15.09.2008 Rückblick: Von Ursels Eisbären und den Seychellen von
Es war Mitte November des letzten Jahres. Voran Ohe empfing die Buchholzer und man trennte sich schiedlich und friedlich mit einem 1:1-Unentschieden. Im Gespräch mit FC-Trainer Jan Schönteich war schon damals zu merken, dass ihm irgendein schlechtes Gefühl plagte, irgendeine Vorahnung, dass etwas nicht mehr stimmt. Dabei sah es für die Reinbeker damals super aus. Dritter war man, 37 Punkte wurden aus 18 Spielen gesammelt, das macht über zwei Punkte pro Spiel. Der damalige Aufsteiger sorgte für Furore. Aber wie gesagt, Schönteich schien etwas zu spüren. Er monierte bei dem damaligen Remis gegen die Buchholzer die fehlende Lauf- und Einsatzbereitschaft, die Passivität und er stellte fest, dass die Leichtigkeit verloren sei. Zehn Monate später ist von dieser Leichtigkeit der Hinrunde 2007/08 überhaupt nichts mehr zu spüren. Seitdem absolvierte Voran Ohe 23 Begegnungen und konnte nur noch 22 Zähler auf dem eigenen Konto verbuchen. Das ist noch nicht mal mehr einer pro Begegnung.
Der Abwärtstrend hält also schon länger an und ist kein alleiniges Produkt der letzten Wochen. Der erwähnte Jan Schönteich redet in einem Interview mit Hamburger Abendblatt nicht lange um den heißen Brei herum. Die Krise sei da und es fehlen „Arschlöcher“ in der Mannschaft. Rücktrittsgedanken verneint er nicht vehement und äußert seine Enttäuschung über die Mannschaft. Im Forum auf der Webseite des Vereins zeigt sich Schönteich dagegen relativ kampflustig. Eine eventuelle freiwillige Demission ist aus seinen Zeilen dort nicht zu entnehmen. Auch ein angebliches Engagement bei Bergedorf 85, Ursels Eisbären und der Nationalmannschaft der Seychellen sei für ihn nicht interessanter als das derzeitige. Obwohl, wenn man das Wetter auf den Seychellen bedenkt? Im Gespräch mit hafo.de äußerte sich Schönteich heute Morgen insofern, dass es überhaupt keinen Kontakt zu Bergedorf geben würde. Auch genieße er die hundertprozentige Rückendeckung des Vereins, bzw. von Ralf Naundorf. „Der einzige Druck, dem ich ausgesetzt bin, kommt von mir.“ Er erwarte nun eine Reaktion der Mannschaft. „Wenn wir so weiterspielen, sind wir mit Sicherheit frühzeitig der erste Absteiger. Das muss nicht sein. Wir haben gestandene Jungs, die schon letzte Saison ihre Klasse bewiesen haben.“ Am Sonntag wird mit Sicherheit Schönteich in Halstenbek auf der VO-Bank sitzen. „Ich gehe auch davon aus, dass ich Weihnachten oder 2010 hier Trainer bin. Ich bin Oher. Aber wenn die Mannschaft so weiterspielt, muss man irgendwann zu einer anderen Entscheidung kommen und sagen, das kann ein anderer besser machen.“
Die Reinbeker sind nun Vorletzter der Staffel und können sich glücklich schätzen, dass Egenbüttel gegen Victoria die erwartete Pleite in einer zu erwarteten Höhe vernehmen musste. Ansonsten hätte die „Rote Laterne“ am Freitag einfach nur die Platzhälfte gewechselt. Voran verlor im Kellerduell gegen das ehemalige Schlusslicht Barmbek und zeigte sich von seiner schlechteren spielerischen Seite. BU hingegen konnte nach fünf Niederlagen den süßen Duft des Sieges wieder einatmen. Die Martens-Truppe katapultierte sich vom Tabellenende bis auf den fünfzehnten Platz, da auch der VfL 93 in Bergedorf nicht punkten konnte. Punktgleich mit BU ist, man mag es eigentlich kaum glauben, der SC Concordia. „Ich glaube, dass wir schweren Zeiten entgegengehen“, lässt sich Trainer Andreas Klobedanz nach einer völlig unnötigen 0:1-Heimniederlage gegen Billstedt zitieren. Da kann widersprochen werden. Die schweren Zeiten sind schon da. Sechs Punkte aus sieben Spielen, sechs Tore in sieben Spielen, das sind Schreckenszahlen aus dem Marienthal. Einen schwächeren Sturm hat in der Liga keiner. Sogar Egenbüttel oder Halstenbek oder der VfL 93 oder oder oder haben mehr Tore erzielt. Es ist ja nicht so, dass da lauter Blinde im Offensivverband rumlaufen. Gegen Billstedt agierten Janke und Staczek auf den „Sechser-Positionen“, davor waren Smereka, Algan und Harms aktiv, Suermann fungierte als Angreifer. Und ein gewisser Pornhagen wurde eingewechselt. Da sind andere Mannschaften weitaus schlechter aufgestellt. Es wird Zeit für Cordi!
