SC Victoria: Ludewig – Pomorin (64. Möbius), Schulz, Stendel, Asante – Stilz (59. Hamurcu), Trimborn, Bajramovic, Akgül (59. Dönmez) – Rahn - Ude 1. FC Nürnberg: Klewer – Reinhardt, Wolf, Beauchamp, Kristiansen – Galasek (75. Mnari), Engelhardt – Misimovic (59. Mintal) – Vittek, Charisteas (64. Kennedy), Saenko Tore: 0:1 Vittek (11.), 0:2 Misimovic (35.), 0:3 Charisteas (45.), 0:4 Vittek (56.), 0:5 Charisteas (58.), 0:6 Vittek (78.) Schiedsrichter: Thomas Frank (Eintracht Hannover), hatte mit der fairen Partie keine Probleme Beste Spieler: Ludewig, Akgül – Galasek, Vittek, Charisteas Zuschauer: 6.093
Lange haben Fans und Offizielle des SC Victoria auf diesen Tag hingearbeitet. Der Sportplatz Hoheluft war teilweise kaum wieder zu erkennen. An der altehrwürdigen Holztribüne wurde die seitliche Fassade abgenommen um den 999 Zuschauern einen optimalen Blick auf das Spielgeschehen zu ermöglichen. Vor der Tribüne war neu gepflastert wurden und der gelbe Bierstand war verschwunden. Leider hatten unsere Freunde vom Fernsehen genau dort ein Podest für ihre Kameras aufgebaut. Zum Leidwesen der Ehrengäste, die mittig auf der Tribüne platziert waren und dieses Podest nun direkt vor Augen hatten.
Zudem wurde ein separater Gästeblock aufgebaut, begrenzt nach links und rechts mit Bauzäunen. Sogar einen extra Eingang hatten unsere Freunde aus Franken. Die gut fünfhundert mitgereisten Anhänger störte dieses wenig, so genossen sie Spiel und Bier auf dem Hügel hinter dem Tor am Lokstedter Steindamm. Nicht nur durch diese äußeren Veränderungen merkte man die Besonderheit dieses Spiels. So hatten die Verantwortlichen von Vicky dafür gesorgt, dass sich die Zuschauer mit Pokalschal und Pokal T-Shirt eindecken konnten. Auch die Spieler hatten neue Warm-Up Shirts.
Aber nun zum Spiel: Bert Ehm hatte die Marschroute vorgegeben. Hinten sollte möglichst lange die Null stehen und mit der Zeit sollte einer der nadelstichartigen Konter zum Erfolg führen. Leider war zu Beginn die Nervosität bei den Hausherren zu groß. Bereits nach 40 Sekunden feuerte der Ex-Nationalspieler Marco Engelhardt einen ersten Warnschuss ab. Diesen konnte Florian Ludewig jedoch im Nachfassen entschärfen. Nach gut zehn Minuten war es soweit. Erst spielten Zvjezdan Misimovic und Ivan Saenko im Mittelfeld den Ball per Doppelpass hin und her, dann sah Misimovic die offene Nahtstelle der Viererkette und genau landete das Spielgerät auch. Robert Vittek hatte keine Mühe zur frühen einzunetzen. In der Folge erspielte sich der deutsche Pokalsieger eine Vielzahl an Torchancen. Diese vergaben die Stürmer der „Clubberer“ aber leichtfertig. Ludewig konnte sich mehrfach auszeichnen und war damit einer der Gründe warum Hans Meyer an der Seitenlinie immer lautstärker wurde. In der fünfundzwanzigsten Minute zeigte sich Vicky das erste Mal in der Offensive. Stephan Rahn zog aus zwanzig Meter ab und nötigte Daniel Klewer zur ersten Parade. Die beiden sollten sich später noch Mal begegnen. Zu dieser Zeit befürchtete Meyer, dass der SC Victoria den Ausgleich erzielen könne und somit bei seiner Mannschaft das Flattern der Nerven beginnen würde.
Nach einem Fehler von Klewer, der außerhalb des Strafraumes unter dem Ball durchsprang, war Rahn zu überrascht und konnte keinen Nutzen aus dem Fauxpas ziehen. Ganz anders der Bundesligist. Die gesamte Abwehr konnte den Ball nicht klären und so hatte „Zwetschge“ kein Problem den zweiten Treffer zu erzielen. Kurz vor dem Pausentee hätten die Hausherren die Wende noch einmal erzwingen können, aber Fortuna hatte heute kein Blau-gelbes Trikot an. Sezgin Akgül passte nach einem schönen Dribbling den Ball in die Mitte, wo Rahn direkt abzog. Klewer hatte mehr Probleme als ihm lieb sein konnte und hielt den Ball nur wenige Zentimeter vor der Torlinie fest. Im Gegenzug nutzte der EM-Held Angelos Charisteas ein Missverständnis in der Innenverteidigung und netzte zur Pausenführung ein.
