30.07.2009 Vorschau: Das Leben hat wieder einen Sinn von Mirko Schneider
Ende Juni, mitten in der Sommerpause, fuhr mein Hafo-Chef mich von einer Veranstaltung des Hamburger Fußballverbandes nach Hause. Die neue Saison war noch weit weg, noch nicht einmal die Vorbereitungsspiele hatten begonnen. Ich redete über die Qual, ein Buffet lange nur riechen zu dürfen, wollte jedoch auch nicht die Notwendigkeit von ausgiebigen Ehrungen in Frage stellen. Was richtig Wertvolles sagte ich nicht und wenn, dann kann ich mich nicht mehr daran erinnern. Cheffe war da besser. Als er seine Gefühlslage auf den Punkt brachte, empfand ich, dass er den Nerv der Zeit traf: „Neulich saß ich daheim“, sagte er, „und mir war irgendwie langweilig. Es war Sonntag. Ich fragte mich, was ich sonst immer Sonntags mache. Und merkte: Ja stimmt, da ist ja sonst Fußball.“
Das klang einfach echt - und ein wenig wehmütig. Doch solche seufzenden Vokabeln wie „wehmütig“ können nun wieder aus dem sportlichen Wortschatz gestrichen werden, denn es ist soweit: Die Oberliga Hamburg startet an diesem Wochenende in die neue Saison!
Endlich! Endlich sprintet Benjamin Eta samt Ball wieder so athletisch die Außenbahn herunter, dass man glaubt, er wolle sich für die Olympischen Spiele empfehlen. Endlich hält Keeper Marcel Kindler wieder seine liebevoll-lautstarken Ansprachen an seine Abwehr – ganz egal wie es steht. Endlich scharrt Davide Pedroso-Bussu wieder mit den Füßen wie ein Pferd in der Startbox, bevor er zum wuchtigen Freistoßhammer antritt. So viele liebenswerte kleine Besonderheiten werden sie uns erneut bieten, unsere Amateur-Fußball-Helden der Stadt. Ohne sie fehlte einfach etwas zu einer Top-Woche. Doch nun sind sie wieder da und voller Vorfreude blicken wir voraus auf die Spiele, in denen sie am Wochenende gegeneinander antreten:
SV Curslack-Neuengamme vs. FC Bergedorf 85 – Freitag, 19:00 Uhr***
Curslack, Gramkowweg 4, 21039 Hamburg
Curslack wird 90 Jahre alt und feiert das ganze Wochenende durch. Eine Radio Disco Show (Freitag), ein Spiel der Legenden, eine „Blau Weisse Nacht“ (Samstag) und ein Musikzug der Freiwilligen Feuerwehr Neuengamme (Sonntag) sind nur einige der Programmpunkte des Festwochenendes, welches mit Sportplatz, Festzelt und Beachclub gleich drei Orte am Gramkowweg in Beschlag nehmen wird. Die Festlichkeiten würden natürlich doppelt so viel Spaß machen, wenn das Auftaktspiel gewonnen würde. Kein Geringerer als Lokalrivale Bergedorf 85 (nach der Ausgliederung der Fußballabteilung nun „FC“ und nicht mehr „ASV“) läuft in Curslack zum heißen Derby auf – und sieht sich in der ungewohnten Situation, nach dem Verlust einiger tragender Säulen nicht unbedingt als Favorit ins Spiel zu gehen. Zudem gilt es, einigen dieser früheren Säulen gleich im ersten Spiel das Fundament zu entziehen, denn Patrick Papke und Matthias Reincke tragen nun die Curslacker Farben. Diese trägt auch weiterhin Christian Spill, welcher nach einem Flirt mit dem VfB Oldenburg nun doch am Gramkowweg bleibt. Wenigstens die Hälfte des Traumsturms Spill/Pichinot der letzten Saison ist also noch da und gemeinsam mit seinem neuen Sturmpartner gilt es für den letztjährigen Torschützenkönig nun die spannende Frage zu beantworten, ob in einem Jahr alle Experten vom Duo „Spill/Reincke“ schwärmen.