Der Blick soll nun Richtung Tabellenspitze schweifen, wo Curslack immer noch oben weilt. Oh, nochmals hingeschaut, Augen gerieben, da steht ja gar nicht mehr Curslack auf dem ersten Platz. Sieben Spieltage haben die „Elstern“ gebraucht, um dem befreundeten Verein vom Deich die Pole Position abzunehmen. Bergedorf führte gegen den VfL früh mit 2:0 und ließ die Sache dann wieder etwas schleifen, als hätte es das 4:3 in Billstedt aus der Vorwoche nie gegeben. Die Stadtpark-Kicker kamen heran, aber egalisierten nicht mehr. Hingegen schaffte es Curslack nicht, die Führung gegen Niendorf über die Zeit zu bringen. Ata Yamrali sorgte für den Ausgleich und half somit seinem Ex-Verein von den Sander Tannen. Niendorf bleibt weiterhin auswärts ungeschlagen. Die 85er liegen nun drei Zähler vor der Zweiten des FC St. Pauli. Die agierte eine gute Stunde in Unterzahl in Lurup, aber auch 20 Minuten in Überzahl. In einem eher unterdurchschnittlich anmutenden Spitzenspiel kamen die Stärken und Schwächen der Luruper zu tragen. Der SV ist sehr schwer zu bespielen, er steht in der Defensive zumeist sehr sicher und lässt kaum Torchancen zu. Dies geht allerdings auf die Kosten der Offensive. Resultat: Zweitbeste Abwehr, doch die eigene Torausbeute ist im unteren Mittelfeld angesiedelt. Ach so, über die beste Abwehr verfügte St. Pauli. Dass das Spiel 0:0 ausging, hätte man sich also schon vorher denken können.
Vorher denken können, hätte man sich das Ergebnis aus Meiendorf eigentlich nicht. Denn dort gewannen die Halstenbeker sensationell mit 3:1. Dass es irgendwie sehr glücklich war, schert keinen in Halstenbek. Es ist schon erstaunlich, dass die Turan-Elf gegen Cordi, St. Pauli und Meiendorf fünf Punkte holt, gegen Curslack, Egenbüttel, Paloma und Bergedorf nur drei. Meiendorf scheint sich schon jetzt aus dem Titelrennen verabschiedet zu haben. Das Trio Victoria, Norderstedt und Meiendorf, also die Top Drei der letzten Serie, haben sich einträchtig auf Rang sechs bis acht auf die Stange gesetzt. Norderstedt vermied weitere Komplikationen durch ein schwer erkämpftes 1:0 beim USC Paloma, Victoria kommt zumindest offensiv besser auf Touren und gewann mit 5:2 in Egenbüttel. Vor ihnen sammelt Buchholz auf Platz vier eifrig Punkte gegen den Abstieg. Das 2:1 gegen zuerst zu passive, dann aber in Unterzahl couragierte Condoraner fällt unter die Rubrik „Arbeitssieg“. Die 08er spielten ihre Lufthoheit im gegnerischen Strafraum aus. Bis auf wenige Ausnahmen sahen die Condor-Spieler im Größenverhältnis wie Sechstklässler gegen Abiturienten aus. Buchholz verfügt über eine ganze Reihe von Spielern, die die Durchschnittsgröße des Otto-Normalverbrauchers in diesem Land eindeutig nach oben hieven. Schwer zu verteidigen für die „kleinen Raubvögel“, die sich ihrerseits im unteren Tabellendrittel mit Hang zur Abstiegszone eingenistet haben.
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