Nur knapp 200 Schaulustige wollten den Gewinner des Hamburger Doubles vor seinem bundesweiten TV-Auftritt gegen den Altmeister und DFB-Cup-Gewinner, den 1. FC Nürnberg, sehen. Lag es daran, dass die nicht Gekommenen schon mal für das Entrée am kommenden Sonntag eine Rücklage bilden wollten, oder fehlte nur einfach der stimmkräftige Buchholzer Anhang, der im April auf der Hoheluft noch so zahlreich vertreten war? Sei es, wie es sei, der Berichterstatter jedenfalls durfte sich freuen, das Gefühl zu haben, in der ersten Tribünenreihe auf einem am Sonntag mindestens 30 Euro werten Platz zu sitzen. Ein Betrag immerhin, für den seine verflossenen Frauen lange hätten stricken müssen.
Doch, was er von dort zu sehen bekam, war nicht allzu berauschend. Die Buchholzer, die in der letzten Saison sowohl im Punkt- als auch im Pokalpiel an dieser Stelle noch einen durchaus sehenswerten Eindruck hinterlassen hatten, waren an diesem Dienstagabend durch Verletzte und Urlauber erheblich geschwächt. Entsprechend spielten sie auch. Die Platzherren hingegen brauchten nach den schnellen Führungstreffern nicht mehr groß auf die Pauke zu hauen. Entsprechend taten sie es auch nicht.
Denn, wie es in dieser Spielzeit in der HH-Liga üblich zu sein scheint, steht es bereits nach sechs Minuten 1:0. Flanke des "Fußballers des Jahres" Stephan Rahn von links auf Neu-Victorianer Roger Stilz, der keine Mühe hat, sich auch hier sogleich in die Torschützenliste einzutragen. Gut zehn Minuten später ein relativ harmloser Rahn-Schuss auf das Gehäuse von 08-Keeper Henrik Titze, bei dem es vom 30-Euro-Sitz so aussieht, als habe er ihn sicher unter seinem Körper begraben, doch Referee Teuscher zeigt auf den Anstoßpunkt. Ganz offensichtlich war die Kugel wohl doch unter Titzes Körper hindurch über die Linie gerollt. Buchholzer Proteste halten sich jedenfalls in Grenzen. Danach versuchen es die Gelb-Blauen vornehmlich mit spielerischen Mitteln, aber meist nur bis zur Strafraumgrenze, wobei sich der Schütze des ersten Treffers als Spielmacher versucht. Das geht aber in die Hose. Auch, als es Ude kurz vor dem Pausenpfiff unternimmt, unbedrängt auf den Gästekasten zu pieken, ist das Ergebnis recht dürftig.
Im zweiten Spielabschnitt zunächst ein schöner Heber von Sven Trimborn, den Tormann Titze aber noch abfangen kann, dann eine gute Gelegenheit für den eingewechselten Ahmed Hamurcu. Doch statt selbst zu schießen, gibt er das Spielobjekt weiter zum überraschten Sezgin Akgül, der fürchterlich verzieht. Nach gut einer Stunde aber ist es Sven Trimborn, welcher von knapp hinter der Strafraumgrenze mit sattem Schuss, so wie es sein Trainer sicherlich liebt, das dritte Goal erzielt. Danach verzeichnet wieder Rahn einen Lattenkreuztreffer. Plötzlich aber wagen auch die Nordheidjer mal etwas. Erik Gippner schlägt aus großer Distanz die Kugel auf den Elfmeterpunkt, wo kein Victorianer für sie zuständig zu sein scheint, und Atilla Kaczan unbehelligt einköpfen kann. Nur wenige Minuten später erneut große Verwirrung in der Vicky-Defensive, aber zwei, drei Buchholzer vermögen die großen Gelegenheiten nicht zu nutzen. Gleich darauf Pech für René Lasseur, da er eine Gippner-Hereingabe fast auf der Torlinie nicht richtig erwischt. Die letzten Minuten gehen dann erneut an die Platzherren, wobei Rahn an Titze scheitert und Ude erneut viel zu umständlich und ungelenk agiert.
Sieben Tore und sechs Punkte in zwei Spielen, Vicky kann mit der Ausbeute zufrieden sein. Ganz Hamburg wünscht dem SCV zum großen Spiel nur das Allerbeste, auf jeden Fall eine volle Kasse. Der jetzt gepflasterte Vortribünenplatz ist ja schon mal da.
Buchholz aber kann mehr, wie es die zweite Halbzeit und die letzte Saison schließlich gezeigt haben. Sie brauchen auch ohne Pünktchen noch keineswegs den Mut sinken zu lassen.
Stimmen:
Thomas Titze (Trainer TSV Buchholz 08): In der ersten Halbzeit haben wir so schlecht wie selten gespielt, doch im zweiten Spielabschnitt ist meine Mannschaft dann so aufgetreten, wie ich es mir von Anfang an gewünscht hätte. Wir werden versuchen, diese zweite Halbzeit als Positivum mitzunehmen für die kommenden Aufgaben, die wir nach der Rückkehr der Urlauber dann mit nahezu vollem Kader angehen können.
Bert Ehm (Trainer SC Victoria): Nach dem guten Beginn und den beiden Toren wurden wir leider sehr schnell unkonzentriert. Im Anschluss an den Buchholzer Treffer haben wir sogar völlig den Faden verloren, da Bajramovic und Stilz (mit einem die Mitwirkung am Sonntagsspiel gefährdenden Pferdekuss) draußen waren, und so keiner mehr da war, der im Mittelfeld etwas sagte. Wäre dann noch das 3:2 gefallen, hätten wir ganz dumm aus der Wäsche geguckt. Letztlich war der Sieg wohl verdient, aber ich bin doch enttäuscht, dass wir nicht das gebracht haben, was wir hätten bringen können. Das Spiel hat aber auch gezeigt, wie wichtig, die drei ausgewechselten Spieler, die auch für das Sonntagsspiel geschont werden sollten, für das Spiel der Mannschaft sind.
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