85 Jahre ist es her, dass sich die Ligamannschaften der beiden Traditionsclubs ziemlich bald nach Ende des ersten Weltkrieges zum ersten Mal in einem Punktspiel gegenüberstanden. Seitdem haben sie sich in regelmäßigen Abständen immer wieder getroffen, sei es in der Nordkreisliga, der Gau, Regional-, Ober- oder Verbandsliga. Aus der Sicht des Fußballhistorikers war die heutige 54. Begegnung zwischen „Vicky“ und „Cordi“, wie sie in Hamburger Amateurkreisen liebevoll genannt werden, also äußerst interessant. Wer hingegen nur einen Blick für die jeweils aktuelle Tabelle übrig hat, konnte der Begegnung zwischen dem Drittletzten und dem Schlusslicht verständlicher Weise weniger abgewinnen.
In den ersten Spielminuten scheinen sich beide Mannschaften auf die Bedeutung ihrer Vereinsnamen zu besinnen. Denn Victoria spielt, aber nur in dieser kurzen Zeitspanne, aggressiv auf „Sieg“ gegen eine in „Eintracht“ stehende Hintermannschaft Concordias. Die erste gute Möglichkeit ergibt sich dann für die Gäste. Christoph Raptis verfehlt in Minute 5 einen scharf herein gegeben Ball in unmittelbarer Tornähe. Einige Zeit später drischt Björn Kalla das Leder weit über das Gehäuse und auf der anderen Seite macht es Ricardo Nunes keinesfalls besser. Auch ein Schuss von Stefan Harms landet in der 25. Minute über dem Cordi-Gehäuse. Dann aber in der 32. Minute das 1:0 für die Wandsbeker. Mark Pomorin setzt sich auf der rechten Seite durch, Victorias Matthias Höth, als Ersatz für den Ersatzkeeper, taucht unter Pomorins Schüsschen durch und der weit aufgerückte Marco Blättermann braucht nur noch einzuschieben. Fünf Minuten später ein Missverständnis in der Gäste-Defensive. Eine Rückgabe landet bei dem völlig frei stehenden Harms, der sich die Torecke zum 1:1 aussuchen kann. Fast mit dem Halbzeitpfiff die erneute Führung für die Schwarz-Rot-Weißen. Einen gut getimten Ball von Paul Janke (?), ein Name, der auch schon in den Kadern der 20er aufgetaucht sein könnte, kann Ricardo Nunes nach schwacher Höth-Reaktion nur noch auf oder gar hinter der Torlinie mit der Brust abwehren. Die abprallende Kugel landet bei Pomorin, der sicher verwandelt.
In Halbzeit zwei zeigt sich dann immer mehr, wieso es bei beiden Teams zu der miserablen Tabellenposition kommen konnte. Auf beiden Seiten sind nahezu keine vernünftigen Spielzüge sind zu sehen. Lediglich der zur Halbzeit eingewechselte Mahir Jernane bringt durch einige Einzelleistungen ein wenig Couleur ins Spiel und auch Höth kann zweimal beweisen, warum man ihn als Torhüter aufgestellt hat. Allein der Ausgleichtreffer fast mit dem Schlusssignal durch wiederum Harms, diesmal per Kopf, rechtfertigt überhaupt diese Zeilen über den zweiten Spielabschnitt.
Sei es, wie es sei. Mit diesem Remis ist keiner der beiden Mannschaften geholfen. Doch nach dem Motto „think positive“, mag das Spiel doch noch etwas Gutes bewirken. Die Verbandsliga Hamburg kann sich zur neuen Saison schon mal auf zwei vom Namen her attraktive Traditionsclubs freuen. Dahin gestellt muss allerdings bleiben, ob auch auf zwei gute Mannschaften?
In einem durchweg fairen Spiel konnte Referee Dr Helms einen geruhsamen Abend verbringen.
Punktspiel-Statistik aus der Sicht des Gastgebers: 54 Spiele – 23 Siege – 14 Remis – 17 Niederlagen – 110:89 Tore
Stimmen:
Ralf Schehr (Trainer SV SC Concordia): Mit einem Tor in der letzten Minute kennen wir das ja nun schon. Ich bin zwar davon überzeugt, dass meine Mannschaft gewinnen will, aber sie sie stellt sich einfach zu blöd an. Manche sind vielleicht auch nicht in der Lage, guten Fußball zu spielen. Schließlich wussten die Spieler, dass sie gegen einen Torwart antreten würden, der früher einmal überragend war, aber jetzt lange nicht mehr aktiv war. Statt deshalb nach vorne zu spielen, hat sie den Ball mehr zur Seite und nach hinten bewegt. So hat sich die Mannschaft erneut um die Früchte des Spiels gebracht und wieder keinen Dreier eingespielt. So ist es auch nicht verwunderlich, wenn man dann unten steht.
Bert Ehm (Trainer SC Victoria): Ich war in der Halbzeitpause nur kurz in der Kabine. Denn das, was meine Mannschaft in der ersten Spielhälfte abgeliefert hat, war unter aller Sau. Einige Spieler waren heute Totalausfälle, wenn man bedenkt, was sie leisten können. Dennoch muss ich der Mannschaft ein Kompliment machen, dass sie sich trotz ihrer der in der ersten Halbzeit klaren fußballerischen Unterlegenheit zusammen gerissen hat. Von den Concorden hatte ich den Eindruck, dass sie ab der 70. Minute nicht mehr so richtig dagegen gehalten haben. Vielleicht deshalb, weil sie Angst hatten, noch einen Gegentreffer einzufangen. Ein Kompliment aber an den bereits 35jährigen Matthias Höth, der seit sieben Monaten nicht mehr trainiert hatte und dem nach zehn Schüssen bereits die Finger wehtaten. Wir bedanken uns bei ihm, dass er eingesprungen ist, weil Lau noch gesperrt und Sager verletzt ist.
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