26.09.2008 "Dann nahm das Schicksal seinen Lauf" von
präsentiert:
SC Concordia – Niendorfer TSV 3:1 (0:0)
SC Concordia: Voß – Clausen, Drews, Reiher, Iwosa (71. Müller) – Pornhagen (55. Suermann), Staczek – Smereka, Janke, Steinhöfel (63. Karimi) – Harms Niendorfer TSV: Tholen – Dobirr (86. Yildirim), Westphal, Kocadal, Herbert – Hellmann – Natusch, Yamrali, Aidara (65. Pappoe), Weißner (85. Schwenke) – Jakobs Tore: 0:1 Weißner (53.), 1:1 Janke (62., Handelfmeter), 2:1 Harms (72.), 3:1 Karimi (88.) Rote Karte: Westphal (60., Niendorf, Handspiel) Schiedsrichter: Krüger (Eintracht Norderstedt): Geriet stärker in den Fokus als ihm lieb war. Musste eine strittige Elfmeterentscheidung fällen, die nicht weniger debattiert worden wäre, hätte er "anders herum" gepfiffen. Beste Spieler: Harms, Drews – Herbert, Hellmann Zuschauer: 220
Seit 1995 werden die Tabellen unter Hoheit des DFB nach der Drei-Punkte-Regel berechnet. Der Freitagabend sah in Marienthal einen derart unglücklichen Verlierer, dass www.hafo.de dem Hamburger Fußballverband nahe legen möchte, eigens für Niendorf eine "Trostpunkteregel" einzuführen. Davon hätte sich der NTSV gleich drei verdient. Die Gäste verhielten sich so, wie man das als Außenseiter beim verunsicherten SC Concordia machen musste. Sie standen kompakt und ließen lange Zeit nichts zu, wurden dann mit zunehmender Spielzeit auch im Angriffsspiel aktiver. Nachdem sich Niendorfs Offensivabteilung lange vornehm zurückgehalten hatte, "brezelte" Sven Weißner unmittelbar nach dem Pausentee den Ball hart, aber zu unplatziert aufs Gehäuse von Sebastian Voß (46.). Ole Natusch hätte kurz darauf auf den mehr als aussichtsreich platzierten Mohamed Aidara querlegen können und müssen (51.), spielte aber zu schlampig ab. Eben diese drei Protagonisten machten kurz darauf ihre Sache besser. Der wuselige Aidara schickte den schnellen Natusch wunderbar über die rechte Flanke, Natusch hatte seine Lektion im Passspiel gelernt und bediente diesmal mustergültig Weißner, dessen "Schießübung" aus der 46. Minute ebenfalls Wirkung zeigte – Weißner traf nun, wie nach Vorankündigung, zum 1:0 (53.).
Sicher, in Halbzeit eins hatte "Cordi" die Partie bestimmt. Paul Janke mühte sich in der Rolle des muskelverletzten Berkan Algan redlich, doch weder er, noch seine Mannschaftskameraden fabrizierten etwas mit Durchschlagskraft. Sah auch Andreas Klobedanz so, der – wie schon so oft in dieser Saison – beobachten musste: "Wir haben gefällig kombiniert, aber ohne groß Druck auszuüben." Oder im Klartext: "Wir haben nicht ganz so gut gespielt." Klobedanz wurde heute an der Seitenlinie von Manager "Rollo" Stein unterstützt. Beide wichen kaum einen Meter voneinander ab. Eine Geste, die dem Trainer gut getan haben dürfte, zumal die Präsenz Marc Faschers auf dem Platz sowie auf der anschließenden Pressekonferenz sonst nur allzu großen Interpretationsspielraum hätte eröffnen können. Der Manager stellte klar: "Das war der Wunsch meines Trainers. Das hat uns zusammengeschweißt – aber wie! Wir sind ein Team und ergänzen uns."
Zurück zum Spiel.
