Uetersen erkämpfte sich am Niendorfer Sachsenweg einen zwiespältig bewerteten Punkt. In Unterzahl kurz vor Schluss auszugleichen, das kann man einen Sieg der Moral nennen. Oder auch so: "Wir sind niemals tot!" brüllte Uetersens dominierende Spielerpersönlichkeit Selcuk Turan nach Schlusspfiff Mut machend seinen Mannschaftskameraden entgegen. Und doch resümierte Trainer Peter Ehlers das Spiel in eher bedrückter Stimmung: "Es sieht nicht gut aus, eigentlich sind das zwei verlorene Punkte." Ehlers wusste: Obgleich dieser Punkt am heutigen Abend reichte, um den knappen Vorsprung auf Niendorf zu halten – das Restprogramm hat es mit Lurup und Meiendorf in sich, während der NTSV gegen Buxtehude und Wedel Aussicht auf fettere Beute haben dürfte. Das Ergebnis aus Pinneberg (das 1:0 des VfL gegen Condor) tat ein Übriges und war auch nicht gerade ein Stimmungsaufheller am Sachsenweg – für keinen der Beteiligten, versteht sich.
Auf der Gegenseite waren die Niendorfer Spieler natürlich durch den späten Ausgleich geschockt; konsterniert standen und lagen die Blauen noch ein Weilchen mit leeren Blicken auf dem Spielfeld herum. "Der Ausgleich war gerecht", gestand Daniel Prange unumwunden ein, aber ein Trost war dies nicht. Trainer Andreas Laas dagegen wirkte gewohnt agil und blickte alles andere als mutlos nach vorn: "In Buxtehude können wir was holen, auswärts tun wir uns momentan leichter, und gegen Wedel im letzten Spiel müssen wir gewinnen." Dumm nur, dass Sturmführer Carsten Wittiber heute mit Muskelfaserriss vom Feld musste und womöglich das letzte Spiel für den NTSV in dieser Saison und überhaupt (nach der Saison ist eh Schluss) bestritten hat: "Früher hat so was eine Woche gedauert, aber ob das heute noch so schnell geht?", fragte sich der Oldie skeptisch. Man ist ja nicht mehr der Jüngste…
Warum beide Mannschaften überhaupt in ihrer prekären Lage sind, zeigten sie über weite Strecken dieser Partie. In der ersten Halbzeit war der erwartete Abstiegskrimi ein Langweiler. Die einzigen nennenswerten Szenen hatte das feldüberlegene und strukturierter wirkende Uetersen, aber Aufreger waren Oliver Hayes Kopfball (26.) und Christian Kilbs Direktabnahme (37.) nun auch wieder nicht. Niendorf machte vor allem mit Auswechslungen auf sich aufmerksam: Als Wittiber nach einer halben Stunde das Feld verlassen musste, war das schon der zweite Wechsel. Nach 22 Minuten kam der nicht auf, sondern kurz "nach" dem letzten Drücker aus Köln eingeflogene Prange für den daraufhin deprimierten Stefan Kramer ins Spiel, der sich bis dahin nichts zuschulden kommen ließ und auch nicht verletzt war. Aber Prange ist nun mal ein Schlüsselspieler beim NTSV. "Ich bin im Abstiegskampf mit Herzblut dabei, aber es tut mir natürlich auch für meinen Mitspieler leid, aber ich hoffe, dass dafür alle Verständnis haben", so Prange, der dem Spiel seiner Elf nicht viel abgewinnen konnte: "Fußballerisch war das katastrophal, aber es geht um den Kampf." Doch auch davon war nicht viel zu sehen. Warum, erklärte Andreas Laas: "Wir wollten uns in den Zweikämpfen etwas zurückhalten, um Standards zu vermeiden - wir wollten uns die Bälle erlaufen. Da kann es schon mal so aussehen, als würden wir nicht richtig kämpfen, aber in der Hinsicht habe ich der Mannschaft überhaut nichts vorzuwerfen. Spielerisch war das aber bei weitem nicht so gut wie am Wochenende bei BU."
Nach zermürbenden 55 Minuten gab es erstmal richtig Aufregung. Die auch nach der Pause das Spiel bestimmenden Uetersener kamen zu ersten Großchance der Partie: Florian Blaedtke scheuchte mit einem Solo die Niendorfer Defensive auf, anschließend kam auf Umwegen der Ball zu Turan, doch der scheiterte aus kurzer Entfernung an einem Reflex André Tholens. Als dann Kilb zehn Minuten später nach unnötigem Einsteigen auf Höhe der Mittellinie früher duschen durfte/musste, änderte das nichts am Spielverlauf. Uetersen hatte eine weitere, ganz dicke Torchance durch Förster (72.). Das Tor, das dann für Niendorf fiel, war eines der viel beschworenen Tore "aus dem Nichts": Eine Floskel, zugegeben, aber so war es nun mal. Zumal es die erste Niendorfer Torchance war und die letzte bleiben sollte. Wie auch immer: Stefan Fleischerhandl ließ Eduardo Avarello flanken – Wittiber-Backup Torben Voss nickte zur überraschenden und unverdienten Führung ein (74.), die der Gast aber nicht auf sich sitzen ließ. Auch zu zehnt blieb Uetersen dominant, und letztlich war es der ansonsten neben sich stehende Frank Saaba, der eine Minute vor Schluss aus zwölf Metern überlegt zum Ausgleich verwandelte, nachdem Martin Bushajs und Oliver Hayes Schussversuche zuvor abgeblockt worden waren. Ausgerechnet Saaba, zuvor noch von Selcuk Turan zusammengefaltet, rettete immerhin einen Punkt für die heute "klar bessere Mannschaft", wie Peter Ehlers zutreffend analysierte. "Uns hatte am Ende die Cleverness gefehlt, das Spiel über die Zeit zu bringen", beklagte dagegen Andreas Laas den späten Ausgleich.
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