05.03.2009 Zwischen Wille und Wirklichkeit von Mirko Schneider
präsentiert:
SC Victoria – FC St. Pauli II 2:1 (1:0)
SC Victoria: Sager – Pomorin, Asante, Bajramovic, Eybächer – Stilz, Trimbon – Melich (89. Ucan), Rahn – Hamurcu, Akgül (80. Erman) FC St. Pauli II: Pliquett – Demirbaga, Hinzmann, Heysen, Pfützenreuter (46. Weilbier) – Browarczyk, Daube (23. Günter) – Laban, Pedroso-Bussu, Sismanoglu (53. Kieckbusch) - Zekiri Tore: 1:0 Melich (9., Vorarbeit Akgül), 1:1 Laban (47., Pedroso Bussu), 2:1 Rahn (49., Akgül) Schiedsrichter: Tarek Khemiri (MSV Hamburg) – benachteiligte die Gäste bei der Vergabe der gelben Karten. Sonst ohne größere Probleme, ausgenommen die Kondition (siehe Spielbericht). Beste Spieler: Akgül, Stilz, Asante – Pedroso-Bussu Zuschauer: 419
Am Montag stutzte der geneigte Kenner der Hamburger Amateurszene. Kolumnist Michael Schickel vermeldete im Sport Mikrofon, St. Pauli II wolle gar nicht aufsteigen. Grund: alle Gelder würden für den Spielbetrieb der Profis gebraucht. Sowohl Obmann Hermann Klauck als auch Trainer Jörn Großkopf dementierten das „Gerücht“ auf der heutigen Pressekonferenz nach dem Spitzenspiel beim SC Victoria und bekundeten den Willen zum Aufstieg. Mit einer Einschränkung: „Wenn wir es sportlich schaffen…“ Und genau da liegt der Hase im Pfeffer. St. Pauli II – das ist längst nicht mehr der vor der Saison hoch gehandelte Topfavorit, an dem sowieso kein Weg vorbei führt. Was das heutige Spiel nur noch einmal unterstrich.
In dieses startete der SC Victoria als das agilere Team und machte gleich seine erste Chance zu Gold. Mathias Hinzmann verlor auf der rechten Abwehrseite ein Kopfballduell gegen Stephan Rahn, welcher somit praktischerweise gleich Sezgin Akgül in den Lauf schickte. Dessen Musterflanke von der linken Eckfahne versenkte Jan Melich am langen Pfosten aus fünf Metern flach ins kurze Eck. Der Meister hatte also gut vorgelegt und die Gäste verloren zu allem Überflüss zehn Minuten später auch noch Dennis Daube, welcher nach einem Foul von Akgül erst minutenlang behandelt wurde und schließlich verletzt ausscheiden musste.
Nach einer knappen halben Stunde versprühten sie dann allerdings auch zum ersten Mal Torgefahr. Felix Sager hatte eine Ecke von Davide Pedroso-Bussu zentral aus dem Sechzehner gefaustet und Marius Browarczyk kurz darauf einen listigen Heber angesetzt – den Sager aber noch übers Tor löffeln konnte. Doch dies sollte nur ein Strohfeuer sein, Vicky blieb besser und gefährlicher, verlor allerdings seine Effektivität im Abschluss. Zunächst übersprintete Akgül gleich mehrere Gegenspieler und nach seiner Flanke hätte Jan Melich das 1:0 von der gleichen Stelle kopieren können, knallte jedoch am langen Pfosten vorbei (34.). Kurz darauf konnte Marc Pomorin wenige Meter vor dem Tor nach einem Stilz-Freistoß nichts mit der Kugel anfangen (39.) und nach einem Spielzug allererster Sahne, wie immer über links, entschied sich Ahmet Hamurcu, den Ball nicht aus fünf Metern mit links ins Tor zu schieben, sondern sich noch einmal um die eigene Achse zu drehen. Trotzdem kam ein guter Schuss mit rechts dabei heraus, aber Benedikt Pliquett parierte glänzend (45+6).
