04.10.2008 Pichinot "kniet" St. Pauli zum Sieg von Mirko Schneider
FC St. Pauli II – SV Curslack-Neuengamme 2:1 (1:0)
FC St. Pauli II: Sachse – Browarczyk (64. Koca), Theißen, Drobo-Ampem, Biermann (81. Heysen) – Daube, Yapici – Laban (75. Sitar), Pedroso-Bussu, Sismanoglu - Zekiri SV Curslack-Neuengamme: Schönsee – Sander, Figge, Schmidt, Blättermann – Gothmann (79. Khastoo), Többen (64. Kummerfeldt), Theetz, Kock (46. Khalili) - Spill, Pichinot Tore: 1:0 Pedroso-Bussu (18.), 1:1 Spill (82.), 2:1 Pichinot (90+2., ET) Schiedsrichter: Soltow (TuS Germania Schnelsen) - seine Entscheidungen waren meist richtig, hätte aber wesentlich mehr Gelbe Karten verteilen müssen Beste Spieler: Pedroso-Bussu - Schönsee Zuschauer: 317
Nils Pichinot schaute, als dürfe er nie wieder Fußball spielen. Seine Kollegen senkten konsterniert die Köpfe. An der Eckfahne nahe der Curslacker Trainerbank erdrückten sich 10 Kiezkicker fast in einer Traube voller Glück und 100 Meter entfernt schrie ein humpelnder Maximilian Sachse, seines Zeichens Torwart der zweiten Mannschaft der Braun-Weißen, seine Freude heraus. Ein merkwürdiges Spiel hatte in einem dramatischen Finish sein denkwürdiges Ende gefunden. Absolut verdient und dennoch extrem glücklich hatte St. Pauli II noch gewonnen und den Abstand auf Bergedorf auf zwei Punkte verkürzt.
Blickte man kurz nach Spielende in die Zeit der Halbzeitgespräche zurück, so hatte sich das nicht angedeutet. Gegenstand der Analyse zur Pause war nämlich eigentlich nur die Frage, wie ein so harmloses Team wie Curslack schon 18 Punkte hatte sammeln können und wann St. Pauli II alles klar machen würde. Trotz eines knappen 1:0-Vorsprungs bestand kaum ein Zweifel am Sieg der Braun-Weißen, die in den ersten 45 Minuten gut und gerne eine 4:0-Führung hätten heraus schießen können. Curslack hatte große Probleme im Defensivverbund, wurde ein ums andere Mal schwindlig gespielt und kam mit dem knappen Rückstand bestens bedient in die Halbzeit. Nur Davide Pedroso-Bussu hatte zur etwas kuriosen Führung eingenetzt, da ihr ein gefährlicher Kopfball des kleinsten Mannes auf dem Feld, Serhat Yapici, voraus gegangen war. Torsten Schönsee konnte zwar parieren, jedoch sprang der Ball zu Davidson Drobo-Ampem, welcher Pedroso-Bussu mit seinem Pass das Tor auf dem Silbertablett servierte.
In der zweiten Halbzeit riss der Faden bei der Elf von Joachim Philipkowski jedoch unverständlicherweise total. Spielerisch gelang fast nichts mehr und da Curslack nun zwar hinten gut stand, aber vorne genau so ungefährlich war wie im letzten Heimspiel gegen Norderstedt, verflachte die Partie völlig. Doch die Mannschaft von Torsten Henke glich mit der ersten Chance in der zweiten Halbzeit kurz vor dem Abpfiff aus. Philipp Többen hatte sich auf links fein gegen Yasar Koca durchgesetzt und die Flanke an den Fünfer gezogen, wo Christian Spill vor Sachse am Ball war. Sein Kopfball konnte von der Linie gestochert, der Nachschuss aber nicht mehr aufgehalten werden und so stand es urplötzlich 1:1. Zu allem Überfluss für die Gastgeber war Sachse bei Spills Kopfball mit diesem zusammengeprallt, musste minutenlang behandelt werden. St. Pauli II hatte sein Auswechselkontingent bereits erschöpft und Drobo-Ampem schickte sich bereits an als Feldspieler ins Tor zu gehen, doch Sachse spielte – offensichtlich stark angeschlagen – weiter.
Das hätte sich beinahe gerächt, als Pichinot in der 88. Minute einen Schuss nur knapp vorbei setzte. Im Wissen, dass dieses Unentschieden zu wenig war und dass sich ihr Torwart kaum noch bewegen konnte flüchtete St. Pauli II nach vorne. Und tatsächlich: In der ersten Minute der dreiminütigen Nachspielzeit schickte Yapici Ermir Zekiri, Schönsee parierte dessen Schuss auf die lange Ecke glänzend, Ömer Sismanoglu kam an den Ball und zielte diesen aus der Drehung Richtung kurzen Winkel…doch Schönsee flog in Weltklassemanier dorthin und lenkte den Ball über die Latte. Halb Curslack stürmte auf den eigenen Keeper und umarmte ihn. Eine Ecke also noch, nur eine.
Doch die hatte es in sich. Pedroso-Bussu gab den Ball in den Fünfmeterraum an den kurzen Pfosten und die Kugel tropfte Pichinot aufs Knie und von dort in die Maschen. Ausgerechnet Pichinot, unter der Woche noch im Probetraining bei St. Paulis erster Mannschaft, hatte ohne sein Zutun als unglückliche Bande das Spiel entschieden und die anfangs erwähnten Bilder geschaffen.
Fazit: Über die volle Spielzeit gesehen geht der Sieg der Gastgeber absolut in Ordnung, wenngleich er am Schluss äußerst glücklich zustande kam. St. Pauli II muss lernen seine Torchancen nicht so zu verschleudern. Curslack spielte sehr diszipliniert, stach durch Spill überraschend zu, stand am Ende aber mit leeren Händen da.
Stimmen: Torsten Henke (Trainer SV Curslack-Neuengamme): Glückwunsch an St. Pauli. Dieser Sieg geht über 90 Minuten gesehen in Ordnung, war vom Zweitpunkt her für uns aber natürlich absolut unglücklich. In der ersten Hälfte hat St. Pauli das Spiel dominiert und wir haben Glück gehabt, nicht höher zurück zu liegen. In der zweiten Halbzeit habe ich eine gute Curslacker Mannschaft gesehen und wir haben nicht unverdient ausgeglichen. Dass ausgerechnet Pichinot das Eigentor unterläuft ist so eine Geschichte, die der Fußball schreibt. Es ist bitter für uns gelaufen am Schluss, aber wir werden damit leben müssen.
Joachim Philipkowski (Trainer FC St. Pauli II): Wir sind gut ins Spiel gekommen und haben ein ganz anderes Gesicht gezeigt als in Egenbüttel. Die Körpersprache und die Bereitschaft war da. Wir sind auch verdient in Führung gegangen und hatten danach einige Hochkaräter. Das war schon so ein Spiegelbild wie gegen HR, aber zum Glück haben wir eben schon 1:0 geführt. In der zweiten Halbzeit weiß ich nicht, warum wir weniger investiert haben, aber es war so. Curslack hat dann mehr gemacht. Nach dem 1:1 haben die Jungs Moral gezeigt, wollten das 2:1 machen. Das war natürlich dann glücklich durch dieses Eigentor nach einer Ecke, aber wir hatten auch schon andere Spiele, wo es gegen uns lief. Wir sind jetzt 2 Punkte an Bergedorf dran. Die Spielpause in der nächsten Woche tut unseren Jungs sicher gut und danach schauen wir dann weiter.
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