Das Wichtigste zu Anfang: Die beiden Barmbeker Kontrahenten boten den Zuschauern an der Brucknerstraße abwechslungsreichen und leidenschaftlichen Amateursport. Das muss ja auch mal gesagt werden, schließlich gab das Niveau des Rückrundenauftakts am letzten Wochenende in dieser Hinsicht einigen Grund zur Klage; kaum ein Hamburgligist wusste zu überzeugen, geschweige denn zu unterhalten. Nicht so heute. Und ausgerechnet einer aus der Spezies der oft Beschimpften hob sich sogar noch ab – Schiri Christian Soltow. Der Schnelsener pfiff so umsichtig und klar, dass Frank Hüllmann ihm sogar den spielentscheidenden Pfiff unbesehen abkaufte: "Ich habe die Szene zur Roten Karte nicht gesehen, aber so wie der Schiedsrichter gepfiffen hat, war das eine." Punkt. Ein großes Kompliment für den Schiedsrichter.
Auch mit seiner Mannschaft konnte der USC-Coach zufrieden sein. Der Hamburger Hallenmeister wirbelte seinen Nachbarn aus dem Stadtpark eine Halbzeit lang desöfteren durcheinander, vor allem auf dessen linker Abwehrseite. Thiemo Kieckbusch erzielte per Kopf nach Maßvorarbeit von Dirk Savelsberg das frühe 1:0 (10.). Der VfL 93 hielt zwar kämpferisch von Beginn an beherzt dagegen, doch die Abstimmungsprobleme in der Defensive waren unübersehbar. Zwischen Abwehrkette und defensivem Mittelfeld tat sich so manche Lücke auf. Allerdings hatten die Gäste eine ganz große Chance zum Ausgleich, doch Frank Dröge entschärfte den Kopfball von Kai Koch mit einem Blitzreflex (21.). Als sich die erste Halbzeit ihrem Ende näherte, sprach alles für den USC. Kurz vor der Pause spielte der Gastgeber nach Balleroberung durch Kusi Kwame einen perfekten Konter. Umgekehrt zur Entstehung des Führungstores setzte diesmal Kieckbusch seinen Kollegen Savelsberg in Szene, doch der umtriebige Rechtsverteidiger traf nur den Pfosten (44.). Dann auf der anderen Seite – noch eine letzte Ecke vor dem Pausentee. Der Ball ist in der Luft, ein Pfiff ertönt, André Lohfeld liegt am Boden und Nikola Jovic bekommt für einen Ellbogenschlag den Roten Karton unter die Nase gehalten. Ein Bärendienst des Paloma-Kapitäns an seine Mannschaft. "Die Rote Karte hat uns das Genick gebrochen", stellte Hüllmann klar, wer für die Niederlage verantwortlich zeichnet. Der fällige Elfmeter zum 1:1 war für Pedroso-Bussu nur Formsache (45.+2).
Natürlich witterten nun die 93er Morgenluft und heckten in der Halbzeit einen Schlachtplan für drei Punkte aus. Gäste-Trainer Daniel Sager, der bis hierhin "Paloma klar überlegen" gesehen hatte, nutzte die Pause ausgiebig: "Wir haben uns in der Halbzeit neu geordnet und das System wieder umgestellt." Was vorher ein 3-3-3-1 war (oder sein sollte), wurde nun wieder zum vertrauten 4-4-2 – mit Martin Marcinkiewicz im Sturm und offensiven Außen Pedroso-Bussu und Marc Albrecht. Die Umstellungen schienen zu verpuffen, da Paloma zunächst auch mit zehn Mann das Spiel bestimmte. Guido Stendel zielte per Kopf nur haarscharf drüber (50.) und war auch mit einem Weitschuss gefährlich (55.), doch dann nutzte Pedroso-Bussu eiskalt einen Blackout vom ansonsten gewohnt starken Sven Francke und Przemek Osinski zum 1:2 (62.). "Unser Spiel war vollkommen in Ordnung, aber wir haben und mit zwei gravierenden Fehlern das Leben selbst schwer gemacht", ärgerte sich Hüllmann über das Zustandekommen der Gegentore.
Nachdem Stendel, erneut per Kopf, beinahe postwendend ausgeglichen hätte, kam in der Folge, was kommen musste: Der VfL hatte Konterchancen, fein herausgespielt, aber Martin Marcinkiewicz vertändelte mehrfach. Nachdem auch Pedroso-Bussu per Lattenschuss (85.) und Luigi Avarello, der den zurückprallenden Ball aus drei Metern nicht verwerten konnte, die Entscheidung vergaben, musste der VfL in den Schlussminuten noch einmal kurz zittern. Kieckbusch brachte den eingewechselten Erdal Akyol in günstige Schussposition, aber die vielbeinige grüne Abwehr konnte ihm noch so gerade die Schussbahn verstellen (90.). Das war´s. Während der VfL 93 mit dem Punkt in Meiendorf und den heutigen drei bestens aus den Startlöchern gekommen ist, sind die Palomaten, wie vergangenen Sommer, darin hängen geblieben. Es läuft nicht mehr so gut wie noch unterm Hallendach, "dabei", scherzte Palomas Co Ali Farhadi, "ist es doch dasselbe Spiel." Die nächsten Spiele finden zum Leidwesen des USC wieder nicht in der Halle statt – Paloma fährt ins Marienthal, während zeitgleich der VfL 93 Besuch aus Ohe bekommt.
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