Marco Krausz, seines Zeichens Trainer der Eintracht aus Norderstedt, war die Erleichterung anzumerken, dass der Ball dann doch irgendwie die Linie des 93er Tores überschritten hatte. „Wenn man die anderen Ergebnisse des bisherigen Wochenendes sieht, muss man froh sein, die ersten drei Punkte eingefahren zu haben.“ Er sprach St. Paulis Unentschieden in Billstedt, die Punkteteilung zwischen Meiendorf und Lurup und die Niederlage Concordias an. Norderstedt hat als Erster der „Glorreichen Sieben“ (St. Pauli II, Bergedorf, Lurup, Victoria, Meiendorf, Norderstedt und Concordia), irgendeiner wird von denen wohl Meister werden, einstreichen können. Dass es glücklich war, was den Zeitpunkt betrifft, ließ Krausz gerne gelten. Dass es aber trotzdem verdient war, wollte er allerdings mitgeteilt wissen. „Wir haben über drei Viertel der Zeit die Partie bestimmt, etliche große Chancen vergeben. Da geht der Erfolg schon in Ordnung.“
Sein Gegenüber vom VfL 93, Daniel Sager mit Namen, sah das kaum anders. „Norderstedt war überlegen, hatte gute Möglichkeiten, da dürfen wir uns nicht beschweren.“ Eben unglücklich, aber doch irgendwie verdient. Ein wenig trauerte er aber den beiden formidablen Gelegenheiten der Platzherren nach. Mahir Jernane (21.) und Zami Khalil (74.) tauchten urplötzlich vor Norderstedts Schlussmann Sven Barth auf, der jeweils prächtig parieren konnte. „Es war kein leichtes Spiel für einen Torwart. Kaum etwas zu tun und dann beinahe kalt erwischt, Sven hat gut reagiert“, lobte Krausz seinen Schlussmann. Es wäre aber auch des Guten zu viel gewesen. Norderstedt bestimmte Tempo und Dramaturgie der Begegnung, alleine Ex-Profi Mahmut Yilmaz hätte frühzeitig das Match entscheiden können. Ironie des Schicksals war es dann, dass Yilmaz das entscheidende Tor auf seine Fahne schreiben konnte. Der eingewechselte Jendrik Bauer setzte sich auf der linken Seite durch, flankte scharf in den Sechszehner und VfL-Keeper Zakaria Chergui entschied sich nicht für die Fäuste, um den Ball abzuwehren. Hätte er aber besser machen sollen, denn der Ball landete nicht sicher in Cherguis Armen, sondern bei Yilmaz, der das erste Norderstedter Liga-Tor markieren durfte. „Ich mag eigentlich nicht, die Fehler Einzelner anzusprechen“, versuchte 93-Trainer Daniel Sager nicht direkt das Fehlverhalten Cherguis anzuführen, was aber nicht ganz gelang. Sager musste auf sieben Spieler verzichten, wobei gerade das Fehlen von Kapitän Ralf Stepat, Alexander Krohn und Akyil Arafat ins Gewicht fiel. Dass durch die Abgänge im Angriff (u.a. Marcinkiewicz, Koch und Pedroso-Bussu) das offensive Reservoir neu sortiert werden muss, um es freundlich auszudrücken, bestreitet Sager nicht. „Ansonsten haben wir aber den Stamm halten können. Wir müssen nicht von ganz vorne anfangen, so wie es im letzten Jahr der Fall war.“
Auf die Norderstedter Spieler scheinen in den kommenden Trainingstagen schwere Aufgaben zu warten. Anlässlich der enormen Schwierigkeiten mit der Chancenverwertung möchte Krausz zu den Wurzeln des Fußballs zurückkehren. „Wir haben ja nicht nur bis zum Strafraum, sondern eigentlich bis zum Fünfer sehr gut gespielt, nur einfach das Tor nicht gemacht. Ab sofort üben wir zuerst auf das leere Tor zu schießen. Wenn wir das beherrschen, stellen wir eine Fahnenstange rein. Und wenn das klappt, können wir über einen Torwart nachdenken.“ Auf die Nachfrage, wann der denn zum Einsatz kommen würde, antwortete Krausz ironisch: „Vielleicht in drei Wochen.“ Wer zuletzt lacht, und sei es in der 89. Minute, lacht bekannterweise am besten.
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