28.02.2009 Die "Kleinen" bleiben St. Paulis Problem von Mirko Schneider
FC St. Pauli II – Niendorfer TSV 0:0
FC St. Pauli II: Pliquett – Weilbier, Hinzmann, Theißen, Pfützenreuter – Daube, Browarczyk – Laban, Schnitzler (53. Pedroso-Bussu), Günter (60. Kieckbusch) - Zekiri Niendorfer TSV: Tholen – Hellmann, Kocadal, Prange, Schwenke – Natusch, Gehrke, K. Aidara, Avarello (69. Weißner) – Njoh (88. Jakobs), M. Aidara (80. Yamrali) Tore: Fehlanzeige Rote Karte: Theißen (St. Pauli II - 78., Tätlichkeit an Natusch) Gelb-rote Karte: Hinzmann (St. Pauli II - 81., wiederholtes Foulspiel) Schiedsrichter: Dirk Hamerich (Eimsbütteler TV) – schwach. Hätte Njoh für sein Foul an Pfützenreuter vor Theißens Tätlichkeit ebenso vom Platz stellen müssen. Übersah einige Minuten zuvor ein Nachtreten von Daube. Ließ trotz langer Unterbrechungen in der zweiten Halbzeit nur eine Minute nachspielen. Beste Spieler: Pedroso-Bussu, Pliquett – Tholen, Schwenke Zuschauer: 163
Neuer Trainer, altes Leiden: die Hauptgegner im Aufstiegskampf des FC St. Pauli II tragen weiterhin Namen wie SC Egenbüttel, Halstenbek-Rellingen oder seit heute auch Niendorfer TSV. Die Kiezkicker sind so eine Art „umgekehrter SC Victoria“. Jener räumt in Favoritenstellung in der Regel gnadenlos ab und sieht in den Spitzenduellen oft nicht gut aus, beim Millerntor-Nachwuchs läuft es anders herum, woran auch das Debut des neuen Coaches Jörn Großkopf nichts ändern konnte.
In einer lahmen ersten Halbzeit konnte man sogar den Eindruck haben, seine Jungs hätten gerade ein paar englische Wochen hinter sich. Träge im Spielaufbau und erstaunlich drucklos agierte das Heimteam und erspielte sich über weite Strecken nicht mal eine optische Überlegenheit. Besonders das Fehlen des Regisseurs Davide Pesdroso-Bussu machte sich bemerkbar, welcher Rene Schnitzler aus der ersten Mannschaft weichen musste, der nach seiner Weisheitszahn-OP Spielpraxis erhalten sollte, sich aber kaum am Spiel beteiligte.
Niendorf hatte in diesem ersten Durchgang sogar die besseren Chancen und hätte einmal führen müssen und einmal führen können. Doch bei einer hundertprozentigen Schusschance aus acht Metern zögerte Ole Natusch zu lang (9.) und Kassim Aidaras Kopfball nach einem schönen Freistoß von Edu Avarello von weit links draußen parierte Benedikt Pliquett mit einem feinen Reflex (20.). Die Gastgeber hatten ihrerseits zunächst nur einen abgefälschten 30-Meter-Freistoß von Dennis Theißen zu bieten, doch Andre Tholen machte sich ganz lang und fischte den Ball aus der Ecke (22.). Eine richtig dicke Gelegenheit gab es für sie erst zwei Minuten vor der Pause, doch Schnitzler vergab nach Fehler von Dirk Hellmann kläglich und zog den Ball übers Tor.
Die zweite Halbzeit war dann vor allem eins: besser! Bei den Gastgebern kam kurz nach der Pause Pedroso-Bussu und stieg sofort zum Chef im Ring auf. Er verteilte technisch gut die Bälle, zeigte Körpersprache und entwickelte sofort Zug zum Tor. Allerdings hätte er fast mithelfen müssen, einen Rückstand aufzuholen, denn die Gäste waren wiederum zweimal der Führung nahe. Eine abgerutschte Linksflanke von Jonas Schwenke rutschte fast hinten in den Winkel, doch Pliquett lenkte das Leder ebenso mit den Fingerspitzen über die Latte wie einen coolen Sitzfallrückzieher von Kassim Aidara vom rechten Strafraumeck.
