Beginnen wir einmal mit der Pressekonferenz nach dem Spiel. Ein selbstbewusster Bernd Hollerbach sprach von „einem hoch verdienten Sieg meiner Mannschaft, indem ich lediglich mit der Chancenverwertung unzufrieden bin“. Sekunden später schallte ihm von einem der anwesenden Zuhörer entgegen, ob man vielleicht zwei unterschiedliche Spiele beobachtet hätte. In der Tat – der TSV Sasel lieferte dem VfL 93 in der zweiten Halbzeit einen heißen Kampf und hätte in der Nachspielzeit beinahe den Ausgleichstreffer erzielt, als Dennis von Malottke nach einem Eckstoß Vollspann abgezogen hatte und Jörn Schwinkendorf gerade noch auf der Linie retten konnte. Dennoch liegt die Wahrheit wie so oft irgendwo in der Mitte. Der VfL zeigte vor allem in der ersten Hälfte, dass sie in dieser Saison eine Mannschaft mit Qualität besitzen. Niemand hätte sich beschweren können, wenn – wie Hollerbach auf den eben erwähnten Zwischenruf auch prompt erwiderte – die Gäste mit drei Toren Unterschied geführt hätten. Dies wurde jedoch versäumt und so entwickelte sich nach der Pause ein offener Schlagabtausch, in dem beide Teams sich einen leidenschaftlichen Kampf boten. Lediglich Tore wollten auf beiden Seiten nicht mehr fallen.
Der VfL 93 begann mit Mario Jurkschat als einzige echte Spitze. Der Neuzugang von Altona 93, dessen Einsatz am Rande für reichlich Gesprächsstoff sorgte (dazu weiter unten mehr), wurde in dieser Rolle von den beiden offensiv agierenden und immer wieder nachrückenden Björn Hartmann und Jörn Schwinkendorf unterstützt. Eine Taktik, die sich mit Fortlauf der Partie als gelungener Schachzug erwies. Den ersten Torschuss feuerten zwar die Saseler durch Marc Nagel ab (8.). Doch bis zum Halbzeitpfiff konnte Heiner Thormählen anschleißend einen weitestgehend gemütlichen Abend verbringen. Gefahr gab es nur noch auf der Gegenseite, und sehr oft hatte dabei Mario Jurkschat seine Füße oder ein anderes Körperteil mit im Spiel. Zunächst setzte er nach schöner Flanke von Hartmann einen Kopfball knapp neben das Tor (19.), etwas später spitzelte er das Leder dann nach einer Kopfballvorlage von Schwinkendorf knapp über die Latte (36.). Nachdem Sasels Torwart Holger Sander einen eher harmlosen Schuss von Ufuk Zengin nicht festhalten konnte, gelang Jurkschat eine Minute vor der Pause schließlich per Abstauber der verdiente Führungstreffer. Bitter für Sander, der ansonsten allerdings eine starke Leistung ablieferte. Zuvor hatte der VfL 93 bereits durch Alexander Reich eine weitere Großchance zur Führung vergeben, als sein Lupfer über Sander noch vor der Linie geklärt wurde (36.). Außerdem musste Sasels Torwart einmal sein ganzes Können aufbieten, als Alexander Krohn seine „linke Klebe“ auspackte (30.). Der VfL 93 legte in dieser Phase insgesamt mehr Entschlossenheit an den Tag als der Gegner, dem es nicht gelang spielerische Akzente zu setzen. Es fehlte an Ideen im Mittelfeld sowie die nötige Durchschlagskraft im Angriff.
