VfL 93: Chergui – Ciosanski, Ngole, Akdemir, Akyil (52. Weidlich) – Avarello (46. Jernane), Albrecht, Galica, Krohn – Koch, Pedroso-Bussu SC Victoria Ludewig – Asante (73. Hamurcu), Schulz, Stendel, Trimborn – Dönmez, Stilz (63. Akgül), Bajramovic, Möbius – Ude, Rahn Tore: 1:0 Pedroso-Bussu (14.), 1:1 Rahn (36.), 2:1 Pedroso-Bussu (67.), 2:2 Dönmez (80.) Schiedsrichter: Esch (StuSie), hätte auf Elfmeter für Victoria nach einem Foul an Bajramovic (73.) entscheiden müssen, zweifelhafte Entscheidung vor dem Freistoß zum 2:2-Ausgleich Rote Karte: Albrecht (77., Tätlichkeit) Beste Spieler: Chergui, Pedroso-Bussu – Ude Zuschauer: 220
Insgeheim wird sich jeder der Protagonisten am Ende des Abends einig gewesen sein, dass dieses Ergebnis dem Spielverlauf entsprach. Ein gerechtes Urteil also über eine Begegnung, die mehr Fragen beantwortete, als nur diese, wer denn diese Partie für sich entscheiden würde. Es wurde offensichtlich, dass der VfL zu Höherem berufen scheint. Nicht nur gegen den Abstieg spielen oder kämpfen, so wie es momentan nach vier Punkten aus sieben Spielen aussieht. Es wurde aber auch offensichtlich, dass diese etwas ruhigere Zukunft mit einem Namen ganz besonders verbunden ist: Davide Pedroso-Bussu. Auf der anderen Seite musste auch Victoria einsehen, dass es nicht mit halber Kraft oder halber Motivation geht. Und für die anderen Mannschaften zeigte sich, dass der Meister durchaus verwundbar ist. Mutiges, engagiertes Auftreten passt der Ehm-Elf nicht sonderlich. Die Defensive ist nicht so stark wie die Offensive. Erst ein Spiel konnte Torwart Florian Ludewig ohne Gegentreffer absolvieren.
Der VfL 93 trat gegen den Spitzenreiter mutig auf, aber eben auch ein wenig naiv. Die Möglichkeit, die kleine Sensation zu schaffen und als Sieger den Platz zu verlassen, war da. Sie wurde nur fahrlässig aus der Hand gegeben. In Unterzahl stürmten vier Spieler beim Stand von 2:1 auf das SCV-Gehäuse, doch der Ball wurde verloren und die Kräfte reichten nach 80 Minuten nicht mehr, schnellstmöglich den Hebel auf Abwehr umzuschalten. Vicky überbrückte rasch das Mittelfeld und der VfL lief in einem verhängnisvollen Konter hinein. Wohlgemerkt, in Unterzahl! Beim Stand von 2:1! Reichlich naiv! Das darf eigentlich nicht passieren und kann wohl nur dadurch erklärt werden, dass die Mannschaft noch nicht sehr lange miteinander spielt und noch sehr jung ist. Dass aus dem Gegenstoß des Meisters ein zweifelhafter Freistoß entstand, Isaac Ngole wurde im Liegen angeschossen und spielte dann weiter (Handspiel?), steht auf einem anderen Blatt. Auch muss Tamer Dönmez mit seinem humorlosen Vollspanschuss nicht genau die Lücke in der 93-Mauer finden. Tat er aber und Victoria hatte zumindest die zweite Niederlage der Saison vermieden. Zu diesem Zeitpunkt hatte Borgwegler Marc Albrecht das Feld schon verlassen, Schiedsrichter Esch aus Schleswig-Holstein hatte ihm wegen einer vermeintlichen Tätlichkeit an Jasmin Bajramovic vom Platz gestellt. Zumindest fragwürdig!
Victoria nutzte seine Vielzahl an Waffen nicht aus. Besitzt man mehrere Schlüssel, um ein Spiel für sich zu entscheiden, ist es die Kunst, den richtigen herauszufinden. Diese Frage stellt sich beim VfL momentan nicht. Es gibt nur einen Go-to-guy in der Offensive. Pedroso-Bussu erzielte seine Treffer fünf und sechs, jeweils auf relativ sehenswerter Art und Weise. Beim 1:0 wurde er geschickt von Visar Galica und Kai Koch in Szene gesetzt, beim 2:1 träumte die SC-Abwehr bei einem Freistoß, der kurz ausgeführt wurde. Bis Sven Trimborn bei Pedroso-Bussu war, hatte der schon mit seinem rechten Fuß abgezogen und Ludewig keine Chance gelassen. Wie Ludewig, er hatte in doppelter Ausführung auf diese Variante hingewiesen, dann schimpfte, kann sich wohl jeder denken. Um auf die Ausgangsthese dieses Absatzes zu kommen, Victoria hatte zwischenzeitlich seinen Schlüssel eigentlich gefunden. Antonio Ude mischte die VfL-Abwehr Ende der ersten Halbzeit mehrmals auf, bereitete auch die größte Chance auf dem rechten Flügel vor, doch seine exakte Flanke verwertete Stephan Rahn nicht (34.). Da es schon mal so gut geklappt hatte, machten es die beiden Angreifer gleich noch mal. Der Spielzug wurde kopiert, Ude rechts durch, in den Strafraum rein, genaues Zuspiel, dieses Mal nahm Rahn aber den Kopf und traf. Allerdings wurde Udes Schnelligkeit und anscheinend gute Form im zweiten Durchgang weitaus weniger eingesetzt. Auch die Überlegenheit bei den Standards wurde nicht ausreichend gewürdigt. Mirko Schulz (30.) und Ude (44.) verpassten jeweils per Kopf.
Der Meister kopierte nicht nur das 1:1, sondern auch die zweite Halbzeit. Als Vorlage galt die erste, in der man die Anfangsphase verschlief, den Gegner irgendwie unterschätzte und nicht richtig ins Spiel fand. Erst mit dem jeweiligen Gegentor machte man sich auf, das pomadige Agieren aufzugeben. Beinahe wäre es zu spät gewesen. Pedroso-Bussu (42.) und Kevin Weidlich (78.) besaßen noch gute Möglichkeiten für die Gastgeber. Die beste hatte aber Koch auf dem Fuß, in den Schlusssekunden tauchte er alleine vor Ludewig auf, doch er konnte das Spielgerät nicht richtig über den Tormann lupfen, Ludewig rettete. Nach dem Abpfiff sah man trotz dieser Tat eher traurige Hoheluft-Gesichter. Das Unentschieden fühlte sich eher wie eine Niederlage an. „Ich weiß nicht, ob sie den VfL unterschätzt haben. Ich habe es nicht. Aber die Abwehr war heute nicht richtig vorhanden“, stöhnte Trainer Bert Ehm. Im Ohr hatte er wohl auch die Sprechgesänge der anwesenden BU-Fans, die die Meinung vertraten, dass Barmbek am Sonntag Spitzenreiter, ein Sieg gegen Meiendorf vorausgesetzt, sein wird. VfL-Coach Daniel Sager machte da schon einen zufriedeneren Eindruck. „Wir haben eine gute Leistung gegen eine Spitzenmannschaft geboten. Irgendwann werden wir auch richtig belohnt werden.“ Wenn die Lebensversicherung Pedroso-Bussu so weiter spielt, bestimmt!
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