90 Jahre ist es her, dass sich die Ligamannschaften der beiden Traditionsclubs ziemlich bald nach Ende des ersten Weltkrieges zum ersten Mal in einem Punktspiel gegenüberstanden. Seitdem haben sie sich in regelmäßigen Abständen immer wieder getroffen, sei es in der Nordkreisliga, der Gau-, Regional-, Ober- oder Verbandsliga. Aus der Sicht des Fußballhistorikers war die heutige 62. Begegnung in der sogenannten Oberliga zwischen "Cordi" und "Vicky", wie sie in Hamburger Amateurkreisen liebevoll genannt werden, also äußerst interessant. Wer hingegen nur etwas für das Hier und Heute übrig hat, könnte der Begegnung zwischen dem Zweiten mit nur geringen Aussichten auf einen weiteren und dritten Titel in Folge und dem Zehnten, dessen Ligazugehörigkeit noch nicht gesichert ist, allerdings weniger abgewinnen, so war zu vermuten. Doch laut Stadionsprecher wollte trotz dieser Fakten eine erkleckliche Zahl von Zuschauern (wo waren sie denn?) diesem Match beiwohnen.
Allein es gab nur wenig Sehenswertes. Stefan Westbrock, für den verletzten Ahmet Hamurcu von Beginn an im Angriff, entpuppte sich wieder einmal als totale Fehlbesetzung bei den Gästen, und seinen Kollegen fehlt es an jeglicher Phantasie. So können die einsatzfreudigen Rot-Schwarzen zunächst jedwede Gefahrensituation vermeiden und haben durch Steffen Harms gar nach einer Viertelstunde die erste bessere Möglichkeit. Doch "Harmsi", der sich langsam dem Alte-Herren-Alter zu nähern scheint, vergibt recht unkontrolliert. Auf der anderen Seite ist es Sebastian Voss, der sechs Minuten später ein Zuspiel von Westbrook auf Sezgin Akgül vor diesem erreicht. Nach gut einer halben Stunde dann doch ein Treffer. Akgül spielt von links eine Hereingabe, doch diese liegt, wie es scheint mit freundlicher Unterstützung von Cordis Sebastian Clausen, höcht unerwartet im Netz. Danach ein Freistoß von Stefan Rahn aus 18 Metern an das Quergestänge sowie ein Kopfball von Timo Möbius nur um Weniges daneben lassen beim Victoria-Anhang Hoffnung auf weitere Treffer aufkommen. Stattdessen aber der Ausgleich. Gleich drei "Einträchtige", Berkan Algan, Matthias Pornhagen und Sebastian Müller, stehen auf dem rechten Flügel einem einzigen hilflosen Gelb-Blauen gegenüber. Müller fasst sich ein Herz und der Gleichstand ist noch vor dem Pausenpfiff geschafft.
Der zweite Spielabschnitt sieht zunächst eine ungewohnte Unsicherheit von Sager bei einem Algan-Schüsschen, einen Rahn in aussichtsreicher Position, wenn auch nicht mehr, und danach einen weiteren Treffer, für den Möbius nach Zuspiel von Roger Stilz sorgt. "Eine absolute Seltenheit" lautet dazu der Kommentar von Coach Bert Ehm. Weniger Glück hat hingegen Jasmin Bajramovic bei seinem Kopfball nach einer Rahn-Ecke. Zehn Minuten vor dem Ende zeigt dann auch Paul Janke mit einem sensationell getretenen Freistoß, dass er heute auf dem Platz steht. Von fünf Metern hinter der Mittellinie erreicht er punktgenau den eingewechselten Haris Tahirovic, der unbedrängt von irgendwelcher Gegnerschaft, den Endstand herstellt.
Trotz des lediglich einen Pünktchens hat der SC Victoria zunächst wieder den Tabellengipfel erklommen, und muss nun abwarten, was die Konkurrenz aus Meiendorf (am Samstag gegen Niendorf) und Bergedorf (gegen Norderstedt am Sonntag) zustande bringt. Auf der Hoheluft darf jedenfalls noch geträumt werden. Concordias weitere Ligazugehörigkeit dürfte mit nunmehr 33 Punkten ziemlich gesichert sein und außerdem lockt noch das Cup-Finale.
Punktspiel-Statistik aus der Sicht des Gastgebers: 62 Spiele – 19 Siege – 19 Remis – 24 Niederlagen – 102:123 Tore
Stimmen:
Bert Ehm (Trainer SC Victoria): Ich bin natürlich enttäuscht, dass wir hier nicht die drei für uns erforderlichen Punkte geholt haben. Vom Spielerischen her haben wir die Partie eigentlich klar beherrscht. Nur konnten wir den zweimaligen Vorsprung nicht behaupten. Meine Mannschaft hat jedenfalls 90 Minuten versucht, zu gewinnen. Aber es sollte nicht sollen sein. Deshalb bin ich mit ihr trotzdem zufrieden. Wir müssen nun mit dem Ergebnis leben und sind bis morgen sogar wieder Tabellenführer.
Andreas Reinke (Trainer SV SC Concordia): So wie das Spiel gelaufen ist, wollen wir uns auch mit dem einen Punkt begnügen. Stark fand ich von meiner Truppe, dass sie nach Rückständen immer wieder gekommen ist. Sie hat niemals aufgesteckt. Sie konnte zwar spielerisch nicht mit Victoria mithalten, doch das ist momentan nicht ihre Aufgabe. Sie soll vielmehr in die Zweikämpfe gehen, als Team auftreten, gegenhalten und die nötigen Punkte sammeln. Das ist ihr vollauf gelungen, und wir behalten den Punkt sehr gerne hier. Bert muss versuchen, die erforderlichen Zähler anderwo zu finden. Ich bin somit vollauf zufrieden.
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