01.09.2008 Rückblick: Die Platzhirsche haben momentan wenig zu melden von
Es war ein Wochenende, an dem Tacheles geredet wurde. Tacheles kommt aus dem Hebräischen, was dort soviel wie Zweck, Ziel bedeutet. Dieses Wochenende zeigte der gesamten Staffel auf, wo der Hase im Endeffekt langlaufen wird. Die drei Oberliga-Nord-Absteiger aus Bergedorf, Lurup und St. Pauli bewiesen eindrucksvoll, welchen Stellenwert sie gedenken, in dieser Liga einzunehmen. Momentan scheint es schwer vorstellbar, dass der Meister nicht aus diesem Kreis kommt. Auch wenn Curslack noch die Tabelle anführt, was sich am Mittwoch nach dem Nachholspiel der Bergedorfer in Buchholz wieder ändern kann, die drei Neuankömmlinge präsentieren sich in einer starken Verfassung. Da wird es schwer für die bisherigen Platzhirsche Victoria, Meiendorf, Norderstedt und Concordia, gleich alle drei Favoriten hinter sich zu lassen. Von Curslack kann und darf das nicht erwartet werden.
Dies wurde in den zwei Heimspielen gegen Buchholz und Billstedt innerhalb der letzten Tage deutlich. Zwar gewann CN gegen die 08er, aber es bedurfte schon eines Foulelfmeters in den letzten Sekunden. Und gegen Billstedt rettete wiederum Goalgetter Christian Spill den Tabellenführer im letzten Drittel der Partie mit seinem achten Saisontreffer. Die weiße Weste hat ihre ersten Flecken erhalten und man kann sich sicher sein, dass diesen noch mehrere in den kommenden Wochen folgen werden, wenn die Großen sich mit Curslack beschäftigen.
In Bergedorf ging es an diesem Wochenende mal etwas anders zu, als in den letzten Jahren. Das hat weniger mit der nicht ganz so berauschenden Leistung beim trotzdem standesgemäßen 3:0 über (den Abstiegskandidaten?) Halstenbek-Rellingen zu tun, als mit einer Trainerentlassung, die es so auch nicht so häufig gibt. Schon gar nicht in Bergedorf, wo in den letzten gefühlten 37 Jahren Rüdiger Schwarz als Trainer fungierte. Das Umfeld machte zudem äußerst selten den Eindruck, als müsste man unnötig Unruhe erzeugen. Da mal ein Streit, da mal ein wenig Knatsch, na gut, das kommt in den besten Familien vor. Die Trennung von Frank Stolina, manche mögen es Entlassung nennen, was es wahrscheinlich auch am Besten trifft, passt somit so gar nicht in die Akte Bergedorf 85. Trotz mehrfachen Nachfragens, werden die Gründe oder der Grund nicht offenbart. „Wir haben vereinbart, darüber kein Wort nach draußen kommen zu lassen. Und wir halten uns auch daran“, lässt Manager Schwarz verlauten. Wenn man ihn ein wenig kennt, dann wird es ihm nicht leicht gefallen sein, die Personalie Stolina angehen zu müssen. „Es gibt schönere Wochenenden“, weiß Schwarz, dem jedoch bewusst ist, dass es nun etliche Gerüchte geben wird. Zumal Stolina selbst mehr als überrascht über den Schritt war. Man kann sich so seine Gedanken machen. War es das Pokal-Aus in Aumühle? Waren es die Abgänge von mehreren Spielern in den letzten Tagen? War es das angebliche Ermöglichen eines Probetrainings für den Curslacker Youngster Nils Pichinot beim VfL Wolfsburg, wie die Bild-Zeitung es vermutet. Dort lässt sich Stolina zitieren, dass „die Dinge außerhalb des sportlichen Bereiches liegen müssen.“ Damit wird er wohl Recht haben, denn die Bergedorfer Mannschaft wurde in die Entscheidung nicht einbezogen. Solange beide Parteien nichts nach Draußen kommen lassen, darf weiterhin nur spekuliert werden. Der langjährige Co-Trainer Manfred Nitschke übernimmt vorerst das Amt. Warum Nitschke nicht sofort im Sommer Nachfolger wurde, beantwortet Schwarz damit, dass „Nitschke das gar nicht machen wollte. Aber ihm blieb ja nun nichts anderes mehr übrig, als ich jetzt gefragt habe.“ In den kommenden Wochen soll, darf, muss oder kann ein Nachfolger gefunden werden. „Wir setzen uns nicht unter Zeitdruck und wir machen auch keinen Schnellschuss. Eins ist natürlich klar. Die nächste Entscheidung muss sitzen. Wir wollen nicht alle zwei Monate den Trainer wechseln müssen“, so Schwarz abschließend.