Die zweite Hälfte ist leicht erzählt. Bei Vicky schwanden die Kräfte zusehends und Nürnberg erhöhte nach und nach. Zuerst war es erneut Vittek, dann Charisteas im Doppelpass mit dem Pfosten und zu guter letzt wieder Vittek. Für die Hausherren hatte zuerst Trimborn mit einem Fernschuss und abschließend „Toni“ Ude die Möglichkeit zum Ehrentreffer. Beide Versuche endeten jedoch in den Armen von Klewer.
Nach dem Abpfiff ließen sich die Amateure zu Recht von den vielen Zuschauern feiern. Sie hatten mit ihrem konstruktiven Spiel sich den Respekt des Gegners und den Applaus der Fans verdient. Hans Meyer meinte anschließend er hätte in seiner Karriere als Bundesligatrainer nur selten einen Oberligisten oder Verbandsligisten gesehen, der sich nicht nur hinten rein gestellt habe und auf den Lucky Punch gehofft habe. Stattdessen habe Vicky versucht ihr Glück mit schönem Kombinationsfußball zu finden. Auch Keeper Klewer war nicht überrascht ob dieser Tatsache. Das Nürnberger Trainergespann hatte sein Team auf den „gefühlten Oberligisten“ (O-Ton Hans Meyer) sehr intensiv vorbereitet.
Für die Kicker von der Hoheluft wird dieses Spiel wahrscheinlich das Größte ihrer Karriere bleiben. Und so fand jeder sein eignes Fazit. Kapitän Bajramovic war insbesondere von der Stimmung angetan. So fand in der zweiten Halbzeit ein Victoria Wechselgesang zwischen der Tribüne und er Gegengerade statt. „Toni“ Ude hatte seinen eigenen Fanclub, der ihn durchgehend mit Sprechchören feierte. Mark Pomorin bekam sogar ein eigenes Lob von Hans Meyer. Nach seiner starken Leistung in der ersten Hälfte zog ihn der Gästetrainer in der Halbzeit zur Seite. Laut Meyer würden alle guten Menschen im November geboren.
Auch Sezgin Akgül war nach Abpfiff noch ganz unter dem Eindruck des Spiels. Wichtig sei es gewesen nicht nur hundert Prozent zu geben, sondern hundertzwanzig. Er hätte zwar Respekt vor seinem Gegenspieler gehabt, aber im Dribbling geht es nur ums Fußball spielen. Allerdings habe er das Gefühl gehabt, dass sein Gegenspieler das ein oder andere Mal ob seiner Fähigkeiten überrascht gewesen sei.
Bert Ehm bedankte sich auf der Pressekonferenz ob der Lobeshymnen. Er hätte sich allerdings gewünscht, dass das Resultat ein oder zwei Treffer niedriger ausgefallen wäre. In den letzten zwanzig Minuten seien die Beine seiner Jungs schwer wie Blei geworden. In der Phase hätte der Club dann Jo-Jo mit seinen Mannen gespielt. Auch wenn es für die Zuschauer schön war, so hätte er sich ab und an etwas weniger Fußball spielen gewünscht. Vielleicht wäre das Resultat dann etwas geringer ausgefallen, aber die Zuschauer hätten weniger Spaß gehabt. Und vielleicht hat sich ein neuer Vicky Anhänger heute gefunden. Die nächste Möglichkeit das Team zu sehen ist bereits am Freitag im Ligaalltag gegen die Raubvögel vom SC Condor.
Zum Schluss noch zwei Mal ein typischer Hans Meyer: „Ich habe eben noch mit zwei Sponsoren gesprochen. Die haben mir zugesagt bei einer erfolgreichen Qualifikation zur neuen Regionalliga eine neue Tribüne zu bauen. Dann kann man auf dieser auch rauchen ohne die Angst zu haben, dass alles abbrennt. Von der Konstruktion der Holztribüne her habe ich in Jena auch schon Mal eine ähnliche gesehen. Solche Tribünen sind etwas für Architekturfreunde.“ Auf den Zuruf von Horst Krach die Hamburger Tribüne sei hundert Jahre alt konterte Meyer wie folgt: „ Da kann Jena nicht mithalten. Die ist nur neunundneunzig Jahre alt.“
Beim Gang zur Pressekonferenz bekam Bert Ehm Lob ob der Leistung seines Teams. Konter Meyer: „Das möchte ich auch mal von meinem Vorstand nach einer null zu sechs Niederlage hören“
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