Eine ganz bittere Heimschlappe musste Altona 93 am 7. Spieltag der Oberliga-Nord einstecken. Gleich zwei zugesprochene Strafstöße und gute 25 Minuten Überzahlspiel reichten nicht aus, um gegen den eher harmlosen Regionalligaabsteiger aus Wilhelmshaven zu punkten. Damit steht die Mannschaft von Coach Torsten Fröhling schon jetzt unter Zugzwang, denn das Saisonziel scheint vorerst in weite Ferne zu rücken. Gerade gegen Mitkonkurrenten, die ebenfalls mindestens Platz Sechs als Vorgabe haben, wiegen verlorene Punkte doppelt schwer.
Dabei hatte der AFC zunächst relativ stürmisch begonnen und kam schon früh durch den nominell einzigen Angreifer, Jürgen Tunjic, zu aussichtsreichen Tormöglichkeiten (10., 12.). Danach jedoch verflachte die Partie zusehends. Dies lag auf Seiten der Hausherren offensichtlich auch daran, dass Tunjic kaum Platz hatte auf die Flügel auszuweichen, eine positive Eigenschaft, die den Stürmer noch in der vergangenen Saison stark gemacht hat. Die Aussenpositionen waren zwar besetzt, aber weder Michael Starck noch Stefan Richter vermochten Tunjic entscheidend in Szene zu setzen. So trauerten schon früh nicht wenige Anhänger dem druckvollen Angriffsfußball der vergangenen Saison nach.
Diese Fans sollten nach 29 Minuten noch mehr ins Trauern geraten, denn als Philip Röhr im Mittelfeld leichtsinnig den Ball vertendelte, nahm sich Wilhelmshavens Waldemar Kowalczyk das berühmte Herz und schoss aus 22 Metern, unhaltbar für AFC-Keeper Oliver Hinz, zur Pausenführung der Gäste ein. Dass es nicht noch schlimmer vor der Pause kam, war ebenfalls den Künsten von Oliver Hinz zu verdanken, der in der 44. Minute nach einem schnellen Konter, einen Schuss von Pascal Ojigwe unschädlich machen konnte.
Als dann noch, zum wohl eigentlich besten Zeitpunkt vor der Pause (44.), Tunjic einen vom Ex-St. Pauli-Profi Leonardo Manzi an Richter verschuldeten Elfmeter viel zu schwach verschoss (Gästekeeper Amir Halilovic hatte ganz genau gar kein Problem mit dem Ball), deutete sich bereits an, was am Ende stehen sollte.
Die Reihe der Altonaer Missgeschicke hätte sich nur fünf Minuten nach Wiederanpfiff fast nahtlos fortgesetzt, doch Heiko Ansorges verunglückter Rückpass auf seinen Torhüter konnte er selbst noch vor der Torlinie retten. Irgendwie war diese Szene symptomatisch für das hilflos wirkende Fröhling-Team. Keine Überraschungsmomente, kein Druck aber auch nicht wirklich Probleme mit dem Gegner. Beide Teams standen in der Defensive ziemlich kontrolliert und "beackerten" sich vorwiegend im Mittelfeld. Torchancen ergaben sich, wenn überhaupt, zumeist nur durch eigene Fehler. Das dieser Quotient nicht so hoch war, beweist auch die Tatsache, dass Altona in Abschnitt Zwei lediglich in der 68. Minute aus dem Spiel heraus gefährlich vor dem gegnerischen Gehäuse auftauchte. Eine sehenswerte Kombination, endlich einmal mit Tempo vorgetragen, über Stefan Siedschlag und Michi Starck konnte Stefan Richter allerdings nicht gewinnbringend abschließen.
Da die Gäste mit Ergebnis und Spielverlauf einigermaßen zufrieden schienen, hatte allerdings auch Oliver Hinz kaum noch eine Ballberührung. Irgendwie logisch, dass der AFC-Ausgleich in der 74. Minute also per Foulelfmeter fallen musste. Diesmal hatte Luc-Arsene Diamesso Altonas Richter per Notbremse zu Fall gebracht. Nachdem der Täter mit Gelb-Rot bestraft war (73.), machte Sören Warnick es besser als sein Vorgänger Tunjic und traf sicher zum 1:1.
Damit hatte die Partie ihr leistungsgerechtes Ergebnis... bis zur 88. Minute. Wilhelmshaven tauchte nach einem Konter noch einmal vor dem Kasten von Hinz auf, Marc Heitmeier stieg zum Kopfball hoch, und Philip Röhr konnte für seinen geschlagenen Keeper nicht mehr vor der Torlinie retten, sondern eben erst dahinter – 1:2!
"Das war ganz bitter und durfte natürlich nicht mehr passieren. Wir haben es aber schon vorher nicht geschafft, den nötigen Druck aufzubauen, um das Spielfeld als Sieger zu verlassen. Am Ende ganz ohne Punkt dazustehen, spiegelt den Spielverlauf allerdings nicht wieder", ärgerte sich Coach Fröhling über den späten K.O. Sein Wilhelmshavener Kollege Predrag Uzelac, der sein Trainerdebüt bei den Gästen gab (Vorgänger Kai Stisi war vergangene Woche entlassen worden), konnte dagegen sein Glück kaum fassen: "Ich habe schon gar nicht mehr damit gerechnet und wäre mit einem Punkt nicht unglücklich gewesen. Einen schöneren Einstand gibts wohl kaum!"
Nicht ganz so schön stellt sich die Situation nun bei den Gastgebern dar. Erste "Fröhling raus"-Rufe hallten unüberhörbar durch die Adolf-Jäger-Kampfbahn. "Eine Schei.. ist das hier" und ähnlich adäquate Schimpf-Formeln waren ebenfalls auszumachen. Sicherlich ist eine Trainerdiskussion zu diesem Zeitpunkt völlig unangebracht, zu diskutieren ist allerdings das Auftreten der Mannschaft. Mit nur einem Stürmer Zuhause seine Ziele realisieren zu wollen, scheint zumindest fraglich... Die Frische und Begeisterung der vergangenen Saison scheinen trotz eines nominell eher stärker wirkenden Kaders verflogen. Hier gilt der Hebel anzusetzen, denn andernfalls dürfte der Abstand nach oben schnell anwachsen.
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