Die Krise der SV Halstenbek-Rellingen hält an. Ein Pünktchen, 15 Gegentreffer in fünf Partien und Platz 17. Das sind die blanken Fakten, die dem Club aus dem Kreis Pinneberg momentan entgegen schreien. Das hatte man sich rund um den Jacob-Thode-Platz ohne Zweifel anders vorgestellt. Die abermalige Niederlage, diesmal stibitzte der Aufsteiger FC Voran Ohe die Zähler, lässt aber keineswegs einen ratlosen Oliver Berndt zurück. „Das sind Nackenschläge, die wir wegstecken müssen. Aber die Einstellung der Spieler stimmt“, sagte der Trainer in seiner Rückschau, warnte dennoch im nächsten Atemzug: „Wir dürfen uns jetzt nicht zerfleischen.“ Legt man den vorangegangenen Heimauftritt gegen den Meiendorfer SV als Maßstab an, so ist der Aufwärtstrend HRs unverkennbar. „Es war ein knapper Sieg gegen riesig kämpfende Halstenbeker“, streute auch Jan Schönteich, der Coach der siegreichen Reinbeker, ein Lob in seiner Analyse ein.
Letztlich war es den individuellen Patzern der Berndt-Mannen und der Kaltschnäuzigkeit des Aufsteigers zuzuschreiben, dass die 200 Schaulustigen einen Auswärtssieg vorgesetzt bekamen. Alles begann mit Vorteilen für die Platzherren und einem engagiert zu Werke tretenden Sturm-Duo Rückert-Schabacker. Voran Ohe brauchte einige Minuten, um sich auf die beherzten Widersacher einzustellen. Doch alles sollte sich ändern, als die 35. Spielminute angebrochen war und die „entscheidende Szene“, wie Berndt und Schönteich später unisono bestätigten, auf Beobachter und Aktive zurollte. Bei dem Versuch, einen Schuss der Gäste am Überschreiten der Torlinie zu hindern, verrichtete Nico Marquardt unerlaubterweise Handarbeit in Vertretung seines bereits geschlagenen Keepers Dennis Schulz und musste die Konsequenzen für diesen Aussetzer tragen. Diese nahmen sich für Halstenbeker Gemüter beinhart, aber regelgerecht aus. Denn der Unparteiische Thomas Kruse zeigte nicht nur auf den Punkt und signalisierte damit einen Strafstoß für Voran Ohe, sondern sanktionierte die Fehlhandlung des 20-Jährigen zudem mit einem Feldverweis. Mike Kudling münzte diese Gelegenheit zum 0:1 um und legte somit den Grundstein für allerlei Feierlichkeiten, die die mitgereisten Ohe-Sympathisanten nach Spielschluss mit ihren Helden vollzogen.
Diesen doppelten Schock galt es für Berndt & Co. erst einmal zu verdauen. Doch die „Trauerarbeit“ zeigte recht prompt Wirkung und HR versuchte sich weiter unverdrossen darin, einen Punkterfolg zu landen. Das Engagement stimmte. Sowohl auf als auch abseits des Rasens. Der Coach der Gastgeber mutierte zum Rumpelstilzchen-Imitator, als Schabacker in der 40. Minute eine scharfe Hereingabe nur um Zentimeter und somit den Ausgleich verpasste. „Der bekommt ja noch einen Herzkasper“, sorgte sich eine Zuschauerin, während sich eine andere ob der nicht zu leugnenden Komik der Berndtschen Wut-Tanzeinlage ein Grinsen nicht verkneifen konnte. In vergleichbare Höhen dürfte der Blutdruck des Trainers nur sieben Minuten nach dem Wiederanpfiff geschnellt sein. André Ziller probierte auf der linken Seite einen Hackentrick. Dieser misslang kläglich und leitete das 0:2 ein. Am Ende der Verwertungskette stand Ohes Matthias Juckel als eiskalter Vollstrecker. Für Ziller war die Vorstellung damit beendet. An seiner statt feierte Martin Protzek Comeback und Saisondebüt, sollte neue Impulse in der Offensive geben und die geringe Chance auf eine Wende nutzen helfen.
Dass dieser Plan letztlich misslang, lag auch an der Cleverness und Kampfkraft der Reinbeker. Wohlgemerkt garniert mit einer Messerspitze Glück. „Wir haben im Moment einen Lauf, aber wir haben hier nicht im Stile einer Spitzenmannschaft gespielt“, sagte Schönteich und holte vorsorglich alle potentiellen Reinbeker Reisenden gen Wolke sieben zurück auf Mutter Erde. Dass seine Elf aber stets die passende Reaktion auf jede Halstenbeker Ergebniskorrektur parat hatte, dürfte auch der 39-Jährige mit Wohlwollen betrachtet haben. Nach dem Anschlusstreffer durch Tim Vollmer – per schulmäßigen Kopfball – dauerte es knappe zehn Minuten, ehe Heiko Tetzlaff auf der Gegenseite eine „Kopie“ des 1:2 abgab und den alten Abstand herstellte. Trotz dessen ergab sich HR nicht in das drohende Schicksal, sondern stellte sich dem starken Aufsteiger weiterhin tapfer entgegen. „Joker“ Emmanuel Duah verpasste eine Viertelstunde vor dem Ende freistehend den zweiten Treffer der Gastgeber. Ein Blick zu Berndt. Wieder der Veitstanz? Nein, diesmal nahm er es gefasst auf.
Als Marco Kebbe wenige Augenblicke später humpelnd in die Kabine geleitet werden musste und die Halstenbeker keine Auswechselmöglichkeit mehr auf der Hand wussten, schien das Elf gegen Neun doch eine Nummer zu groß für die Holsteiner. Ali Arslan, der in der 87. Minute zum 2:3 traf, ließ sich und seine Kameraden ein letztes Mal auf ein Ende der Negativserie hoffen. Man drückte und mühte sich noch einmal redlich, warf alle verfügbaren Kräfte in Richtung des von Gordon Wilkens gehüteten Tores. Das ging nach hinten los. Voran Ohe erwehrte sich erfolgreich dem Ansturm und zog in der Nachspielzeit einen Muster-Konter auf, den Marcel Schmidt mit dem 2:4-Endstand abschloss.
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