''Wir gehen im Moment auf dem Zahnfleisch'', so äußerte sich Germania-Coach Holger Menzel über die aktuelle Personalsituation seiner Mannschaft. Verletzungsbedingte Ausfälle, und dann auch noch die Sperren für Oliver Engl und Dennis Masurat nach ihren roten Karten aus der Partie gegen Paloma – der Trainer war wahrlich nicht zu beneiden. Dennoch gingen die Gastgeber aus Schnelsen als Favorit in die Partie – immerhin war es das Duell Tabellendritter gegen den Vorletzten. Was hierbei gern vergessen wurde: an Sperbers misslicher Lage sind nicht die Auftritte auf fremden Plätzen verantwortlich, das große Übel liegt in der tristen Heimbilanz von null Punkten aus sieben Spielen. Auswärts zeigt die Dietze-Elf dagegen oft starken Fußball, und konnte beispielsweise zuletzt in Barsbüttel und bei Paloma jeweils einen Dreier entführen. Gegen Schnelsen knüpfte Sperber an diese Leistungen an, machte ein klasse Spiel, und gewann am Ende einen Punkt. Nur einen Punkt, denn es war noch mehr drin. Werfen wir jetzt einen Blick auf die neunzig Minuten am Königskinderweg.
Der erste Durchgang war nicht gerade reich gespickt an Höhepunkten. Die Anfangsviertelstunde verstrich mit beiderseitigem Abtasten. In der 17. Minute hätte es dann aber klingeln können. Sperber-Angreifer Florian Schau spielte Bernd Iden frei, doch Konstantin Scholz im Germania-Tor klärte per Fußabwehr. Dann hätte Oliver Hardekopf vom Platz fliegen können, als er gegen Shoaib Sedeghi den Ellenbogen ausfuhr. Vom Schiedsrichtergespann hatte keiner etwas mitbekommen, so dass es bei den Protesten der Gäste blieb. Glück für Hardekopf und seine Mannschaft. Nun folgten starke Schnelsener Minuten. Henning Hülsebusch hatte Goalie Sebastian Voss schon überwunden, doch Thomas Reiher klärte für ihn zur Ecke (32.). Die Vorlage für diesen Angriff hatte Torben Voß geliefert. Alexander Krohn trat den Eckstoß, Voß köpfte, sein (Fast-)Namenskollege im Sperber-Tor war wieder geschlagen, aber Iden stand als Retter auf der Linie (33.). Kurz vor der Pause vertändelte Hardekopf im eigenen 16er das Leder gegen Schau. Der hielt drauf, Scholz wehrte jedoch ab – keine Tore im ersten Abschnitt.
Die Gäste machten da weiter, wo sie aufgehört hatten. Nach Zuspiel von Schau war Stig Thamm durch, Scholz verließ seinen Kasten und bereinigte die Situation im Zweikampf mit Thamm, wobei seine Aktion alles andere als astrein war. Im Gegenteil: auch hier wäre ein Platzverweis vertretbar gewesen. Wieder Glück für die Platzherren (50.) und erneute Aufregung auf der Sperber-Bank. Dann segelte jedoch eine Hereingabe von Iden in den Schnelsener Strafraum, Fabian Andersch war per Kopf zur Stelle, und aller Ärger war vergessen. Es hieß 0:1 (63.). Nur eine Minute später: Konter für Sperber über die linke Seite, Schau legt das Leder nach innen, und der kurz zuvor eingewechselte Cristof Blaack zielt links am Gehäuse vorbei. Scholz war bereits geschlagen.
Wahrscheinlich war dies die Schlüsselszene des Spiels. Man darf bezweifeln, dass Schnelsen nach einem Doppelschlag ins Match zurückgekommen wäre. So aber erlebten die Zuschauer am Königskinderweg die 72. Minute folgendermaßen: Torben Voß leitete die Kugel im Gäste-Strafraum herrlich mit der Hacke weiter zu Hülsebusch, der setzte sich toll gegen seinen Gegenspieler durch und passte zu Malte Pfennig. Pfennig hatte aus kurzer Entfernung keine Mühe zu vollstrecken – 1:1 (72.). Schnelsen hätte dann sogar in Führung gehen können – Ardente scheiterte an Voss (81.) – das hätte den Spielverlauf aber völlig auf den Kopf gestellt. In der Schlussphase wurde es noch mal turbulent. Hardekopf ließ sich zu einem absolut unnötigen Foul an Sebastian Szmidt hinreißen, und flog nun doch noch vom Platz, nachdem ihn dieses Schicksal ja bereits in der ersten Halbzeit hätte ereilen können (86.). Die letzte Chance war schließlich den Gästen vorbehalten. Ein Freistoß von Iden kam gefährlich auf den Kasten, Scholz lenkte aber zur Ecke ab (87.). Das war's dann auch.
Schnelsen konnte - nach Spielanteilen und Torgelegenheiten - mit dem einen Punkt zufrieden sein, viele Gesichter verrieten aber doch Enttäuschung, weil man sich vor der Partie mehr ausgerechnet hatte. Für Sperber war zwar mehr drin, zumindest aber sollte die Leistung, die geboten wurde, Mut für die kommenden Aufgaben machen. Und eigentlich müsste bei diesem Potential auch ein Heimsieg ohne weiteres möglich sein, oder?
Stimmen:
Holger Menzel (Trainer Germania Schnelsen): Die Enttäuschung überwiegt heute natürlich, weil wir uns mehr vorgenommen hatten. So aber, wie das Spiel gelaufen ist, müssen wir mit dem einen Punkt zufrieden sein. Zwei Chancen in der ersten, zwei in der zweiten – das ist für eine Mannschaft, die so weit oben steht, zu wenig. Dann waren wir heute allerdings auch stark dezimiert, sieben Leute waren nicht dabei. Jetzt müssen wir sehen, dass wir das letzte Spiel noch gut über die Runden bringen, bevor es in die Winterpause geht.
Bernd Dietze (Trainer SC Sperber): Wenn uns jemand vor dem Spiel gesagt hätte, dass wir hier einen Punkt holen, wären wir zufrieden gewesen. Drei Punkte wären aber möglich und auch verdient gewesen, das Glück ist aber eben nicht so auf unserer Seite. Strittige Entscheidungen hin oder her, wir hatten es selbst in der Hand, weil wir die größte Chance zum 2:0 hatten, und damit das Spiel entschieden hätten. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir endlich mal ein Heimspiel gewinnen, wird jetzt auch immer größer. Die Liga ist insgesamt so eng, dass man die Hoffnung noch nicht aufgeben muss.
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