Schiedsrichter: Marcel Barrabas (SC Condor)
SC Condor vs. SV Halstenbek-Rellingen – Sonntag, 10:45 Uhr ***
Berner Heerweg 188, 22159 Hamburg
Die Zeitrechnung nach Matthias Bub hat am Berner Heerweg endgültig begonnen. Nach dem mühsamen Pokalerfolg beim Bezirksligisten Eintracht Lokstedt (2:0), einigen Verletzungssorgen und einer insgesamt durchwachsenen Vorbereitung sind alle gespannt auf den ersten Ligaauftritt der ob des personellen und taktischen Austausches auf einigen Positionen durcheinander gewürfelten „Raubvögel“. Trainer Mike Breitmeier stand schon im Pokal unter genauer Beobachtung, als Lokstedts José Cortez sich sehr freute, dass der Trainer der Condoraner sich am Spielfeldrand habe aufregen müssen. Solche hingebungsvolle Beobachtungsfreude wird Halstenbek-Rellingens Thomas Bliemeister eher fremd sein. Im letzten Jahr steuerte er die Mannschaft letztlich souverän zum Klassenerhalt, diesmal möchte man mit dem Abstiegskampf von Beginn an gleich gar nichts zu tun haben. Helfen soll dabei Antonio Ude, verpflichtet vom FC Elmshorn, den wir herzlich zurück in der Oberliga begrüßen. Bekanntermaßen ist Ude immer für eine Geschichte gut. „Gleich eingeschlagen und Condor abgeschossen“ wäre eine sportlich-erzählerische Variante, gegen die Bliemeister ganz sicher nichts einzuwenden hätte.
Schiedsrichter: Markus von Glischinski (SC Eilbek)
Altona 93 vs. USC Paloma – Sonntag, 14:00 Uhr ***
Griegstraße 62, 22763 Hamburg
Altona 93 kann in dieser Saison nur gewinnen. Der Satz „Die haben alles falsch gemacht, was sie nur falsch machen können“, gehörte in der letzten Saison zum gängigen Gesprächsrepertoire, sprach man über den AFC. So gesehen reicht diese Saison eine gute Handlung aus, um die All-Aussage des letzten Jahres zu sprengen, aber man darf ruhig mehr von Dirk Barthels Jungs erwarten. Das ungeliebte Exil an der Hoheluft wurde verlassen, gespielt wird nun wieder an der Adolf-Jäger-Kampfbahn. Zudem muss man sich nicht mehr mit dem DFB über Schneespiele und sonstige Auflagen streiten und die Neuzugänge machen Hoffnung. Einer davon, Berkan Algan, ist sogar ein verlorener Sohn – und könnte in seiner allseits bekannten Bar Vivo am Ende der Serie die Aufstiegsfeier ausrichten. Der erste Stolperstein auf diesem Weg ist der USC Paloma. Hier regiert momentan das „eigentlich“. Eigentlich möchte man im Mittelfeld mitspielen, am Schluss einstellig werden, das Ganze möglichst auch offensiver als zuletzt. Aber Martin Protzek fällt erneut mit Achillessehnenreizung aus und Alexander Behr zog es plötzlich beruflich nach London. Was man ihm eigentlich auch gönnt, nur steht man nun mit genau zweieinhalb Stürmern da. Thiemo Kieckbusch und Kevin Weidlich, wahlweise noch Oswaldo Carrion Ganona, der aber eher im Mittelfeld eingeplant ist. Eigentlich darf keinem dieser Spieler jetzt was passieren, sonst wird es eng. Und eigentlich ist man in Altona glatter Außenseiter – was Paloma eigentlich ganz gut liegen müsste…
Schiedsrichter: Björn Hinrichs (SV Rödemis)
Niendorfer TSV vs. HSV Barmbek-Uhlenhorst – Sonntag, 15:00 Uhr ***
Sachsenweg 78, 22455 Hamburg
Durch den Heimrechtstausch mit Barmbek-Uhlenhorst kommt Niendorf in den Genuss, mit zwei Heimspielen zu starten. Erst gegen BU, dann gegen Uetersen. Die Vorbereitung lief dufte, die Neuzugänge scheinen allesamt einzuschlagen, die Qualität im Kader ist deutlich erhöht. Alles ist superprima und der Logik halber kann gegen BU nur ein Sieg heraus kommen. Doch Vorsicht, wir sprechen hier von Fußball und insofern muss Niendorf erst beweisen, ob man die Qualität auf den Rasen bringt, wenn es wirklich gilt. Was bei Niendorf nach verheißungsvollen Auftaktgegnern aussieht, präsentiert sich auf der Barmbeker Seite genau anders herum. Zwei Auswärtsspiele zum Start: erst nach Niendorf, dann nach Meiendorf. Es hat schon leichtere Auftaktprogramme gegeben. Und auch bessere Vorbereitungen, bei denen die Fans nicht schon ab und zu (z.B. beim 1:6 gegen Quickborn) die Hände über dem Kopf zusammen schlugen. Doch Vorsicht, wir sprechen hier von Fußball…
