19.10.2008 Duell um die Lufthoheit: Tauben besiegen die Elstern von Andreas Killat
USC Paloma – ASV Bergedorf 85 1:0 (1:0)
USC Paloma: Dröge – D. Savelsberg, Engl, Stendel, Osinski – Weidlich, Richter, Francke, Kwame (82. Steinbrück) – Jovic – Metin (64. Sülün) ASV Bergedorf 85: Langen – Pettersson (46. Kunkel), Deron, J. Savelsberg, Ionannou – Papke (81. Landau), Martens – Nadj, Toksöz, de la Cuesta (46. Ulusoy) - Reincke Tore: 1:0 Engl (11.) Gelb-Rot: Jovic (81., USC), Töksöz (88., B85) Schiedsrichter: Alexander Teuscher (SC Eilbek): Beide Teams haderten zwar hin und wieder mit ihm, aber eine sehr gute Leistung! Die vielen Gelben Karten (meist wegen Meckerns) waren vertretbar. Beste Spieler: Aus einer toll kämpfenden USC-Mannschaft ragten heraus: Dröge, Richter, Jovic, Weidlich, Engl – Nadj Zuschauer: 300
Nein, die bei Paloma viel zitierten „Bedingungen“ (Sonntagmorgen, enger Grand-Platz) waren es heute nicht. Jedenfalls nicht nur. Verwundert rieben sich die Zuschauer nach 15 Minuten die Augen: Wer war hier eigentlich „tabellarische Unterwelt“ und wer „High Society“ (Zitat Peter Strahl)? Mit einer so noch nicht gesehenen läuferischen und kämpferischen Leistung kauften die Gastgeber dem Tabellenführer den Schneid ab und ließen die Bergedorfer kein Stück zur Entfaltung kommen. Der ASV-Anhang, die „Elstern-Supporters“, waren mit ihren Trommeln noch dynamisch in den Sonntag gestartet, doch verstummten dann sehr schnell wieder. Lautstark unterstützt dagegen wurden die Palomaten von 20 „Groundhoppern“ aus Gelsenkirchen, die sich die Brucknerstraße als Vorbereitungsspiel für den Bundesligaschlager am Nachmittag ausgesucht hatten.
Schon nach zehn Minuten hatte sich Paloma vier Eckbälle erkämpft, und Philipp Richter brachte Nummer Fünf fantastisch auf den Kopf von Oliver Engl (Rückennummer 5!) und der „hämmerte“ den Ball mit seinem Schädel - fast wie ein Schuss - unter die Latte zur verdienten Führung (11.). Nun wachten die Elstern endlich auf, wollten sich nicht die drei Punkte stiebitzen lassen. Oliver Ioannou, gerade von seinem Bruder Marlon (FSV Geesthacht, Bezirksliga Ost) in höchsten Tönen gelobt, bekam quasi im Gegenzug die Gelegenheit zum postwendenden Ausgleich, doch Torwart-Titan Frank Dröge warf sich ihm wie Namensgeber Olli Kahn todesmutig entgegen und parierte glänzend. Das Spiel hatte nun richtig Pfeffer. Es wurde um jeden Meter gefightet, die Zuschauer bekamen rassige Zweikämpfe und jede Menge Torszenen zu sehen. Jascha Metin versuchte es nach Richter-Ecke direkt (15.), Tibor Nadj verzog knapp (22.) und Richter ebenfalls mit Volleyabnahme (26.). In der 40. Minute ging Niko „Hacker“ Jovic zu Boden, als Souvenir behielt er eine blutende Wunde am Knie. Für ihn ein klarer Elfmeter, für Schiri Teuscher nicht. Angestachelt von dieser „Ungerechtigkeit“ bediente Jovic vier Minuten später Kusi Kwame mit einem sensationellen Traumpass, aber Keeper Mirco Langen kam rechtzeitig heraus und verkürzte geschickt den Winkel, so dass Kwame scheiterte (44.).
Mit viel Applaus ging es in die Kabinen. Immer noch leicht angefressen kamen die Gäste wieder aufs Feld, Deran Töksöz holte sich 20 Sekunden nach Wiederanpfiff Gelb für Meckern ab, was später noch Folgen haben sollte, und Nadj tat es ihm drei Minuten später gleich. Doch auch die Tauben waren keine Unschuldslämmer, Osinski (59.) und Jovic (66.) bekamen ebenfalls den Karton zu sehen. Dröge leitete mit seinen gekonnten Abschlägen immer wieder gefährliche Angriffe ein: Dirk Savelsberg, der seinen jüngeren Bruder Jan auf der Gegenseite heute klar ausstach, nahm einen dieser Dröge-Bälle auf, leitete zu Metin weiter und der setzte sich an der Außenlinie des Fünfmeterraums herrlich durch und passte perfekt in die Mitte, doch das Leder trudelte an Freund und Feind vorbei, Jovic hatte nicht aufgepasst (57.). Mit der nächsten Aktion war eigentlich das 2:0 fällig, Richter war über die linke Seite frei vor Langen aufgetaucht und in der Mitte lauerte der völlig freistehende Metin, eine klassische 2:1-Überzahlsituation. Aber Richter schob dem Torhüter den Ball in die Arme (59.). Was für eine Gelegenheit, die sich schon wenig später fast gerächt hätte, als der heute sehr gefährliche Nadj mit einem strammen Schuss Dröge zu einer weiteren Glanztat zwang.
