Altona: Kalaycioglu – Ansorge (81. Friauf), Rabenhorst, Warnick, Westphal – Röhr, Völzke, Siedschlag, Nielsen (63. Hoose) – Tunjic, Richter Lübeck: Semghoun – Bergmann, Marheineke, Hirsch, Wehrendt – Lindner, Niemeyer, Lange – Ridder – Sachs (90. Helmke), Henning Tore: Fehlanzeige Schiedsrichter: Weiner (TSV Ottenstein): Pfeift seit acht Jahren Bundesliga. Er hatte und machte keine Probleme. Beste Spieler: geschlossene Mannschaftsleistung - Semghoun Zuschauer: 1192
16 Jahre lang streifte sich Jakob Sachs die Ringel des AFC über und kam heute erstmals als Gast nach, nun ja, Eppendorf. Wenn das Stadion an der Hoheluft auch nicht seine alte Heimat ist, zeigte er sich doch gerührt vom Wiedersehen. "Ein schöner Empfang durch die Fans, so viele sagen mir ´Hallo´ und keiner ein schlechtes Wort. Das ist ein gutes Gefühl. Meine schönen Erinnerungen an die Jahre in Altona konnte ich auch im Spiel nicht ganz vergessen." Vielleicht hatte das Unterbewusstsein Sachs in seine gefährlichste Szene hineinregiert, als er nach einer Viertelstunde Kurs auf seinen alten Mannschaftskameraden Hayko Kalaycioglu nahm, auf und davon war, doch nur schwach abschloss. "Es ist schon lustig zu wissen, wie die Gegenspieler – meine alten Mitspieler – in manchen Szenen reagieren", sprach aus Sachs noch die Vertrautheit mit seinen alten Kameraden. Doch da er auch aus seiner zweiten gefährlichen Szene, in der Schlussphase, nichts Produktives machte, tat er dem AFC am heutigen Tage nicht weh und wirkte – auch ohne Tor und ein kleines bisschen vielleicht gerade deswegen – rundum zufrieden.
Weniger im Klaren über seine Gefühlswelt war sich dagegen Altonas Trainer Torsten Fröhling. "Wir wollten einen Befreiungsschlag landen und uns neun Punkte von den Abstiegsplätzen absetzen. Wir können mit dem einen Punkt gut leben, sind aber auch ein bisschen traurig, dass es nicht mehr wurde. Aber leider haben wir den Kapitän des Gegners berühmt geschossen." Torhüter Nourreddin Semghoun stand nun wahrlich nicht unter Dauerbeschuss, doch die Chancen, die der AFC hatte, waren hochkarätig und mussten vom guten Keeper mehrmals aus kurzer Distanz pariert werden. Zwei Mal half ihm auch der Pfosten – bei einem Freistoß von Hendrik Völzke (15.) und einem Kopfball von Jürgen Tunjic (53.). Und ein wenig unvermögend mutete es schon an, was Jürgen Tunjc und Stefan Richter im Torabschluss oder bei einigen ausgelassenen Gelegenheiten zum "tödlichen Pass" fabrizierten. Doch trotzdem, das Sturmduo hatte sich ein Trainerlob verdient: "Sie waren präsent", was insbesondere für den eifrig arbeitenden Richter galt, "hatten aber auch Pech." Und in Semghoun einen starken Kontrahenten.
So kam die überlegene Mannschaft aus Altona in einem intensiven, aber wenig erbaulichen Spiel gegen wackere Lübecker nicht über ein 0:0 hinaus, doch die größere Enttäuschung war für Präsident Dirk Barthel ohne Frage die Zuschauerresonanz. Das Nordderby lockte nicht annähernd die erhofften 2000 Zuschauer an. "So ein Spiel, auf diesem Level, hat es lange nicht mehr gegeben – was soll denn noch passieren?" fragte Barthel, halb ratlos, halb verärgert. Der rührige Präsident stößt womöglich an die Grenzen des Machbaren, wenn Altona weiter Hamburgs vergessener Verein zwischen den Bundesligen und der Oberliga Hamburg bleibt. "Noch ist nichts entschieden", so Barthel zu den Spekulationen um einen freiwilligen Rückzug zur nächsten Saison, "aber man muss das alles auch bezahlen können." Zuversicht klingt anders.
Altona 93 hat sich sportlich in der neuen Liga voll akklimatisiert, Trainer Torsten Fröhling gelang es, den in der Oberliga kultivierten Offensivfußball mit vielen spielerischen Elementen auch in die Regionalliga zu transferieren, wofür ihm und der Mannschaft Respekt gebühren. Hamburgs dritte Kraft bietet – das heutige Spiel ist hierfür nicht das beste Beispiel – gute Unterhaltung und Fußball einer Klasse, die weit über dem rangiert, was es unterhalb der neuen Regionalliga zu sehen gibt. Sarkastisch formuliert: Altona spielt in der 4. Liga und keiner merkt´s. Aber so, muss man befürchten, werden alle Professionalisierungsambitionen im Nichts verpuffen. Torsten Fröhling zeigte sich von dieser Entwicklung ungerührter als sein Präsident und verwies zu Recht auf die Grenzen seiner Einflussnahme: "Mannschaft und Trainer können nur den sportlichen Bereich abarbeiten und uns darüber attraktiv machen für Zuschauer und Wirtschaft." Nach der turbulenten Winterpause in der vergangenen Saison sollte kein Zweifel daran bestehen, dass Fröhling die Mannschaft weiter aufs Sportliche fokussieren kann.
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