Dann jedoch gab Pedroso-Bussu das Signal zum Angriff, überlief die halbe Gegnerschaft, und legte den Ball von der Grundlinie Dennis Daube auf, welcher einen halben Meter vor dem leeren Kasten stehend – noch leicht behindert von Jonas Schwenke – drüber (!) schoss. Die Gastgeber hatten jetzt ihre beste Phase, wollten die verschlafene erste Hälfte wieder gut machen.Pedroso-Bussu flankte einen Freistoß von der gleichen Stelle Richtung Fünfer wie Avarello 50 Minuten zuvor und am langen Pfosten grätschte Ferdi Günter den Ball Richtung kurzes Eck – wo Tholen gerade noch die Füße zusammen bekam, den Ball dazwischen einklemmte und klärte. Schließlich landete nach einer Daube-Ecke der Ball sechs Minuten später bei Zekiri, doch seinen wunderschönen Scherenschlag Richtung langes Eck lenkte Schwenke geistesgegenwärtig schon seitlich zur Torlinie stehend mit dem Fuß an die Latte und von dort ins Feld zurück.
Alles bereitete sich auf einen Höllenschlussspurt der Kiezkicker vor, da schwächten die Gastgeber sich selbst. Zunächst beging Patrick Njoh ein rüdes Foul an Christoph Pfützenreuter und Dennis Theißen ließ sich in der anschließenden Rudelbildung zu einem Schlag ins Gesicht von Ole Natusch hinreißen. Konsequenz: glatt rot! (77.) Nur vier Minuten später mähte Mathias Hinzmann im Tiefflug einen Gegenspieler samt Linienrichter (!) an der Seitenlinie um, wobei er durchaus auch den Ball spielte. Doch Schiedsrichter Dirk Hamerich zog trotzdem Gelb-Rot und schwuppdiwupp waren die Gastgeber ihre komplette Innenverteidigung los.
Jetzt wurde es richtig dramatisch, denn Niendorf spielte nun ebenso auf Sieg wie die St. Paulianer, die mit neun Mann den offenen Schlagabtausch suchten. Marius Browarczyk scheiterte jedoch mit einem Volleyschuss aus 11 Metern an Tholen (87.) und in der Nachspielzeit tauchte Natusch zwar frei vor Pliquett auf, doch dessen Sensationsreflex sicherte das Unentschieden.
Fazit: Ein gerechtes Ergebnis in einem Spiel, welches sich erst nach einer Stunde steigerte. Die dann gebotene Dramatik entschädigte allerdings für vieles. Niendorf kann mit dem Punkt gut leben, St. Pauli muss dringend an seiner Einstellung gegen die vermeintlich schwächeren Gegner feilen.
Stimmen:
Carrel Segner (Trainer Niendorfer TSV): Es war vielleicht ganz günstig, heute gegen St. Pauli zu spielen. Gleich am Anfang der Rückrunde weiß noch keiner so genau, wo er steht. Mit dem Punkt sind wir natürlich zufrieden. In einer von uns sehr ordentlichen ersten Halbzeit hätten wir sogar in Führung gehen können, besonders durch die Chance von Ole Natusch. Nach dem Wechsel haben wir auch ein bisschen Glück gehabt, dass St. Pauli seine Chancen nicht gemacht und Andre Tholen einiges toll pariert hat. Ich denke, wir haben uns als glücklicher Kämpfer den Punkt heute redlich verdient.
Jörn Großkopf (Trainer FC St. Pauli II): Wir haben in der ersten Halbzeit nichts ins Spiel hinein gefunden und da muss ich meiner Mannschaft den Vorwurf machen, dass sie nicht die letzte Entschlossenheit gezeigt hat. Daran werden wir arbeiten und das werden wir abstellen. In der zweiten Halbzeit waren wir besser, aber da fehlte uns bei unseren Chancen das Quäntchen Glück. Dennoch müssen wir auf dieser zweiten Halbzeit aufbauen. Zu den Platzverweisen ist zu sagen, dass der erste Platzverweis korrekt war. Allerdings hätte der Niendorfer für sein grobes Foulspiel auch rot sehen müssen. Beim zweiten Platzverweis spielt Hinzmann die Kugel, von daher lag es wohl nur daran, dass der Linienrichter mit zu Boden ging. Das war nicht korrekt entschieden. Es lag aber trotzdem nicht am Schiedsrichter, das müssen wir auch klar festhalten.
Sofern nicht anders gekennzeichnet, sind alle Texte, Grafiken, Videos und Fotos Eigentum von www.hafo.de. Anderweitige Verwendung nur mit vorheriger Genehmigung.