Lohbrügge hat es schon wieder getan. Nach dem glücklichen 3:3 beim Bramfelder SV, welches das heutige Aufstiegsspiel zur Oberliga Hamburg gegen den TSV Uetersen sicherte, schlug man nach selbem Muster noch einmal zu. Keineswegs gut gespielt – aber am Ende triumphiert. Sollte der HSV II die Klasse halten oder der FC St. Pauli II aufsteigen, so ist der VfL Lohbrügge in Hamburgs höchster Spielklasse angekommen. „Dort würden wir bei solchen Spielen aber vermutlich drei, vier Stück kriegen“, sagte Siegtorschütze Patrick Steffens, bevor die Feier so richtig begann. Aber so weit ist es ja noch nicht, also durften die Sektkorken knallen nach einem Spiel, in dem der VfL zeigte, was im Fußball wirklich zählt.
Zunächst zeigten aber beide Teams, wie schwer der Druck dieses Endspiels auf ihnen lastete. Viele Ungenauigkeiten prägten das Bild und so entstand die erste Chance bezeichnenderweise aus einer Standardsituation. Marek Smaga zirkelte einen Freistoß von halbrechts aus gut 25 Metern nur knapp am Gehäuse der Rosenstädter vorbei (15.). Uetersens Möglichkeit durch Mahdi Habibpur nach Pass von Martin Bushaj war gefährlicher, doch der Stürmer schloss sein Solo frei vor dem Tor mit einem Schuss neben dasselbige ab. Dies sollte sich noch ein paar Mal wiederholen. Habibpur machte eigentlich ein ganz gutes Spiel und hatte starke Szenen, so auch in der 30 Minute, als er bei einem Solo von der Mittellinie 40 Meter lang von drei Spielern umringt war und trotzdem zum Abschluss kam. Aber Habibpur vermochte ständig nicht das Entscheidende zu tun: zu treffen. Ebenso wenig übrigens wie Eddy-Morton Enderle bei Uetersens dritter Großchance, wieder nach Zuspiel des ständig die Lücken in Lohbrügges Hintermannschaft erspähenden Bushaj (36.). Lohbrügge zeigte seinen ersten schönen Spielzug mit dem Pausenpfiff, doch Christian Förster blockte Jurij Brauns Abschluss.
Gleich nach dem Wechsel versuchte es Smaga wieder mit einem Pfund aus der Ferne. Der Ball striff um Zentimeter am Winkel vorbei (50). Das überlegene und spielerisch eindeutig stärkere Team blieb dennoch Uetersen, das schließlich vorlegte. Försters Freistoß legte Adam Hamdan am eigenen Fünfer mit der Brust unfreiwillig für Roland Anders auf. Der 36jährige Routinier schob den Ball cool in die Maschen und der Gerechtigkeit war erstmal genüge getan. Habibpur versetzte auf Pass von Brandt nur drei Minuten später Hamdan einen Beinschuss, vergab aber – logisch für sein Spiel heute – frei vor Gorden Wilkens erneut.
Und das bestrafte der VfL. Felix Bültemann gab die Warnung beim hauchdünnen Verpassen eines langen Einwurfs von Daniel Adyin, den alle unterlaufen hatten, Kazim Ayanaoglu stellte das Signal auf Ausgleich. Einen Freistoß des gerade eingewechselten Ricardo Nunes nahmen die Mannschaften zum Anlass, ein wenig Pingpong am Fünfer zu spielen. Nach diversen Irrungen und Wirrungen, hauptsächlich per Kopf, mochte Ayanoglu nicht mehr hinschauen, legte sich quer in die Luft und ballerte den Ball mit Urgewalt aus acht Metern `Tor-des-Monats`-verdächtig unter die Latte.
Nun bekam Lohbrügge Auftrieb und Uetersen begann zu wanken. Torchancen gab es jedoch keine mehr. Bültemann vergab eine gute Konterchance leichtfertig in der 89 Minute und wurde von seinem Trainer Sven Schneppel derbe angegangen, aber dies schien eine Randnotiz in diesem Spiel zu bleiben, welches auf eine Verlängerung hinaus lief. Doch nicht mit Bültemann! Was so ein echter Kerl ist, der nimmt sich die Worte seines Trainers umgehend zu Herzen und macht es besser. So presste er in der Nachspielzeit energisch gegen den bis dahin starken Konstantin Rischuk, der den Ball verlor. Dann spurtete er damit, verfolgt von Rischuk, die Linie runter, schließlich in den Strafraum, Pass in die Mitte, da war Steffens, drin war er. Ganz Lohbrügge war ein einziges Freudenknäuel. Direkt nach dem Tor und eine Minute später schon wieder, denn da war Schluss.
Nicht mehr Torchancen, mehr Spielanteile, mehr Ballbesitz, mehr was auch immer sind eben das letzte Ziel des Spiels, sondern Tore. Schnöde, einfache, simple Tore. Und davon hatten sie eins mehr gemacht. Uetersens Peter Ehlers bewies in der Niederlage sofort Größe, klatschte alle seine Spieler ab und trauerte „mit Konstantin Rischuk. Ausgerechnet er. Er hat so eine tolle Saison gespielt, das ist einfach sehr schade. Aber wir müssen vorher das 2:0 machen, ganz klar.“ Sven Schneppel konnte das alles „noch gar nicht fassen. Wir haben nicht gut gespielt, wenig Druck entwickelt, überhaupt nicht so, wie wir uns das vorgestellt haben.“ Aber: „Wir haben an uns geglaubt, besonders nach dem 1:1. Als wir einen gemacht haben, merkten wir: da geht was.“ Und da machten sie dann gleich konsequenterweise noch eins. Fußball ist eben doch Mathematik.
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