„Ich bin heute stolz auf meine Mannschaft!“ Was sich zunächst eher nach der Ironie eines enttäuschten Fussballlehrers über die Leistung seiner Mannschaft anhörte, war auf den zweiten Blick nachvollziehbar. Marc Fascher spendete dieses Lob seiner Truppe, die den Gästen zwar in fast allen Belangen unterlegen war, die es aber auch mit einem Gegner zu tun hatte, der seinen Kader mit insgesamt sieben Spielern aufgefüllt hatte, die eigentlich dem Regionalliga-Kader der Kieler angehören. Dennoch: Auch gegen eine verstärkte Kieler Mannschaft sollte mehr möglich sein als es die Concorden heute gezeigt haben. Der Tabellenführer aus Marienthal brauchte sage und schreibe 67 Spielminuten, um das erste Mal gefährlich vor das gegnerische Gehäuse zu gelangen! Darüber hinaus leistete sich der sonst so sichere Abwehrverbund die ein oder andere Unsicherheit und war mit nur einem Gegentreffer noch sehr gut bedient.
Die erste Halbzeit ist schnell erzählt. Cordis Offensive verzettelte sich immer wieder in Einzelaktionen und rantte sich in der sicher stehenden Kieler Abwehr fest. Die Holsteiner spielten den technisch besseren Fussball und hatten die deutlich größeren Spielanteile. Doch nach dem Pfostenschuss von Sören Seidel (6.) waren auch bei den Gästen Torchancen rar gesäät. Erst kurz vor der Pause bekamen die zahlreich erschienenen Zuschauer wieder etwas Torgefährliches zu sehen, Alexej Spasskov schoß den Ball jedoch nach einer schönen Einzelaktion Marcel Kindler genau in die Arme (40.). Nach einer weiteren Gelegenheit für Julian Lüttmann ging es dann auch schon in die Pause.
Nach dem Wechsel agierte die Fascher-Elf zunächst völlig konfus. Konsequenz daraus war das verdiente 0:1 durch Julian Lüttmann mit einem schönen Kopfball nach einem Freistoß von Lars Jensen (49.). Die Unordnung in der Cordi-Abwehr führte in der Folgezeit schließlich zu Kieler Torchancen fast im Minutentakt. Jensen vergab nach Vorarbeit von Timo Schultz das zweite Tor sofort nachzulegen (50.). Lüttmann nach einem groben Schnitzer von Sven Drews und auch Seidel vergaben ebenfalls zwei Hockaräter (52./53.). Erst nach und nach begann sich der Tabellenführer wieder zu fangen, blieben aber in der gegnerischen Hälfte erschreckend harmlos. Der eingewechselte Christos Raptis sorgte schließlich das erste Mal für Gefahr im Gäste-Strafraum, als er den Ball scharf vors Tor schlägt und Stefan Meseberg aber im letzten Moment klären kann (67.). Die Kieler Konter brachten auf der Gegenseite schließlich nicht mehr die Gefahr wie zu Beginn der zweiten Halbzeit, sodass es bis kurz vor Schluss bei dem knappen Vorsprung für die Gäste blieb. Cordi rannte immer wieder verzweifelt an und hatte fünf Minuten vor Schluss tatsächlich erneut das Glück auf seiner Seite. Der eingewechselte Paul Janke passte den Ball in den Strafraum, Kiels Kristian Köpper senste über den Ball und bekam ihn daraufhin an den Arm. Absicht? Schiedsrichter Thielert entschied ja und zeigte auf den Punkt - zumindest eine fragwürdige Entscheidung. Sven Tramm ließ sich davon jedenfalls nicht beirren und verwandelte den Strafstoß zum umjubelten und mehr als glücklichen Ausgleich (85.).
Zu erwähnen bliebe noch die interessante Diskussion nach dem Schlusspfiff auf der Pressekonferenz über Sinn und Unsinn dass zweite Mannschaften ihre Kader mit Spielern von oben aufwerten können, wann immer es ihnen beliebt. „Das ist ja nicht das einzige Problem, denn das gilt auch z.B. für die U23-Regelung und die Ablösesummeregelungen. Die Verlierer hierbei sind nur die Amateurvereine. Wer solche Regeln erfindet, hat für mich einen absoluten Dachschaden.“ Marc Fascher war auf Grund dieser Tatsachen sichtlich geladen. Auch Kiels Trainer Volker Manz mochte diesen Worten nicht wirklich widersprechen, sieht es aber nicht als „meine Aufgabe, diese Verhältnisse zu ändern“. Klar ist wohl, dass die gegenwärtige Praxis zu Wettbewerbsverzerrungen führt, wenn mal fünf, mal acht und mal keiner aus den Kadern der jeweiligen ersten Mannschaft in den zweiten Mannschaft mitwirken. „Dazu kommt, dass es heute immer schwieriger wird, einen klaren Kopf zu behalten, wen man aufstellen darf und wen nicht. Es ist ja schon so ähnlich wie mit dem Steuerrecht in Deutschland, wo auch keiner mehr durchblickt“, legte Volker Manz schließlich den Finger in eine weitere Wunde des Amateurfussballs.
Stimmen:
Volker Manz (Trainer KSV Holstein Kiel II)): Wir haben heute ein interessantes Spiel gesehen und aus meiner Sicht lagen die Vorteile bei meiner Mannschaft. Entscheidend war, dass wir es nach dem 1:0 nicht geschafft haben, das zweite Tor zu machen. Wir hatten genügend Möglichkeiten, das Spiel zu entscheiden. Insofern bin ich unzufrieden mit dem Ergebnis, denn ein Sieg war für uns heute möglich. Leider haben wir zwei Punkte liegen gelassen und es ist im Moment leider so, dass unsere Fehler gnadenlos bestraft werden. Letzte Woche kriegen wir nach zwei Minuten eine Rote Karte, die zweifelhaft ist, und heute einen bitteren Elfmeter. Wir waren spielerisch und von der Raumaufteilung her die bessere Mannschaft, Cordi hat dafür im kämpferischen Bereich alles gezeigt.
Marc Fascher (Trainer SC Concordia): Ich habe auch wesentlich mehr Spielanteile bei den Kielern gesehen heute Abend, und die größeren Chancen waren auch ganz klar auf ihrer Seite. Unterm Strich haben sie zwei Punkte hier liegen gelassen. Ich erinnere mich noch an unser letztes Spiel in Kiel, wo wir den Gegner 89 Minuten an die Wand gespielt haben und in der letzten Minute den Ausgleich kassieren. Da hatte sich Volker noch bei mir für de Punkt bedankt. So gleicht es sich im Fussball manchmal aus, denn heute bedanke ich mich dafür. Wir haben heute praktisch aus keiner Chance ein Tor gemach. Was meine Mannschaft entgegenzusetzen hatte, war nur der Kampf. Mit Schmunzeln habe ich ein paar Unmutsäußerungen gegenüber meiner Person von Zuschauern zur Kenntnis genommen. Aber einige scheinen gar nicht zu wissen was heute hier abgelaufen ist. Wir haben heute gegen eine Regionalliga-Mannschaft gespielt. Damit meine ich, dass in Kiel fünf Mal die Woche trainiert. Dementsprechend kann uns eine Mannschaft wie Kiel dann auch mal „an die Wand spielen“. Wichtig ist für mich zu wissen, dass man schon mit ungefähr neun Regiaonalliga-Spielern hier antreten muss, um uns zu schlagen. Ich sag nur eins: Wir sind immer noch ungeschlagen. Deshalb ziehe ich den Hut vor meiner Mannschaft, was sie momentan zeigt. Darauf bin ich wirklich stolz.
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