In der Stadionzeitung von Eintracht Norderstedt wird Gästetrainer Ingo Kock wie folgt zitiert: "Am Anfang haben wir viele Spiele verloren, weil meine Mannschaft sich erst an die raue Luft gewöhnen musste und reichlich Lehrgeld gezahlt hat". Nur am Anfang? Gegen Norderstedt jedenfalls schien diese Phase noch nicht abgeschlossen. Zu viele Bälle landeten aus der Abwehr heraus beim Gegner. Den fatalsten Fehler leistete sich ausgerechnet Routinier Oliver Hardekopf, der in der 18. Minute auf den eigenen Torhüter zurückspielte. Develi warf sich auf der Linie auf den Ball, verhinderte gerade noch ein Eigentor. Allerdings nur um den Preis eines indirekten Freistoßes für Norderstedt von der Fünf-Meter-Linie – Oliver Hirschlein traf in den Winkel. Was für Schnelsens Fans nie und nimmer ein Rückpass war, interpretierten die Norderstedter Anhänger – wie Schiedsrichter Ralph Vollmers – als eine Rückgabe der ganz klaren Art.
Die Patzer in Schnelsens Abwehr setzten sich fort. Jörn Rädel wollte zurückspielen auf René Möller, Hirschlein sprang dazwischen, drang in den gegnerischen Strafraum ein und passte abgeklärt auf Gehr. 2:0. Der wegen eines Fouls an Chmielewski bereits früh verwarnte Hirschlein krönte seine starke Leistung dann mit dem sehenswerten 3:0, als er nach einem Pass in die Tiefe den Ball gekonnt unter Kontrolle bekam und aus spitzem Winkel traf. Der Pausenpfiff beendete dann die Hirschlein-Gala, nachdem dieser vorher sogar noch ein weiteres Mal eingenetzt hatte. Doch ein 4:0 zur Pause wäre dann doch des Guten zuviel gewesen; das Schiedsrichtergespann erkannte den Treffer wegen Abseits nicht an.
War die Pausenführung auch klar, so richtig verdient war sie nicht. Dass sie nur von Fehlern der Gäste profitierten, wollten die Norderstedter aber nicht auf sich sitzen lassen. Und doch blieb es dabei, denn ein Treffer wollte ihnen nicht mehr gelingen, gaben sie sich auch noch so große Mühe. Für weitere Treffer hätte es wohl doch der weiteren Mitwirkung der Gäste bedurft, die nun aber sicherer standen. Und endlich traf auch Mustafa Hadid aus kurzer Distanz. Und wer weiß, welchen Verlauf das Spiel genommen hätte, wenn Hadid eine Viertelstunde vor Schluss den Strafstoß nicht in den Nachthimmel geballert hätte. Vorausgegangen war ein Foul von Geburtstagskind Steffen Maas an Matthias Chmielewski.
Es war der traurige Höhepunkt einer insgesamt starken Leistung des Germania-Angreifers, der neben Hirschlein auffälligster und zugleich aber auch unglücklichster Akteur auf dem Platz war. Er allein hätte das Ergebnis drehen können. Ein oder zwei Treffer mehr hätte er aufgrund seiner Bemühungen verdient gehabt. So unrühmlich wie Hadids Elfmeter war danach Hirschleins Abgang. Wegen Wegschlagens des Balles sah der Torjäger nach einer strittigen Abseitsentscheidung "Gelb/Rot".
Was zum Glück ohne Folgen für Eintracht Norderstedt blieb, zumal Germania Schnelsen in der Schlussphase nach einer Verletzung von Jon Hoeft nicht mehr wechseln durfte und deshalb nicht all zu lange in den Genuss eines Überzahlspiels kam. Im Gegenteil, als in der Nachspielzeit auch noch Chmielewski nach Ampelkarte vom Platz musste, beendete Germania die Begegnung sogar in Unterzahl. Knapp ein Dutzend Torchancen für die Gäste waren ein Beleg dafür, dass Eintracht Norderstedt keineswegs leichtes Spiel hatte und den Sieg weniger der eigenen Stärke als der gegnerischen Schwäche verdankte. Gejubelte wurde am Ende trotzdem – und gefeiert.
Im kommenden Jahr, kündigte Vereinspräsident Reenald Koch in der Stadionzeitung an, werde man die Heimspiele wieder am Sonntagnachmittag austragen. Das Experiment, am Freitagabend zu spielen, erklärte er für gescheitert.
Sofern nicht anders gekennzeichnet, sind alle Texte, Grafiken, Videos und Fotos Eigentum von www.hafo.de. Anderweitige Verwendung nur mit vorheriger Genehmigung.