Die Elstern nun wie aufgescheucht, der eingewechselte Oliver Kunkel bediente den ebenfalls zur Halbzeit gekommenen Onur Ulusoy, doch der brachte das Kunststück fertig, den Ball aus fünf Metern neben das Tor zu setzen. Alles war nun möglich bei diesem spannenden Match. Bergedorf drückte, aber Paloma kämpfte und blieb dank Dröge immer gefährlich: Weiter Abschlag auf Kevin Weidlich, der steht 18 Metern vor dem Tor allein vor dem herausstürzenden Langen, ein toller Lupfer, der Ball springt zwei Meter vor dem Tor auf....und geht über die Latte. Durchatmen beim Tabellenführer. Und als sich Jovic neun Minuten vor dem Ende Gelb-Rot abholt beginnt das große Zittern. Dabei wollte Jovic kurz zuvor schon ausgewechselt werden, aber USC-Coach Frank Hüllmann rief seinem Kapitän zu „Beiß Dich durch“ und bekannte hinterher: „Nachher machen das noch alle Spieler und wollen sich selbst auswechseln“.
Nadj - mit seinem gefühlten zwanzigsten Schuss aufs Tor - verfehlte erneut (84.), und zwei Minuten vor dem Ende war die Überzahl Geschichte, weil sich auch Töksöz für seine Diskussionsfreude Gelb-Rot abholte. Drei Minuten Nachspielzeit wurden angezeigt und Nadj, wer sonst, gab einen letzten verzweifelten Schuss ab: Der Ball prallte auf die Oberkante der Latte, Dröge wäre wohl nicht mehr herangekommen. Dann war Schluss, grenzenloser Jubel bei den Tauben. Einen Tabellenführer schlägt man schließlich nicht alle Tage. Nach zwei 1:1-Remis nun also das dritte sieglose Spiel in Folge für B85. Ex-Coach Frank Stolina musste bekanntlich nach drei Siegen seinen Hut – aus bis heute nicht ganz geklärten Gründen – nehmen. Paloma ist nun seit 227 Minuten zu Hause ohne Gegentor und darf es sich mit 14 Punkten im Mittelfeld bequem machen. An der Spitze dagegen gilt: Der König ist tot, es lebe der König. FC St. Pauli II bleibt für mindestens weitere fünf Stunden Tabellenführer, nur Meiendorf könnte mit einem Sieg in Norderstedt noch vorbeiziehen.
Stimmen:
Manfred Nitschke (Trainer ASV Bergedorf 85): Wir haben gegen einen kompakten und couragierten Gegner gespielt und es ist uns nicht gelungen, die vielleicht spielerischen Möglichkeiten, die wir haben, heute so umzusetzen, dass wir klare Torchancen herausspielen konnten. Natürlich ist der Platz für uns schwer zu spielen, unser gutes Kurzpass-Spiel ist hier nicht möglich. Aber das soll keine Entschuldigung, sondern nur eine Feststellung sein. Wir haben insgesamt sehr bemüht gespielt, aber die paar Möglichkeiten, die wir hatten, nicht nutzen können. Und deswegen ist Paloma der verdiente Sieger.
Frank Hüllmann (Trainer USC Paloma): Wir sind der verdiente Sieger, das sehe ich auch so. Wir haben uns wirklich sehr sehr intensiv auf dieses Spiel und die vielen Stärken, die Bergedorf zweifelsohne hat, vorbereitet und haben unser Spiel darauf eingestellt. Das geht nicht immer gut auf, aber heute hat alles geklappt. Wir haben nach einer couragierten ersten Viertelstunde verdient 1:0 geführt, das gab natürlich Sicherheit und die Spieler merken, dass das, was der Trainer vorher erzählt hat, auch stimmt. In der Halbzeitpause muss man immer ein bisschen aufpassen, dass die Spieler sich nicht in die Hose machen, wenn Du gegen den hohen Favoriten und Tabellenführer führst. Aber auch das haben wir heute ganz gut hingekriegt. Wir haben über 90 Minuten eine ganz konzentrierte Leistung gezeigt. Wenn wir das nicht machen, steigen wir ab. Aber wenn wir es tun, dann können wir sogar Bergedorf 85 schlagen. Das war heute ein gutes Spiel und das können wir auch öfter schaffen. 1:0, verdienter Sieg, sind aber auch nur drei Punkte. 1:0 ist mein Lieblingsergebnis! Hervorragend.
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