Schiedsrichter: Sebastian Born (SV Bergstedt)
SV Lurup vs. Oststeinbeker SV – Sonntag, 15:00
Flurstraße 1, 22549 Hamburg
In Lurup fühlt man sich als Zuschauer viel wohler, seit der neue Stadionsprecher in der Rückrunde beim Einlaufen das Lied „Unser Freund ist aus Leder“ von Sportfreunde Stiller auflegt. Der schöne Song beflügelte den SVL zu einer starken zweiten Serie, oder war es doch, was wahrscheinlicher ist, der neue Trainer Andreas Klobedanz? Dieses Jahr müsste ein Mittelfeldplatz ohne Abstiegszitterei drin sein und gleich im ersten Spiel ist man klarer Favorit, wenn der Oststeinbeker SV zu Gast ist. Die Jungs von Stefan Kohfahl werden sich wahrscheinlich nicht dauerhaft aus dem Abstiegskampf heraushalten können, werden die „Underdog-Rolle“ aber sicher als angenehm empfinden. Beim etablierten SVL erwartet man nicht unbedingt einen Punktgewinn zum Auftakt und genau darin könnte die Chance der Elf liegen – und in ihrer Hammer-Defensive (nur 18 Gegentore letzte Saison), sollte diese sich auch in der Oberliga als wahres Granit für die gegnerischen Torjäger erweisen.
Schiedsrichter: Michael Ehrenfort (TuRa Harksheide)
Wedeler TSV vs. Eintracht Norderstedt – Sonntag, 15:00
Bekstraße 22, 22880 Wedel
Wedels Trainer Peter Nogly hat verspätet auf VfL 93-Manager Jürgen Domzalski gehört und es nicht bereut. Als Nogly damals beim VfL 93 aufhörte, begründete er dies laut Domzalski damit, er wolle mehr Zeit haben fürs Golf spielen. Domzalskis Antwort: „Scheiß Golf. Kannst du auch noch machen, wenn du alt bist.“ Beim VfL 93 konnte er ihn damit nicht halten, nun regiert für Nogly aber wieder der große (Fuß-)Ball und gleich im ersten Jahr stieg er mit Wedel in die Oberliga auf. Und die Liga wartet mit Spannung darauf, wie er sich mit seiner Truppe dort schlagen wird. Zu Gast im ersten Heimspiel ist Eintrachts Norderstedts Jugendabteilung, pardon, Eintracht Norderstedt. Der Verein hat einen bemerkenswerten Schnitt gemacht und 12 A-Jugendliche der Meistermannschaft des letzten Jahres in die Erste Herren hochgezogen. Dieser Schritt verdient alle Anerkennung – und birgt für Trainer Marco Krausz den angenehmen Nebeneffekt, nicht mit dem Druck des Mitfavoriten in die Saison starten zu müssen. Im ersten Pokalspiel gegen den Kreisligisten SC Union 03 zeigte die Jugend gleich, was sie kann. 12:0 hieß es am Ende. Wedel wird man nun sicher nicht zweistellig schlagen, aber drei Punkte zum Start wären ja auch ganz nett.
In Uetersen wechselten sich Traurigkeit und Freude im Sommer in rascher Folge ab. Erst verlor man so unglücklich es irgend ging das Aufstiegsendspiel gegen den VfL Lohbrügge mit 1:2, dann aber profitierte man vom Klassenerhalt der Zweiten des HSV und dem folgenden Aufstieg der zweiten Kiezkicker-Elite. Schwupps findet man sich also doch noch in Hamburgs Oberhaus wieder – und trifft gleich mal auf den SC Victoria. Wie man den dreifachen Hamburger Champion zermürbt, ist an der Alsenstraße noch bestens bekannt. Bert Ehm erzählt heute noch jedem, der es hören will, wie sauer er immer noch ist, im Hamburger-Amateur-Pokal-Viertelfinale in Uetersen im Elfmeterschießen ausgeschieden zu sein, als die Gastgeber laut Ehm „keine Torchance hatten und wir 120 Minuten auf ein Tor spielten.“ Nun, so ganz ohne Torchance wird Wedel „Vicky“ nicht knacken, aber vielleicht nimmt man ihnen per 0:0 einen Punkt ab? Der Meister scheint noch nicht ganz in Form zu sein, hangelte sich beim SV Lieth nach einem zweifachen Rückstand in der ersten Pokalrunde zu einem 3:2 und euphorische Aufsteiger sind sowieso umso gefährlicher. Zu erwarten ist also nicht zwingend ein einseitiges Duell.