Nach der Pause änderte sich das Bild und der TSV spielte nun endlich beherzter. Nachdem zunächst noch einmal Jurkschat Sander prüfte (49.), ergab sich für Sasels Rene Radtke die große Chance zum Ausgleich. Wunderbar frei gespielt von Dennis von Malottke zögerte er vor dem Tor zu lange und scheiterte am herausstürzenden Thormählen (58.) - da hätte mehr draus werden müssen. Der Verbandligameister der vergangenen Spielzeit erhöhte den Druck weiter und drängte den VfL 93 in die Defensive zurück. Ohne jedoch vor dem Tor richtig gefährlich zu werden. Bei den Gästen brachte Hollerbach nach gut einer Stunde Arthur Maxhuni für den gelb-rot gefährdeten Jurkschati. Dieser war gerade aus dem Urlaub zurückgekehrt und hat sich dort offenbar gut erholt. Der Albaner stand seinem Vorgänger in punkto Engagement und Laufbereitschaft in nichts nach und sorgte noch einmal für reichlich Unruhe in der Sasel-Abwehr. Seinen Torinstinkt muss er allerdings erst noch wieder finden. Einen Querpass von Schwinkendorf brauchte er aus wenigen Metern nur noch über die Linie drücken, zum Entsetzen des VfL-Anhangs schob er den Ball aber am Tor vorbei (84.).
Es folgte die bereits oben erwähnte Nachspielzeit, in der Jörn Schwinkendorf seiner Mannschaft mit seiner Aktion den knappen 1:0-Erfolg sicherte. Auch wenn der TSV Sasel im zweiten Durchgang enorm viel investierte, rechnet man die Torchancen gegeneinander auf, geht der Sieg des VfL 93 ganz klar in Ordnung. Auch wenn es der ein oder andere Anhänger der Heimmannschaft anders gesehen hatte…
Womit wir am Ende des Berichts wieder bei einer Pressekonferenz wären, auf der noch lange über ein anderes Thema diskutiert wurde. Nachdem die Trainer ihre Statements abgegeben und den Raum bereits verlassen hatten, unterstrich der Manager des TSV Sasel Michael Schickel, dass der Verein heute unter Protest angetreten sei. Der Hintergrund: Mario Jurkschat wurde vom Hamburger Fußball Verband zunächst für drei Monate gesperrt, weil er sowohl bei Altona 93 als auch beim VfL 93 einen Vertrag für diese Saison unterschrieben hatte. Beide Vereine haben die jeweiligen Verträge beim Verband eingereicht, Altona 93 allerdings erst mit einiger Verspätung und nachdem Jurkschat beim VfL unterschrieben hatte. Da die Sachlage offenbar noch nicht vollständig geklärt ist, hob das Verbandsgericht die ausgesprochene Sperre vorläufig wieder auf und entscheidet nun am 31.August endgültig über den „Fall Jurkschat“. Für Schickel ist das ganze Hin und Her nicht nachvollziehbar: „Sollte er nächste Woche gesperrt werden, ist das eine klare Wettbewerbsverzerrung. Ich möchte nicht wissen wie groß das Theater wäre, wenn ein Spieler unter solchen Umständen in der Bundesliga aufläuft.“ Worte, denen man kaum widersprechen kann. Allerdings räumt selbst Sasels Manager einem Einspruch gegen die Spielwertung nur äußerst geringe Erfolgschancen ein.
Stimmen:
Bernd Hollerbach (Trainer VfL 93): Ich denke, zu dem heutigen Spiel gibt es nicht viel zu sagen. Der Sieg war hoch verdient. Das einzige, womit ich nicht zufrieden bin, ist die Chancenverwertung. Dadurch sind wir zum Schluss noch einmal in Bedrängnis geraten.
Andreas Reinke (Trainer TSV Sasel): Ich sehe das ein bisschen anders. Die erste Halbzeit hat natürlich dem VfL 93 gehört, da waren wir etwas schläfrig. Wir haben zu wenig Fußball gespielt und haben zu wenig Bereitschaft gezeigt, uns zu präsentieren. Leider mussten wir dann einem blöden Gegentor hinterher rennen, was wir in der zweiten Halbzeit sehr gut gemacht haben. Da waren wir nicht mehr so verkrampft und haben unheimlich viel riskiert. Meiner Meinung nach hätten wir schon einen Punkt verdient gehabt.
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