09.03.2009 Rückblick: Der "Wilde Westen" zieht gegen den "Nahen Osten" den Kürzeren von
Sie ist überstanden. Diese Zeit, die sich Winterpause schimpft und einem, genauso wie die Schwester im Sommer, viel zu lange vorkommt, ist nun erstmal vorbei. Es hat bis Anfang März gedauert, bis der geneigte Fußballinteressierte sich wieder am Wochenende bei normalen Hamburger Wetter zu einem Fußballplatz seiner Wahl begeben durfte, um mit seinen Farben zu leiden oder zu jubeln. Dass der erste komplett durchgeführte Spieltag doch nicht so komplett war, lag an den bereits bekannten tragischen Umständen in Norderstedt, als der C-Jugend-Spieler Arlind Berisha tödlich verunglückte. Wer spenden möchte, und sei es ein noch so kleiner Betrag, möge diesen bitte auf folgendes Konto überweisen: Eine Spende für Ali, BLZ: 200 691 11, Ktnr. 4111 2813. Mit gutem Beispiel gingen unter anderem die Niendorfer voran, die die kompletten Zuschauereinnahmen vom Spiel gegen den USC Paloma nahmen, auf 500 Euro aufrundeten und spendeten. Diese Vorkommnisse lassen einen immer wieder erkennen, wie unwichtig eigentlich dieser Sport namens Fußball ist und das es höchstens die wichtigste Nebensache der Welt ist. Die Partie Norderstedt gegen Lurup ist auf den 1. April (19.30 Uhr) terminiert.
Kehren wir zu dem 22. Spieltag dieser Saison zurück. Für manche Vereine begann jetzt endlich das Fußballjahr 2009, für andere war es schon die dritte Partie. Und die jeweilige mitgebrachte Last aus 2008 ist für einige Mannschaften nicht weniger geworden. Da könnte zum Beispiel der SC Egenbüttel angeführt werden. Mit neuem Trainer ausgestattet, Jan Rohde sein Name, soll das Wunder Klassenerhalt realisiert werden. Nicht, dass das schon völlig auszuschließen wäre, aber das letztwöchige Programm mit der Heimpartie gegen Barmbek und der Auswärtshürde beim direkten Konkurrenten VfL 93 wurde nicht gerade so absolviert, dass neue Euphorie entfacht wurde. Gegen BU wurde bei übersichtlichem Niveau zumindest ein Zähler gerettet, beim VfL langte es nicht mal dazu. Die Jungs vom Borgweg gewannen verdient mit 3:1 und verschafften sich ein Polster von sieben Punkten zum Kontrahenten, der mit der freitäglichen Partie zumindest sein Bergfest feiern durfte. Siebzehn Begegnungen hat der SCE nun absolviert, dreizehn Punkte sind auf dem Konto, 26 wären es somit hochgerechnet am Ende der Spielzeit. Das wird nicht reichen, da muss man kein Prophet vom Lande sein. Die 93er konnten sich somit ein wenig freischwimmen. Der wichtigste Termin in diesen Tagen steht jedoch noch aus. Am Mittwoch entscheidet sich höchstwahrscheinlich die weitere Zukunft des Traditionsvereins.
Auch Thomas Bliemeister hatte sich bestimmt einen besseren Einstand bei seinem neuen Verein Halstenbek-Rellingen als Trainer gewünscht. In den Duellen des „Wilden Westens“ mit dem „Nahen Osten“ zogen die Bliemeister Brothers jeweils den Kürzeren. Galt es in der Vorwoche bei Curslack eine 0:2-Niederlage zu verdauen, musste HR gegen die Bergedorfer Elstern eine Last-Minute-Pleite hinnehmen. Deran Toksöz nutzte eine Vorlage von David Berwecke und stellte damit sicher, dass die 85er nicht das einzige Team der „Fab Four“ sein würde, welches an diesem Spieltag nicht gewonnen hätte. Die „Fab Four“ stellen sich übrigens aus den meisterlichen Victorianern, den unbeugsamen Buchholzern und den nimmermüden Meiendorfern zusammen. Zu diesem illustren Kreis darf sich die Zweite des FC St. Pauli zurzeit nicht zählen, wozu aber erst später ein paar Zeilen verloren werden. Noch ein Wort zu HR: Abstiegsgefahr. Und die ist durch die zwei Pleiten wieder größer geworden. Dass mit den Protagonisten Vollmer, Grabow und Dirksen schon mal drei Spieler angekündigt haben, nach dieser Saison nach Rugenbergen zu wechseln, hat bestimmt auch nicht zusätzliche Ruhe verschafft.
Bergedorf ist nun Zweiter und hat seine Pflichtaufgaben mit BU und HR vorschriftsmäßig und mit einer gewissen Beamtengenauigkeit abgearbeitet und zu den Akten gelegt. Ganz oben grüßt eine altbekannte Größe, die im Herbst des letzten Jahres dort kaum noch zu erwarten war. Der SC Victoria, der Meister der beiden letzten Spielzeiten, thront wieder ganz oben. Dies hat die Mannschaft einer Serie von sechs Siegen aus sieben Spielen zu verdanken. Das Anfangsprogramm 2009 war ja nicht gerade besonders leicht. Das 3:1 in Norderstetdt und das 2:1 gegen St. Paulis Zwote lässt jedoch erahnen, dass die „Ehmlinge“ grimmig entschlossen sind, ihren Titel zu verteidigen. Trainer Bert Ehm untertreibt natürlich, wenn er sagt, niemand hätte vor der Saison den SC Victoria auf der Rechnung gehabt, aber Hauptfavorit waren sie wirklich nicht. Und die Aussage, dass am Mittwoch Lurup dran sei, darf durchaus als Drohung verstanden werden. Für die Mannschaft von Jörn Großkopf wird es höchste Zeit, den Schalter umzulegen. Großkopfs Bilanz liest sich mit einem Punkt aus zwei Partien etwas suboptimal und gleichzeitig marschiert die Konkurrenz. Das Gerücht, das die Kiezianer gar nicht aufsteigen wollen, weil der schnöde Mammon bei den Profis angelegt werden soll, bedarf bei den momentanen sportlichen Darbietungen keiner Überprüfung.
