Mehr als 1.000 Zuschauer hatte Jochner Dipner, Spielausschussvorsitzender und (Noch-) Mitpräside des SC Victoria erhofft, 800 das Hamburger Abendblatt erwartet, immerhin wurden es dann nur 84 weniger. Dabei herrschte allerbestes Frühlingswetter, und so mancher im Publikum stellte sich die Frage, ob das die wirklich angemessene Kulisse für das absolute Spitzenspiel der Amateure in einer Stadt mit etwa ein 3/4 Million Einwohnern auf einem Platz in bester zentraler Lage sei. Mit diesem Problem wird man sich nun auch in Bergedorf ernsthaft auseinandersetzten müssen, denn es scheint so, dass nach diesem Abend allein der Meiendorfer SV, der noch beide Spiele gegen die 85er auszutragen hat, die "Elstern" am Gewinn des Meistertitels und damit der Möglichkeit zur Promotion auf den vierten Level hindern kann.
Denn spielerisch präsentieren sie sich am Freitagabend in allerbester Verfassung mit der Folge, dass von den Gelb-Blauen fast nichts zu sehen ist. Allein Felix Sager ist es zu verdanken, dass das Endergebnis schließlich noch einiger Maßen glimpflich ausfällt. So bei einem Freistoß von Matthias Reincke nach 12 Minuten, einem Kopfball von Oliver Leinroth nach Zuspiel von Tibor Nadj aus kürzester Distanz und einem Schuss von Jan Landau in den entfernten Torwinkel mit einer geradezu sensationellen Reaktion. Aber nach genau einer halben Stunde ist auch der "Glückliche" (lat. felix) beim 0:1 machtlos. Ein butterweiches Nadj-Zuspiel von der rechten Seite auf den am langen Pfosten postierten Jan Savelsberg braucht dieser nur noch einzunicken, da Sager der Weg in die Ecke versperrt wird. Auch ein gut platzierter, zuvor ruhender, Ball von Reincke kann ihm nichts antun, und einen solchen von Nadj fischt er gar einarmig aus den Lüften. Was ist mit den Platzherren? Einzig ein Gewaltschuss von Ahmet Hamurcu von der Strafraumgrenze zwingt den Bergedorfer Keeper Mirco Langen nach 20 Minuten zu erhöhter Aufmerksamkeit.
Nach vier Zeigerumdrehungen im zweiten Spielabschnitt aber scheint sich das Blatt zu wenden. Mark Pomorin bedient von der Seitenauslinie Sven Trimborn vorzüglich, der aber knallt aus sieben Metern das Leder full power über das Bergedorfer Gehäuse. Danach ist sie aber schon wieder vorbei die vemutete Wende. Denn nun ist es erneut immer wieder Sager, der im Zentrum des Geschehens steht, einmal allerdings bei einem "Freekick" von Reincke der Pfosten. So muss der Anhang aus "Mountain Village" bis zwei Minuten vor dem timmschen Schlusssignal warten, um den zweiten Treffer der Ihrigen zu bejubeln. Da nämlich ist es Nadj, der es mit Gewalt versucht, zunächst aber am heimischen Goalie nicht vorbeikommt, dann jedoch den Abpraller in den Maschen versenkt.
Wieder einmal hat sich gezeigt, dass die Ehmlinge gegen Spitzenteams nicht viel zu reißen vermögen. In den beiden Meisterjahren profitierten sie aber von Misserfolgen der Konkurrenz gegen die "Kleinen" (siehe Meiendorf bei Grün-Weiss Harburg, was heute noch an der B 75 betrauert wird), die sie, wenn bisweilen zwar mit Fortune, vermeiden konnten. Nur ihre Rivalen sind klüger geworden. Sollte die Nitschke-Elf nun auch am kommenden Fischtag, sprich Karfreitag, auch die Meiendorfer Hürde in deren Gefilden überwinden, wer sollte sie dann noch am Erringen des Championats hindern?
Stimmen:
Manfred Nitschke (Trainer Bergedorf): Der Amateurfußball boomt, wie man heute gesehen hat, und es Reinhard Kuhne (Vizepräsident des HFV) kürzlich hat schreiben lassen. Das hat man heute sehen können. Das war auch ein würdiger Rahmen für die beiden Mannschaften, die im Moment die Tabelle anführen. Das Wetter hat auch mitgespielt. Ich denke auch, dass wir hier ein gutes Spiel abgeliefert haben. Wir hatten eine Vielzahl von guten Möglichkeiten. Allerdings hat mich beunruhigt, dass wir viele nicht genutzt haben. Was aber Felix Sager alles gehalten hat, war schon sensationell. Es hat sich aber auch gezeigt, dass meine Mannschaft den Sieg mehr wollte als unser Gegner. Ich habe noch Ferien und sage mir "Herz, was willst Du noch mehr".
Bert Ehm (Trainer SC Victoria): Nach den launigen Worten meines Kollegen, fällt es mir nicht schwer festzustellen, dass wir in allen Belangen die schlechtere Mannschaft gewesen sind. Angefangen mit der Technik, mit den Kombinationen und der Schnelligkeit. Obwohl ich in der Halbzeitpause versucht habe, noch einmal Alarm zu machen, es klappte heute einfach nichts. Auch wenn wir noch zwei Stunden weiter gespielt hätten, ein Tor hätten wir heute wohl nicht gemacht.
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