Womöglich hatte das Glück, von dem die Concorden heute noch reichlich haben sollten, in der ersten Halbzeit einen Vorboten gesendet: Die Eckfahne. Die am Bierstand. Von dieser prallte nämlich ein abgewehrter Ball so unverhofft ins Spielgeschehen zurück, dass Janke zum Flanken kam und die Gästeabwehr derart überraschte, dass am langen Pfosten beinahe Thomas Reiher die Führung besorgt hätte (24.). Aber wir waren ja schon viel weiter in der Chronologie dieses Spiels, vom 0:1 wurde schon erzählt. Danach kam der Faktor Glück wieder ins Spiel, denn in den Minuten nach der Führung war Concordia so nervös und fahrig, dass die Gäste das Spiel unwiderruflich hätten "nach Hause" bringen können. Zuerst Gerrit Jakobs: Aus 40 Metern überrumpelte er mit einer Bogenlampe Sebastian Voß, traf aber nur die Latte des vom Torwart zu weit verlassenen Gehäuses (55.). Niendorf stellte nun seine Konterstärke zur Schau, doch der über links durchgestartete Tobias Herbert – übrigens ganz stark in der Defensive und klarer Punktsieger gegen den auch alles andere als schlechten Patrick Smereka – brachte eine hundertprozentige Konterchance nicht zum Abschluss (59.).
Und dann das: Unordnung im Niendorfer "Gehege", Steffen Harms kommt zum Schuss, Patrick Westphal klärt kurz vor der Linie – ein Pfiff, viele Schreie, minutenlanges Gezeter. Schiedsrichter Krüger wertete Westphals Abwehraktion als absichtliches Handspiel: Elfmeter und Rote Karte. Eine ganz knifflige Situation. Unzweifelhaft ist: Westphal wehrte den Ball mit dem linken Arm ab. Zweifelhaft bleibt: War es Absicht? Westphals Arm war angelegt, allerdings war sein Körper leicht nach links – Richtung Ball – geneigt. Doch eine unnatürliche Bewegung war schwerlich auszumachen. Schütze Harms und Abwehrmann Westphal standen nur wenige Schritte voneinander entfernt, der Abwehrspieler hatte kaum Reaktionszeit. Özden Kocadal stellte plausibel dar: "Paddy stand in normaler Erwartungshaltung da. Er hätte nie so schnell reagieren können." Eine Szene, in der man nicht Schiedsrichter sein möchte! Bitter nur, dass sie dieses Spiel entschied, zumal der NTSV nun unterzählig war. "Natürlich hätten wir ohne den Elfmeterpfiff das Spiel gewonnen", führte Kocadal weiter aus. Man müsste verrückt sein, ihm in diesem Punkt zu widersprechen. Doch wie sagte Carrel Segner? "Dann", nach dem 1:1, "nahm das Schicksal seinen Lauf."
Nun stand es also 1:1 und noch einmal beanspruchte "Cordi" das Glück (oder war es Unvermögen von Jakobs?), als Weißner auf den Niendorfer Sturmführer flankte, der aber aus geringer Entfernung nicht an Voß vorbei kam (69.). Kurz zuvor hatte auf der anderen Seite Harms das 2:1 auf dem Fuß gehabt (68.), das er schließlich im zweiten Versuch ganz kaltschnäuzig erzielte (72.). Die Marienthaler hatten nun noch eine ganze Reihe Chancen, das Ergebnis zu erhöhen. Wie beim 2:1 war der eingewechselte und entfesselt aufspielende Obaidullah Karimi Ausgangspunkt vieler gefährlicher Szenen. Auch ein glasklarer Elfmeter für Concordia (Yamrali gegen Suermann) wurde in dieser Phase nicht gegeben (76.). Niendorf gab sich zwar noch nicht auf, musste sich aber den nun wiederbelebten Concorden beugen. Robert Pappoes Fehlpass schnappte sich Smereka, der sehenswert die aufgerückte Gästeabwehr sezierte und Karimi das 3:1 servierte (88.). Welche Erleichterung für Andreas Klobedanz und seine Jungs, die es sich ohne Frage verdient hatten, im Laufe dieser Saison endlich einmal vom Glück begünstigt zu werden – doch nach diesem Spiel darf bis Weihnachten kein Schwarz-Roter mehr über fehlendes Fortune klagen. Harms freute sich nach Spielschluss nicht nur über das vorzeitige Geburtstagsgeschenk, das ihm auf dem Platz von einer Anhängerin überreicht wurde, sondern noch mehr darüber, "dass auch nach dem Rückstand keiner angefangen hat zu pöbeln. Das hat gezeigt, dass wir eine Truppe haben." Carrel Segner blieb an diesem unglückseligen Abend übrigens erstaunlich gefasst: "Eine ganz bittere Geschichte. Schade drum, aber es geht weiter."
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