Buchholz hat neben dicken Verletzungssorgen im Defensivbereich auch auf dem Rasen bereits den ersten Tiefschlag hinnehmen müssen. Beim TSV Neuland flog man aus dem Pokal (1:2) und kann sich jetzt, wie es so schön und bitter in solchen Fällen heißt, ganz auf die Liga konzentrieren. Dort hat man den Aufsteiger VfL Lohbrügge zur Gast. Trotz der Ausfälle gilt Buchholz ob der bekannten Heimstärke als klarer Favorit, doch Obacht: der VfL Lohbrügge zeigte sich in der Endphase der letzten Saison beim 3:3 in Bramfeld und beim 2:1 gegen Uetersen gnadenlos effektiv. Viele taten die in diesen entscheidenden Begegnungen spielerisch schwachen, aber am Schluss effektiven Leistungen als „sehr glücklich“ ab und meinten, so was klappt in der Oberliga nicht 34 Spieltage. Aber vielleicht in Buchholz?
Schiedsrichter: Jan Hittig (SC Poppenbüttel)
Das Spiel SC Concordia gegen den Meiendorfer SV wurde wegen des DFB-Pokal-Erstrundenspiels der Gastgeber auf den 18.08. verlegt:
SC Concordia vs. TuS Koblenz – Sonntag, 14:30 Uhr
Lokstedter Steindamm 87, 22529 Hamburg
Die Zeit des Jammerns ist vorbei. Bei allem Mitgefühl für den SC Concordia, der nicht die Bayern, die Kölner, die Mönchengladbacher und schlichtweg überhaupt keinen großen Namen in der ersten Runde des DFB-Pokals empfängt – es gilt nun trotzdem. Wäre doch etwas blöd, wenn man sich so sehr über das dumme, dumme Los TuS Koblenz aufgeregt hat, um dann vorgeführt zu werden. Die Chance auf eine Überraschung hat Concordia aber allemal, zumal der drei Klassen höher kickende Gegner ob finanzieller Schwierigkeiten fast sein komplettes Personal austauschen musste. Und nach einem dramatischen 24:23 im Elfmeterschießen, bei dem Thomas Reiher den entscheidenden Elfmeter per Hacke in den Winkel bugsiert, ist die Chance auch größer, im Lostopf in Runde 2 einen richtig fetten Brocken abzugreifen. Also Forza, Concordia!
Schiedsrichter: noch offen
Hinweisen möchten wir ebenfalls auf das Schlagerspiel der Landesliga Hansa:
SC Vorwärts/Wacker 04 Billstedt vs. Hamm United FC – Sonntag, 15:00 Uhr***
Öjendorfer Weg 78, 22119 Hamburg
Letztes Jahr trennten beide Teams noch zwei Klassen, nun werden die Gäste im Match der Derby-Duellanten sogar leicht favorisiert. Der Durchmarsch von Hamm United in die Oberliga gilt nicht wenigen Beobachtern als ausgemacht, wenngleich der Klub offiziell einen einstelligen Tabellenplatz als Saisonziel ausgegeben hat. Bei Oberliga-Hamburg-Absteiger Billstedt ist man da forscher. Dieses Jahr will man mindestens oben mitspielen und möglichst aufsteigen, nächstes Jahr soll es spätestens wieder hoch gehen. Die Wunden der schlimmen Rückrunde der letzten Saison sollten nun verheilt sein und das kompetente und symphatische Trainerduo Schäfke/Heeschen hat damit begonnen, ein neues Team zu formen. Einen dickeren Brocken konnte man dieser Elf allerdings zum Start kaum vorsetzen. Was das konkret bedeutet, zeigt sich dann am Sonntag.
Schiedsrichter: Thomas Kruse (TuS Hamburg)
*** = den geneigten Leser erwartet ein Hafo-Bericht
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