Die Meiendorfer haben sich von dem leichten Schock der Heimpleite gegen diese unbeugsamen Buchholzer aus der Vorwoche erholt. Das frühe Tor von Gürel wird die geeignete Medizin gewesen sein, die aber nur knapp eine Halbzeit ihre Wirkung offenbarte. Im zweiten Durchgang lag es eher an den Unzulänglichkeiten der Condoraner Offensive, die es nicht schaffte, die von Lutz Göttling angeklagte Unordnung der Meiendorfer auszunutzen. Condor hingegen muss auch mal wieder die Kurve kriegen. Seit dem 26. Oktober 2008 gab es nur einen Erfolg (3:1 bei HR kurz vor Weihnachten). Hört sich zwar dramatischer an als es in Wirklichkeit ist, weil von zehn möglichen Spielen drei ausfielen, aber der Abstand nach unten schmilzt mehr und mehr dahin.
Hinter dem MSV rangiert die Nordheide, vertreten durch Buchholz. Zwölf Partien, nur eine Niederlage, und die war Anfang November – 2:3 in Norderstedt – als unglücklich zu bewerten. Für viele Mannschaften wird ja der Charaktertest ausgerufen, wenn auswärts relativ überraschend bei einem der Großen gewonnen wurde und eine Woche später ein Kellerkind als Gast seine Visitenkarte abgibt. Die Sünde des Unterschätzens klopft dann gerne unter der Woche an die Tür und bittet um Einlass. Schwupps fehlen dann einige Prozente Aggressivität und Engagement und schon sind wichtige Zähler vom Kellerkind entführt wurden. Passierte allerdings nicht, in der Nordheide blieb die Tür verschlossen. Buchholz hat nämlich seit Anfang der Saison einen Zauberfuß mehr im Repertoire. Trainer Thomas Titze wollte Herrn Gillich vom Absteiger GW Harburg unbedingt, da er wusste, dass so ein kleiner Künstler, auch für die Standardsituationen, enorm wichtig ist und ihm in der Zusammenstellung seiner Mannschaft noch fehlte. Mit seinen zwei Treffern schraubte Gillich seine eigene Quote auf immerhin zehn Tore hoch. Die 08er haben somit den Charaktertest bestanden. Im Gegensatz dazu wird das Licht am Ende des Tunnels für die Reinbeker immer unschärfer und ermattet zusehends. Voran Ohe braucht am kommenden Freitag unbedingt drei Punkte gegen Condor, ansonsten dürfte die Hoffnung langsam schwinden.
Im mittelfeldigsten Mittelfeld dürfen ruhig Komplimente an die Adresse des SC Concordia ausgesprochen werden. Eine ruhige Vorbereitung sieht wahrlich anders aus. Der neue Trainer, wohlgemerkt gerade erst im Amt, soll nicht mehr in der nächsten Saison Trainer sein, der neue Auserwählte sagt erst zu und dann wieder ab. Der Manager gibt seinen Rückzug zum Sommer bekannt. Der Abschied vom Marienthal wurde offenbart. Allein schon diesen Umstand kann man sich kaum vorstellen. Aber in Zeiten, in denen Altona 93 an der Hoheluft spielt, scheint alles möglich. Es ist die Zeit der Entwurzelung. Da bleibt einem Rohrbruch, wodurch das Condor-Spiel ausfiel, nur noch der Platz einer Randnotiz. Und trotzdem gewannen die Concorden nach Halbzeit-Rückstand bei BU. Barmbek holte aus drei Spielen nur einen Punkt. Vorher gab es Anfang Februar gegen Lurup zumindest ein 2:0 zu bejubeln.
Curslack ist von dem „Ibisevic-Effekt“, der die Hoffenheimer in der Bundesliga mehr und mehr einholt, noch nicht betroffen. Ibisevic heißt bei Curslack Spill und führt immer noch die Torschützenliste der Staffel an und fällt wegen eines Kreuzbandrisses noch lange aus. Im Gegensatz zu Hoffenheim hat Spill mit Pichinot derzeit einen würdigen Vertreter - drei Tore in zwei Begegnungen. Er erzielte auch beide Treffer beim 2:2 in Billstedt, bevor er die Ampelkarte sah. Wenn man Condor die Obacht nahelegen möchte, die Abstiegsfrage noch nicht für geklärt zu deklarieren, darf dieses auch für Billstedt gelten. Von den letzten sieben Partien wurde nur eines gewonnen, aber auch nur eines verloren. Die Eichhörnchen-Mentalität hat sich bei Vorwärts breitgemacht.
Angefangen hatten diese Zeilen mit einem Lob auf moralischer und monetärer Ebene an die Niendorfer. Das Sportliche hinkt dagegen deutlich hinterher. Von allen Abstiegskandidaten hat der NTSV die meisten Spiele auf dem Buckel. Das 0:2 auf heimischer Anlage gegen Paloma verschlechterte die Situation. Wer sich das Interview mit Trainer Carrel Segner anschaut, kann eine gewisse Ratlosigkeit aus seinen Worten nicht verneinen. „Ich bin der Letzte, der an seinem Posten klebt. Es geht hier um den Verein und um den Klassenerhalt.“ Gedanken wolle sich Segner machen. Es wäre der achte Trainerwechsel in der Oberliga in dieser Saison.
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