Ansonsten stand der Spieltag unter den Vorzeichen der Machtübernahme. In den beiden Duellen Absteiger gegen Vorjahres-Spitzenmannschaft behielten die schon letztjährigen Oberligisten die Oberhand. Die Paulianer siegten gegen den Meister Victoria mit 3:2. Mit dem gleichen Ergebnis konnten sich die Luruper die Norderstedter vom Halse halten. Bergedorf, St. Pauli II und Lurup haben in der Saison noch kein einziges Spiel verloren. Victoria, Meiendorf und Norderstedt zusammen schon sechs. Vor allem für Victoria wird der Abstand langsam etwas groß. Sollten die „Elstern“ am Mittwoch auch in der Nordheide wildern, beträgt der Abstand zu Bergedorf schon neun Punkte. Nicht gerade wenig, wenn erst fünf Spieltage ins Land gezogen sind. Eine Siegesserie ist nun Pflicht, da die gesteckten Ziele an der Hoheluft nicht gerade das Mittelmaß beinhalteten. Nächstes Wochenende kann Norderstedt den Beweis antreten, dass auch die ehemaligen Verbandsligisten die Absteiger besiegen können. St. Paulis Zwote fährt am Sonntag nämlich nach Schleswig-Holstein.
Meiendorf machte zumindest seine Hausaufgaben, brauchte jedoch ziemlich lange, um die Condoraner mit 4:1 nach Hause loszuschicken. Das Komische ist jedoch, dass die „Raubvögel“ leistungstechnisch schon schlechter in dieser Saison unterwegs waren. Die Kurve zeigt in dieser Beziehung ein wenig nach oben, auch wenn das Ergebnis das kaum vermuten lässt. Meiendorf bleibt hingegen auf Tuchfühlung zu den Oberen der Tableaus. Zwischen Meiendorf und Victoria positionieren sich zurzeit Buchholz, Paloma und Niendorf, die alle den Eindruck erwecken, nicht unbedingt in den Tabellenkeller abrutschen zu müssen. Buchholz überrannte Voran Ohe auf deren Platz mit 4:1 und war dem Gegner in allen Belangen überlegen. Das macht die Arbeit für VO-Trainer Jan Schönteich nicht leichter. Relativ gut in die Saison gestartet (2:0 gegen Concordia), aber danach mehr als stark nachgelassen. Vier Pleiten, 3:14-Tore, Absturz auf den sechzehnten Platz, was nachweislich ein Abstiegsrang ist. Niendorf siegte im Match des grauen Mittelmaßes bei Paloma durch einen Herbert-Elfmeter mit 1:0 und konnte somit schon den zweiten Auswärtssieg der Spielzeit einstreichen. Generell ist der NTSV auf den anderen Plätzen noch ohne Niederlage. Über die Heimbilanz wird aber der Mantel des Schweigens von der Garderobe geholt.
Mit Voran Ohe wurde schon ein Sorgenkind angesprochen. Barmbek-Uhlenhorst entwickelt sich auch in die Richtung. Das 0:2 bei Concordia war nach dem Auftaktsieg gegen Egenbüttel ebenfalls die vierte Pleite in Folge (2:13-Tore). Peter Martens meinte nach dem Spiel: „Wenn wir jetzt noch weitere Spiele verlieren werden, kann man vielleicht von einer Krise in Barmbek sprechen. Aber dann bin ich vielleicht gar nicht mehr dort.“ Nachtigall, ick hör‘ dir trapsen? Nee, war wohl eher mit einem Augenzwinkern verbunden. Und soweit muss es ja nun wirklich nicht kommen, auch wenn der nächste Gegner mit Meiendorf ebenfalls ein gewisses Kaliber darstellt. Auf Cordis Seite werden sie wohl bei jedem BU-Ballbesitz in der SC-Hälfte nach der 65. Minute gezittert haben. Das 2:0 per Foulelfmeter durch Paul Janke weckte sofortige Erinnerungen an die beiden 2:2-Unentschieden gegen Buchholz und Meiendorf hoch. Doch im dritten Heimspiel innerhalb einer Woche (!) schafften es die Marienthaler dann doch, den Sieg nach Hause zu bringen. Die Premiere des Spieltages gab es am Freitag in Egenbüttel. Der Aufsteiger holte seinen ersten Punkt, schoss sein erstes Heim-Tor und fühlt sich endlich, endlich in der Liga angekommen. Wohl hoffentlich noch nicht zu spät und der Gegner war mit dem VfL 93 auch nicht gerade hochkarätigster Art, die Aussagekraft hält sich somit noch etwas in Grenzen.
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