Kurioserweise rächten die Gäste den victorianischen Chancenwucher kurz nach dem Wechsel, ohne groß etwas dafür tun zu müssen. Pedroso-Bussu zirkelte einen Freistoß von halblinks an den Fünfer, wo Sager den Ball nicht kontrollieren konnte und ihn Laban quasi vor die Füße legte, ein Meter vor dem leeren Tor. Das Ergebnis dieser Aktion ist nicht schwer zu erraten. Das half der Elf von Jörn Großkopf aber nicht die Bohne, denn nur 100 Sekunden nach dieser Aktion lagen sie gleich wieder hinten. Akgül war seiner Lieblingsbeschäftigung nachgegangen (allen weglaufen und von links fein flanken), Rahn hatte den Ball als Dropkick erschreckend harmlos aufs Tor gepustet, doch Hinzmann fälschte ab und die Kugel trullerte am verduzten Pliquett vorbei mitten in die Kiste.
St. Pauli II wurde nun etwas besser, blieb aber vorne erschreckend harmlos. Nur ein Freistoß von Pedroso-Bussu, den Tim Heysen daneben köpfte (72.), sorgte noch für Gefahr. Aus dem Spiel heraus gelang, wie in der ersten Halbzeit, nichts Zwingendes Richtung Tor der Ehmlinge. Victoria seinerseits stand hinten prima und vergab einige ganz wenige Konterchancen. Auch die sieben Minuten Nachspielzeit – Schiedsrichter Tarek Khemiri war fünf Minuten vor Schluss mit einem Krampf zu Boden gefallen und musste behandelt werden sowie ein paar Dehnübungen machen – überstanden die Gastgeber schadlos. Festzuhalten bleibt also schon nach der ersten Begegnung dieses Spieltages, dass momentan kein Weg vorbei führt…an Vicky!
Fazit: Mehr Chancen, bessere Spielanlage, bessere Defensivleistung, griffiger in den Zweikämpfen - Vicky gewann absolut verdient. St. Pauli II hingegen wirkt momentan nicht stark genug, um ganz oben mitzuspielen.
Stimmen:
Jörn Großkopf (Trainer FC St. Pauli II): Erst einmal Glückwunsch an Bert Ehm. Ich hatte mir vorgenommen, ihn heute zu schlagen, den alten Fuchs. Das ist mir in meiner jungen Trainerkarriere noch nicht gelungen, aber auch die Zeit wird kommen. Wir haben das Spiel leider verloren, weil wir in der ersten Halbzeit nicht den Biss, die Spritzigkeit, die absolute Bereitschaft gezeigt haben, die nötig gewesen wären. In der zweiten Halbzeit war es besser, aber wir haben wenig Zwingendes Richtung Tor produziert, auch wenn Vicky nur noch einmal aufs Tor geschossen hat. Der Ausfall von Dennis Daube war natürlich für uns auch schwer zu kompensieren. Überhaupt ist es eng bei unserem sehr kleinen Kader, aber das soll keine Entschuldigung sein.
Bert Ehm (Trainer SC Victoria): Wir sind natürlich glücklich über den Sieg. Vor der Saison hatte uns keiner auf dem Zettel. St. Pauli II galt als Top-Favorit und kurz dahinter Bergedorf, doch wir haben angegriffen und stehen oben. Wir wollen da bleiben und weiter angreifen. Die erste Halbzeit heute war glänzend, so wie in Norderstedt. Leider haben wir unsere Chancen nicht gemacht und kassieren dann kurz nach der Halbzeit den Ausgleich. Wir machen dann das 2:1, konnten aber die Bälle vorne nicht mehr so gut fest machen. So hatten wir in der zweiten Halbzeit weniger Chancen, standen aber hinten sehr gut. St. Pauli II hatte ausschließlich Chancen durch Standards. Uns ist die Revanche fürs Hinspiel geglückt und nächsten Mittwoch ist dann Lurup dran.
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