10.11.2005 Interview mit Jörn Großkopf (Trainer Niendorfer TSV) von Alexander Eßer
hafo.de: Herr Großkopf, können Sie sich vorstellen, warum wir in dieser Woche mit Ihnen sprechen? Jörn Großkopf: Ehrlich gesagt weiß ich momentan keinen Grund!
Es hängt mit dem Wort Heimkomplex zusammen. Hat Niendorf einen? Das Wort kenne ich nicht (lacht). Natürlich ist unsere schlechte Bilanz auf eigenem Platz ein Thema in der Mannschaft. Wir haben in sechs Spielen fünf Tore erzielt und nur zwei Punkte geholt. Das ist viel zu wenig.
Welche Gründe gibt es für diese schlimme Statistik? Wenn wir das ganz genau wüssten, hätten wir es schon länger abgestellt. Derzeit scheint es eher eine Kopfsache zu sein. Wir nehmen uns vor jedem Heimspiel besonders viel vor, doch wenn eine Sache nicht klappt, fällt vieles auseinander. Da haben dann die Spieler eine Blockade.
Was muss sich vor dem nächsten Heimspiel gegen den SC Concordia ändern? Wir werden in der Vorbereitung auf das Spiel irgendetwas anders machen. Was, wird noch nicht verraten, aber es muss ja etwas passieren. Wir haben ja auch eine Verpflichtung den Leuten gegenüber, die alle zwei Wochen Eintritt bei uns bezahlen. Daher müssen wir schnellstens den Hebel umlegen.
Nur kurios, dass Niendorf dagegen die beste Auswärtsmannschaft ist. Müsste man dann nicht eigentlich mit der Auswärtstaktik mal rein zufällig zu Hause gewinnen? Es gibt wenige Zufälle im Fußball. Wir müssen halt härter am Erfolg arbeiten. Und wie gesagt, es ist eine Kopfsache, kleine Rückschläge dürfen uns daheim nicht sofort zurückwerfen.
Eine andere merkwürdige Schwäche der Niendorfer sind die vielen Gegentore in der Anfangsphase. Schon mal an einen Wecker in der Kabine gedacht? Wir haben jetzt schon in fünf Spielen (Condor, HEBC, Pinneberg, HR und Barmbek) innerhalb der ersten zehn Minuten Gegentore bekommen. Meistens fehlt manchen Spielern die nötige Konzentration in der Anfangsphase und wir werden dann auch sofort dafür bestraft. Es stimmt, auch dies müssen wir dringend abstellen.
Ein anderes Thema. Die Akte Klaus Thomforde, war sie nur ein PR-Gag? Ganz bestimmt nicht. Wir waren in den Gesprächen schon sehr weit, doch ein, zwei entscheidende Aspekte, wie zum Beispiel Holstein Kiel, sprachen im Endeffekt dagegen. Es war kein PR-Gag, weiß Gott nicht.
Und nun? Wer wird zweiter Torwart? Unverhofft kommt manchmal oft. Sven Priehl wird vorerst zweiter Keeper. Er kommt aus dem Süden Deutschlands und studiert in Hamburg. Wenn alles mit den Pass-Modalitäten klappt, sitzt er alsbald auf der Bank.
Giovanni Schalk bleibt aber die Nummer eins? Bis zur Winterpause auf jeden Fall. Er hat in den letzten Spielen gut gehalten. In der Winterpause wird man dann sehen, beide sind dann in der Vorbereitung gleichberechtigt.
Stichwort Nummer eins, wer ist es im Trainer-Gespann Heino Stemmann/Jörn Großkopf? Es gibt keine Nummer eins und zwei. Wir sind gleichberechtigt. Jeder von uns hat seine Aufgaben, alles ist aufgeteilt.
Von außen her betrachtet, scheint Großkopf für die Mannschaftsansprache zuständig zu sein und Stemmann übernimmt die Trainingskonzeption. Richtig? Nein, so ist es nicht. Wir planen gemeinsam die Trainingseinheiten, jeder hat dort sein Aufgabenfeld. Die Mannschaftsbesprechung führen wir gemeinsam durch. Es klappt gut und ich denke, die Mannschaft nimmt es auch gut an. Natürlich bin ich einen Tick lauter, bin einfach manchmal noch Spieler, das ändert aber nichts an der Aufgabenteilung.
Wie soll es mit dem Trainer Jörn Großkopf in der Zukunft weitergehen? Erstmal bin ich froh, diese Riesenchance in Niendorf wahrnehmen zu können. Irgendwann möchte man natürlich auch mal alleine verantwortlich sein. Aber das ist weit weg, meine ganze Konzentration gilt Niendorf. Außerdem muss ich den Trainerschein machen, ich fang demnächst an.
Stimmt es, dass Ihre Tochter für die Mannschaftsbesprechung Plakate mit Botschaften zur Motivation malt? Ja, das stimmt, woher wisst ihr das? Bisher hat sie aber meistens nur für die Heimspiele gemalt, vielleicht sollte ich mal malen, damit wir gewinnen.
Niendorf hat einige Verletzte zu beklagen, wann kommt wer wieder? Unsere Liste wird leider nicht kürzer. Mit Raatz und Wolgast sind zwei Spieler gestern angeschlagen aus dem Training gekommen. Dagegen stehen mit Eggers, Kramer und Scholz endlich wieder drei Akteure zur Verfügung. Voss fängt nächste Woche mit dem Lauftraining an. Von Tholen mit seinem Kreuzbandriss brauchen wir gar nicht zu reden.
Am Freitag geht die Reise zu Victoria. Ein Auswärtsspiel, es müsste daher für Niendorf eine leichte Aufgabe sein? Auf gar keinen Fall, Victoria ist in guter Form, das wird eine ganz schwierige Aufgabe. Bert Ehm ist ja Trainer bei Vicky, ihn kenne ich schon lange. Es ist ein wenig ein Treffen jung gegen alt, es wäre natürlich schön, gegen ihn zu punkten.
Abschließend noch eine Frage zum Thema der Woche im Hamburger Fußball. Vom VfL 93 sollen einzelne Spieler ohne Absprache mit den jeweiligen Vereinen angesprochen worden sein, damit ein Wechsel zur Winterpause stattfindet. Was halten Sie davon? Eigentlich möchte ich dazu nicht viel sagen. Es ist ein schwieriges Thema. Ich sage es mal so, ohne dabei den VfL explizit zu meinen. Wenn ein Spieler gewillt ist, den Verein zu wechseln, dann kann man ihn ansprechen. Dann braucht man kein schlechtes Gewissen zu haben. Wer aber ein Leistungsträger im Verein zufrieden ist, dann sollte man seine Finger davon lassen. Wir sind in Hamburg eine große Fußballer-Familie, das spricht sich sehr schnell rum. Jeder kennt doch jeden. Ich würde gar nicht daran denken, Möller-Riepe von BU anzusprechen, ohne Trainer Peter Martens zu informieren. Das gibt nur Ärger. Eigentlich gibt es zwischen den handelnden Vereinen auch einen Ehrenkodex. Aber das muss jeder Verein selber wissen.
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