Julia Roberts liest die Mannschaftsaufstellungen vor, Arnold Schwarzenegger köpft in der Nachspielzeit den Ausgleich. Und das Ganze spielt in Alaska. Sollten die Filmschaffenden in Hollywood mal auf die Idee kommen, die Oberliga-Partie zwischen dem SC Concordia und Bergedorf 85 zu verfilmen, wäre die Besetzung der Rollen klar. Mindestens auf dem Soundtrack zum Film müsste aber auch der Song "Out In The Cold" von der in diesem Sommer (was für eine schöne Jahreszeit) reformierten britischen Heavy-Metal-Kapelle Judas Priest sein. Das würde nämlich die bei diesem Kick vorherrschenden Temperaturen recht treffend beschreiben.
Wir können die Sache aber auch anders aufziehen. Dazu schauen wir im Duden (nach dem Motto: was weißt Du denn?) nach der Definition für das Wort "bitter": Ein Adjektiv sei es, teilt uns das über 1800 Seiten fassende Büchlein mit, und bietet als eine Erklärung die Synonyme "schmerzlich, als verletzend empfunden" oder auch eine "bittere Enttäuschung". In einer Neuauflage könnten die Leute vom Duden auch "den Ausgleich in Unterzahl in der Nachspielzeit fangen" als Erklärung eintragen. Concordias Spieler wären hier die sachverständigen Ansprechpartner.
In einem ausgeglichenen Spiel hatten beide Teams ihre Möglichkeiten. Ahmet Hamurcu scheiterte in der 13. Minute in aussichtsreicher Position an Bergedorfs Torhüter Thomas Hermes. Auf der anderen Seite war Concordia-Keeper Marcel Kindler auf der Hut, als ein Querschläger von Stephan Rahn um ein Haar im eigenen Tor gelandet wäre (22.). Oliver Lindemann sorgte in der 28. Minute für ein Bergedorfer Chancen-Übergewicht, als er mit einem schönen Direktschuss an Kindler scheiterte. Drei Minuten später gab es einen Rückschlag für Concordia, als Christian Janßen die Gelb-Rote Karte sah. Die konnte man geben, hinterher saß der gelbe Karton bei Schiri Kevin Oje aber nicht mehr ganz so locker, worüber sich die Concordia-Fans nicht ganz zu Unrecht aufregten. In der 44. Minute zielte Bergedorfs Sven-Arne Klein aus guter Position noch einmal knapp daneben, ansonsten spiegelte das Ergebnis die Temperatur wider: 0:0 halt.
Nach der Pause drehte Concordia auf. Dass Bergedorf in Überzahl spielte war eigentlich nicht wirklich zu erkennen. In der 66. Minute zeigte Berkan Algan den 21 Mitstreitern mit einem schönen Freistoß aus 17 Metern, dass der Ball durchaus ins Tor gehen kann. Zwölf Minuten später zeigte sich auf der anderen Seite Andreas Aykurt als besonders guter Schüler und er köpfte eine Freistoß-Flanke von Matthias Reincke zum 1:1 ins Netz. Doch Concordia schlug drei Minuten später zurück: nach guter Vorarbeit von Sven Drews markierte Christos Raptis aus sechs Metern das 2:1. Stephan Rahn hatte bei zwei Distanzschüssen, die Hermes jeweils parierte, das 3:1 auf dem Fuß (82. und 83.). Jetzt war Feuer in der Partie und die Concordia-Fans vergaßen jeden Judas-Priest-Song (Außer vielleicht "Breaking The Law", wegen dem Schiri). Am Ende jubelten aber noch einmal die knapp 100 Gästefans (hübsche Wunderkerzen-Aktion vor dem Anpfiff übrigens): Nach einer Freistoß-Flanke von Reincke (das hatten wir doch schon mal?) erzielte Arnold Schwarzen... Nee, quatsch, Oliver Lindemann in der Nachspielzeit per Kopf den nicht unbedingt in der Luft liegenden Ausgleich. Und den feiern die Bergedorfer wohl jetzt noch. "Living After Midnight" halt, wie schon die heute oft zitierten Jungs von Judas Priest gesungen haben. Für Concordia wars - wie Eingangs erwähnt - bitter. Die brauchen jetzt einen "Painkiller". Und Sie dürfen auch nur einmal raten, von welcher Band dieser Song wohl ist.
Stimmen:
Ralf Schehr (Trainer SC Concordia): "Meine Mannschaft tut mir heute leid. Und das nicht nur, weil wir gut gekämpft haben, sondern auch, weil wir in Unterzahl streckenweise guten Fußball gespielt haben. In der letzten Minute zwei wichtige Punkte zu verlieren ist bitter. Ein wenig sauer bin ich wegen der Tatsache, dass wir bei den beiden Gegentoren in Standardsituationen die Ordnung verloren haben."
Rüdiger Schwarz (Trainer Bergedorf 85): "In der meisten Zeit der 90 Minuten habe ich mich heute geärgert. Wir konnten mit dem Geschenk, 60 Minuten in Überzahl zu spielen, nichts anfangen und haben den Punkt gegen eine sehr gut kämpfende Concordia-Mannschaft am Ende sehr glücklich geholt. Wenn der Zähler verdient war, dann auf Grund der letzten sieben Wochen, aber keinesfalls wegen diesem Spiel."
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