Der TSV Kropp ist eine Mannschaft mit zwei Gesichtern. Zuhause sind sie eine Macht, stellen die heimstärkste Mannschaft der Liga. Auswärts dagegen gehen die Schleswig-Holsteiner Woche für Woche sang- und klanglos unter: kein einziger Punkt konnte in der Fremde geholt werden. Ob sich das beim heimschwachen (nur drei Punkte) SC Vorwärts Wacker ändern würde...?
Es fing für die Gäste schon mal gar nicht gut an. Nach einer Flanke von Dirk Savelsberg kam Eric Agyemang gerade noch mit der Fußspitze an den Ball und lenkte ihn zum 1:0 in der 19. Minute ins Netz. Und es kam noch besser für die Gastgeber: Keine 60 Sekunden nach seinem ersten Treffer hatte Agyemang die Riesenchance, sein Torekonto zu erhöhen - und er nutzte sie. Nachdem Gökhan Cihan geschickt durchgelassen hatte, war Agyemang allein auf Torwart Uwe Greve zugelaufen und hatte eiskalt vollstreckt. In der Folgezeit auf beiden Seiten einige kleinere Möglichkeiten, doch die sparen wir uns angesichts dessen, was noch kommt, lieber... Kurz vor der Pause bewies schließlich Spielertrainer Elard Ostermann, wieso er sich selber aufgestellt hatte. Maßgenaue Vorarbeit von Marcel Gottschalk genau auf den Fuß von Ostermann, der spielt mühelos Torwart Greve aus und schiebt den Ball zum 3:0-Halbzeitstand ins Tor.
Die zweiten 45 Minuten begannen genauso, wie die ersten 45 aufgehört hatten: Chaos in der TSV-Abwehr, Agyemang nutzt das - 4:0. (55.) Zehn Minuten später klingelte es erneut. Ostermann lief ungestört quer an der Strafraum-Linie der Gäste entlang, täuschte dreimal an, schoss - und das Leder schlug unhaltbar für den bemitleidenswerten Greve rechts unten ein. In der 71. Minute hätte Agyemang sogar noch einen drauf legen können, als er zum zweiten Mal an diesem Nachmittag allein auf Greve zulief, doch dieses mal zeigte er sich weniger nervenstark und zielte neben das Tor. Praktisch im direkten Gegenzug der (vermeintliche) Ehrentreffer: Freistoß 16 Meter zentral vor dem Tor, Guido Gehrke lief an und traf genau in den Winkel. Ein Traumtor - schade nur dass sich zu diesem Zeitpunkt niemand drüber freuen konnte. Jetzt ging alles Schlag auf Schlag. Zunächst erzielte erst einmal Elard Ostermann seinen dritten Treffer, indem er Uwe Greve einmal mehr zur Fahnenstange degradierte, wie "aus Spaß" noch einmal die halbe Kropp-Abwehr ausspielte und schließlich zum 6:1 abschloss. Danach legten die Gäste auf einmal, völlig unerwartet, richtig los. 78. Minute: Flanke Christoph Hinrichs, Flugkopfball Gehrke - drin, 6:2. 80. Minute: Handelfmeter für Kropp! Gehrke verläd Marco Koch, 6:3. 82. Minute: Ecke für Kropp, Kopfball Martin Sämann, der Ball geht zwar sowieso rein, aber Josip Grbavac hämmert das Leder trotzdem aus zehn Zentimetern zum 6:4 unter die Latte. In der 84. Minute dann ein Rückschlag für die Gäste, als der zur Halbzeit eingewechselte Torsten Böker nach einem brutalen Foul vollkommen verdient mit Rot vom Platz geschickt wurde. Dennoch...: 86. Minute: Gehrke zum Vierten: Irgendwie stochert er das Spielgerät über die Linie, 6:5. Kropp war also tatsächlich noch einmal dran gekommen, spätestens jetzt war für die Hamburger Zittern angesagt... ...allerdings nicht lange: Eine Minute vor Ablauf der regulären Spielzeit erlöste der eingewechselte Oliver Hirschlein seine Mitspieler: Er stoppte einen Schuss mit dem Fuß, ließ Greve zum dritten mal an diesem Nachmittag im Duell eins gegen eins alt aussehen und schob den Ball zur endgültigen Entscheidung ins leere Tor. Wenig später beendete Schiri Normen aus Salzgitter die Partie.
Stimmen:
Gerd Schröder (Trainer TSV Kropp): Ich bin schon lange Trainer, aber selten habe ich so ein Spiel erlebt. Das 6:6 war heute zum Greifen nahe. Wenn wir noch ein mal in den gegnerischen Strafraum gekommen wären, hätten wohl den Ausgleich erzielt. In gewisser Hinsicht ist es allerdings gut, dass uns das nicht gelungen ist, denn ein Unentschieden hätte vieles kaschiert, was heute schlecht gelaufen ist. Wir haben praktisch jedes Gegentor mit einer großen roten Schleife verpackt. Wir haben Geschenke verteilt, als ob heute schon Weihnachten wäre. Die ersten 70 Minuten waren grausam, ich bin absolut unzufrieden mit meiner Mannschaft. Unsere Leistung auswärts ist eine einzige Katastrophe und so wie ein paar meiner Spieler heute gespielt haben, werden sich Einige ziemlich warm anziehen müssen.
Elard Ostermann (Spielertrainer SC Vorwärts Wacker Billstedt): Ich bin ziemlich glücklich, dass wir die drei Punkte behalten haben, in der Schlussphase sind wir in einen kollektiven Winterschlaf gefallen. Ich bin ganz froh, dass ich auf dem Platz stand, denn an der Seitenlinie wäre ich wahrscheinlich kurz vor einem Herzinfarkt gewesen. Es ist schade für unsere Abwehr und unseren Torwart, dass sie nicht zu null spielen konnten, wie wir uns das in der Halbzeitpause vorgenommen hatten. In der ersten Halbzeit lief noch alles super: Wir waren aggressiv in den Zweikämpfen und haben Kropp immer wieder zu Fehlern gezwungen. Freuen kann man sich nach dieser Schlussphase leider kaum noch.
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