagen. Bis auf die Zweite von St. Pauli, für mich die größte Überraschung in der bisherigen Saison, und mit Abstrichen Meiendorf hängen alle Hamburger Clubs unten drin. Von den ersten sieben Teams kommen fünf aus Niedersachsen. Von daher denke ich, dass der Abstieg vor allem über die Hamburger Clubs entschieden wird, vielleicht noch zusätzlich durch Kiel oder Büdelsdorf.
hafo.de: Was kann ihr Club denn in die Waagschale werfen, damit es mit dem Ziel Klassenerhalt klappt? Wir müssen konsequenter gegenhalten und kämpfen bis zum Umfallen. Spielerisch mögen wir einigen Mannschaften gleichwertig sein, allerdings geht es in unserer Situation nur über den Kampf.
hafo.de: Nun wartet am Wochenende mit BU ein Stadtrivale und Konkurrent im Abstiegskampf. Ihre Einschätzung zum Spiel? Gegen BU müssen wir kämpfen. Ich denke zwar, dass wir fußballerisch besser sind. Allerdings hat man bei Concordia gesehen, was passieren kann, wenn man BU ausspielen will. Die Barmbeker sind sehr kampfstark und haben Cordi damit überrollt. Von daher sollte uns der SCC ein warnendes Beispiel sein.
hafo.de: Wären Sie mit einem Punkt zufrieden? Nein, sicherlich nicht. Ein Sieg bei BU ist absolut Pflicht, um den Anschluss ans Mittelfeld zu halten. Dafür müssen wir richtig Gas geben und kämpfen. Andernfalls wäre es ein herber Rückschlag.
hafo.de: Sind denn Verstärkungen bei Vicky geplant? Derzeit nicht. Wenn wir aktiv werden, dann nur im Winter. Allerdings sind wir finanziell nicht auf Rosen gebettet, Geld für Neueinkäufe ist kaum da. Aber bisher gibt es dahingehend auch noch keine konkreten Überlegungen.
hafo.de: Hand aufs Herz – bleibt Vicky drin? Das hoffe ich natürlich, davon gehe ich aus. Die Mannschaft hat auf jeden Fall das Potenzial, um die Klasse zu halten. Wir dürfen allerdings nicht davon ausgehen, dass wir wieder soviel Glück wir in der letzten Saison haben, als wir erst quasi mit dem Schlusspfiff des letzten Spieltags die Oberliga-Qualifikation gepackt hatten.
hafo.de: Und was wäre im Falle des Abstiegs? Dann spielen wir halt nächste Saison in der Verbandsliga, die ist durch die Umstrukturierung ja auch sehr attraktiv geworden. Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg, es sind noch 84 Punkte zu vergeben.
hafo.de: Würden Sie denn im Falle des Abstiegs beim SC Victoria bleiben? Ja, denn ich fühle mich dort sehr wohl. Meine Planungen sind auf den Verein Vicky ausgerichtet, nicht auf die Liga-Zugehörigkeit.
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