24.11.2004 Interview mit Thomas Bliemeister (Trainer VfL Pinneberg) von Birger Hamann
VfL-Urgestein und Trainer
Thomas Bliemeister
hafo.de: Herr Bliemeister, drei Spiele, sieben Punkte, 5:0 Tore zuletzt! Hat sich der VfL Pinneberg nach dem schwachen Saisonstart gefangen? Thomas Bliemeister: Ich denke schon. Wir haben uns besser auf die Liga und die Gegner eingestellt, die Abwehr steht jetzt viel kompakter. Das beweisen ja auch die drei letzten Spiele, wo wir kein Gegentor hinnehmen mussten.
hafo.de: Warum lief es zu Saisonbeginn nicht? Wir mussten uns umstellen, waren letztes Jahr in der Oberliga eher eine Kontermannschaft. In dieser Saison müssen wir das Spiel machen, viele Teams ziehen sich gegen uns weit zurück.
hafo.de: Insbesondere mit Mannschaften, die hinten Beton anrühren, scheint ihre Truppe große Probleme zu haben! Das ist richtig, wir tun uns mit spielstarken Mannschaften wie Lurup, Sasel oder Condor deutlich leichter. Die engen Räume mögen wir nicht so sehr, zudem fehlt uns gegen defensive Teams ein kopfballstarker Mittelstürmer, der Flanken verwerten kann.
hafo.de: Sie sagten vor der Saison, dass der VfL das Potential besitzt, oben mitzuspielen. Sind Sie immer noch davon überzeugt? Absolut, auf jeden Fall. Das Problem ist nur: Man muss dieses Potential auch abrufen. Daran haperte es zu Saisonbeginn. Und dadurch sind die Spitzenteams schon weit enteilt. Daher stelle ich ganz nüchtern fest: Die Saison war für mich bisher eine einzige Enttäuschung, die Spitze ist weit weg.
hafo.de: Stichwort Spitze: Elf Punkte liegt ihr Team derzeit hinter Tabellenführer Sasel. Kann Pinneberg noch oben eingreifen? Das wird sehr schwer, ich glaube nicht daran. Ich denke, dass die drei Top-Teams auf lange Sicht gesehen nicht einbrechen werden.
hafo.de: Wer ist denn Ihrer Meinung nach Top-Favorit auf den Aufstieg? Schwere Frage! Sowohl Sasel als auch Lurup und Paloma haben Chancen, Meister zu werden. Am Ende entscheiden Kleinigkeiten.
hafo.de: Kommen wir wieder zu Ihrer Mannschaft: Die Zahlen besagen, Pinneberg hat die fünftbeste Verteidigung aber nur den zehnbesten Sturm! Die Gründe? In der Abwehr klappt es mit Libero und Manndeckern derzeit besser, auch wenn ich lieber mit Viererkette spielen würde. Im Angriff muss man ganz klar sehen, dass uns ein echter Mittelstürmer-Typ, wie es Frank Rückert früher war, fehlt. Zudem strahlt unser Mittelfeld kaum Torgefahr aus, erzeugt zu wenig Druck auf den Gegner.
hafo.de: Fehlt Pinneberg ein Leitwolf? Das könnte auch ein Grund sein, durchaus. In Gewissen Situationen wäre ein echter Leader hilfreich gewesen, den haben wir aber nicht. Die meisten meiner Spieler sind eher Techniker als Kämpfer.
hafo.de: Einer ihrer besten Techniker, Markus Schwoy, wurde jüngst vereinsintern für zwei Spiele gesperrt, nachdem er beim Gastspiel in Sasel seine Einwechslung verweigert hatte. Dennoch haben Sie ihn gegen Condor nach 60 Minuten gebracht. Warum die vorzeitige Begnadigung? Wir hatten viele angeschlagene Spieler, die Bank war sehr dünn besetzt. Mit Schwoy hatte ich einen gesunden und guten Mann auf der Bank, daher habe ich ihn gebracht. Letztlich war die Einwechslung im Sinne der Mannschaft, da bin ich dann auch nicht so borniert zu sagen: Du musst heute draußen bleiben. Außerdem hatte er von den 180 Minuten 150 abgesessen, das reichte dann auch.
hafo.de: Ist die Geschichte damit erledigt? Für mich ja. Aber es gibt auch eine klare Ansage von Vereinsseite: Wenn er sich noch so ein Ding leistet, ist er raus!
hafo.de: Eine weitere Personalentscheidung die für Aufsehen sorgte, war der Torhütertausch von Jan Hansen, der zeitweilig für Sven Barth zwischen den Pfosten stand. Lag es an Barths Leistungen? Ja und Nein! Sie müssen sehen, dass wir vier Tore gegen Lurup bekommen haben, drei gegen Barsbüttel, das ist zuviel. Zwar traf Barth dabei keine direkte Schuld. Aber die ganze Defensive wirkte lethargisch, nahm die Gegentreffer einfach so hin, kaum einer hat mal richtig die Schnauze aufgerissen. Jan Hansen ist genau so ein Typ, der auch mal seine Klappe aufmacht. Seine Hereinnahme war auch symbolisch zu verstehen. Und beim 2:0-Sieg bei Condor hat Sven Barth ja wieder sehr gut gehalten, das sollte ihm jetzt Selbstvertrauen für die nächsten Spiele geben.
hafo.de: Die bestreitet Ihre Mannschaft daheim gegen den VfL 93, bei HEBC und schließlich kommt Rugenbergen. Zielvorgabe? Ganz klar, neun Punkte!
hafo.de: Und in der Rückrunde? Besser spielen als in der Hinrunde, mehr Punkte holen. Wir waren in den letzten Jahren in der zweiten Saisonhälfte immer besser, das hat schon Tradition. Aber wie bereits erwähnt, für ganz oben wird es wohl nicht mehr reichen.
hafo.de: Nehmen Sie das Ziel Oberliga dann in der nächsten Saison in Angriff? Nun, eigentlich sollte dies mein letztes Jahr für den VfL sein. Ob es dabei bleibt, muss man abwarten. Im Winter reden wir miteinander. Derzeit haben wir eh schon genug Unruhe, da ist das Thema „Bliemeister“ zweitrangig.
hafo.de: Wovon machen Sie Ihre Entscheidung denn abhängig? Was ist das Beste für den Verein, welche Akzente könnte ich ggf. setzen. Sollte ich weitermachen, dann muss ich auch etwas bewegen können.
hafo.de: Das klingt alles nicht wirklich überzeugend. Sind sie nach so vielen Jahren ein wenig amtsmüde? Nein, das nicht. Aber ich bin seit über 20 Jahren in verschiedenen Funktionen im Verein tätig gewesen, mich interessiert nur der VfL Pinneberg. Es geht um die Mannschaft und um deren Erfolg, nicht um Thomas Bliemeister!
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