Nur in den Anfangsminuten wirkte die Mannschaft von Altona 93 in der Defensive etwas unsortiert. Doch gleich der erste eigene Vorstoß in die gegnerische Hälfte brachte die Führung für die Heimmannschaft, weil Berkan Algan einen Freistoß, den er selbst herausgeholt hatte, mit einem gefühlvollen Schlenzer in den Winkel verwandelte. In der Folge kontrollierte der AFC den hoch eingeschätzten Gegner beinahe vollständig und kam durch schnelle Vorstöße über die Flügel sowie einen glänzend aufgelegten Algan immer wieder zu guten Möglichkeiten. Die Gäste hatten sichtlich Schwierigkeiten mit dem aggressiven Pressing und verloren viele Bälle schon in der eigenen Hälfte. Trotzdem dauerte es über eine halbe Stunde, bis die Überlegenheit in ein weiteres Tor umgemünzt werden konnte. Nach einer Ecke des erst 17 Jahre jungen Marius Browarczyk köpfte Tim Petersen zum 2:0 ein. Jürgen Tunjic hätte den Abstand kurz vor der Pause sogar noch erhöhen können. In der Tat war es aus drei Metern Torentfernung fast schwieriger, das Tor nicht zu treffen, als die Vorlage von Algan zu verwandeln (42.). Nordhorn dagegen blieb in den ersten 45 Minuten ohne echte Torchance. Auch vom allseits gefürchteten Gert Goolkate war so gut wie nichts zu sehen.
Nach der Pause stand auf einmal eine ganz andere Gästeelf auf dem Platz. Ihr Trainer Jochen Wessels musste in der Kabine die richtigen Worte gefunden haben. Die Eintracht machte jetzt richtig Druck und schnürte Altona eine ganze Weile in der eigenen Hälfte ein. Ein erster Warnschuß aus der zweiten Reihe von Oliver Villar (47.) ging am Tor vorbei. Noch knapper wurde es, als Herion Novaku nach Flanke von Lars Albers im Fünfmeterraum an den Ball kam und den Anschlußtreffer nur um Haaresbreite verfehlte (51.). Der fiel wenig später, und wer anders als Goolkate konnte der Schütze sein? Ein Freistoß war von der Abwehrmauer abgeprallt und zu Albers gelangt. Dessen Flanke fand den Kopf des Holländers, der den AFC schon in der vergangenen Saison praktisch im Alleingang besiegt hatte. Befürchtungen kamen auf, dass sich die Geschichte von damals wiederholen konnte, zumal die Gäste jetzt mit breiter Brust auftraten. Doch eine weitere Standardsituation gab dem Spiel wieder eine neue Wendung. Nach einer Ecke von Algan war es diesmal Patrick Westphal, der per Kopf den alten Abstand wieder herstellen konnte. Und der Jubel war noch nicht ganz verklungen, als sich Tunjic in der Mitte durchsetzte, zunächst den Pfosten traf, den abprallenden Ball jedoch endgültig über die Linie befördern konnte.
Damit war die "Spaß-Arena AJK" eröffnet. Altona trug seine Konter mit viel Spielfreude vor, und praktisch jeder Angriff bedeutete höchste Gefahr für den Kasten des bedauernswerten Ralf Cordes. Philipp Röhr zwang den Keeper mit einem Klasseschuss aus 20 Metern zu einer Glanzparade (69.). Roger Stilz marschierte von der Mittellinie los und umkurvte die gesamte Abwehr einschließlich Torwart wie Slalomstangen. Nur der Winkel zum Tor war am Ende ein wenig zu spitz (76.). Andre Moheit drang von der rechten Seite in den Strafraum, kam dabei zwar ins Straucheln, doch es gelang ihm noch, den Ball in die Mitte zu befördern, wo Algan nur noch einzuschieben brauchte.
Dass Goolkate zwischendurch ein Kopfballduell mit Dusan Rakocevic gewann und seinen zweiten Treffer erzielte, störte niemanden mehr. Weil Michi Starck freistehend an Cordes (86.) scheiterte, blieb es Westphal vorbehalten, mit seinem zweiten Tor für den 6:2-Endstand zu sorgen. Etwas Glück war dabei, weil dem Torwart der Ball, den er zuvor an den Pfosten gelenkt hatte, in den Rücken sprang und über diesen Umweg doch noch über Linie rollte. Es folgte noch ein Lattenschuss von Eray Bayraktar, und dann war ein verrücktes Fußballspiel zu Ende, an das sich die Anwesenden sicher noch eine Weile erinnern werden.
Stimmen:
Jochen Wessels (Trainer Eintracht Nordhorn): Der Sieg von Altona war sicherlich verdient. Trotzdem war es ein komischer Spielverlauf. Über 60 Minuten lang haben wir guten Fußball gespielt. Bis zum Doppelschlag war es ein ausgeglichenes Spiel, vielleicht mit leichten Vorteilen für Altona in der Offensive, weil sie einen Berkan Algan hatten, Nach dem 1:4 wurden wir dann vom Gegner vorgeführt. Bemängeln muß ich vor allem, dass bei den Eckbällen die besprochenen Zuordnungen nicht eingehalten wurden. Unser Abwehrverhalten vor den Gegentoren war dilettantisch.
Andreas Prohn (Trainer Altona 93): Wir hatten uns vorgenommen, den Zuschauern guten und attraktiven Fußball zu bieten. Ich denke, das ist uns gelungen. Wir haben schnell und direkt gespielt, und uns dadurch viele Chancen erarbeitet. Grundlage für den Erfolg waren auch die gut ausgenutzten Standardsituationen, was in der letzten Saison nicht so häufig funktioniert hat. Jetzt gilt es Ruhe zu bewahren, nicht durchzudrehen und weiterhin guten Fußball zu zeigen.
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