SC Vorwärts/Wacker: Kruschewski – Dülsen (80. Meier), Bollweg, Liebermann, Kopec (81. Demirel) – Zwiewka, Kreutzer, Iwosa, Reichenbach (66. Sulinski) – Demirci, Bogunovic Einigkeit Wilhelmsburg: Ö. – Köffner, Hanke, Partenheimer, Rupprecht (19. Sadozai) – Yilmaz (55. Knezevic) – Ehler (66. Eröksüz), Gerdan, Zöllner – Korkusuz, Ampomah Tore: 1:0 Reichenbach (38., Vorarbeit Iwosa), 2:0 Iwosa (64., direkter Freistoß), 2:1 Zöllner (79., Gerdan) Schiedsrichter: Dühring (SC Schwarzenbek) – hatte eine knifflige Elfmeterentscheidung zu treffen und lag wohl richtig (8.). Machte insgesamt eine gute Partie. Beste Spieler: Liebermann, Bollweg, Reichenbach, Kreutzer – keiner Zuschauer: 250
Mit dem Mittelmaß ist das so eine Sache. Kaum jemand möchte gern durchschnittlich sein. Komplimente wie „Du stichst aus der Masse überhaupt nicht hervor. Prima!“ oder „Ich finde es wahnsinnig schön, dass du dich so oft wie der typische Durchschnittsbürger verhälst“ findet man eher selten in der kommunikativen Arena der Bundesrepublik Deutschland. Laut Thorsten Bettin, seines Zeichens Trainer von Einigkeit Wilhelmsburg, war dafür heute ganz viel glückliches Mittelmaß in Billstedt zu finden. „Das war heute das Spiel zweier mittelmäßiger Mannschaften und die glücklichere von beiden hat gewonnen“, gab er nach der Begegnung zu Protokoll. Billstedt hatte also laut Bettin den Weg des Mittelmäßigen zum Glück gefunden, was für eine Mannschaft, die sich noch in der Entwicklung befindet, ja durchaus ein Lob sein kann. Alleine der Trainer der Gäste unter- und übertrieb zugleich. Denn seine Mannschaft bot eine schlechte Leistung, von der Bettin denn auch, wenngleich mit erwähnter anderer Prämisse, „sehr enttäuscht“ war. Billstedt hingegen bot eine gute Leistung und rechtfertigte auf dem Platz die Worte von Co-Trainer Andreas Heeschen nach dem Abpfiff, welcher zu Bettins Spielanalyse schmunzelnd zu Protokoll gab: „Ich habe hier 8:3-Chancen für uns stehen, sehe das also anders. Aber reden wir doch von uns…“
Ein guter Vorschlag, reden wir zunächst vom Spiel der Billstedter, denn Einigkeit Wilhelmsburg verzeichnete in der ersten Halbzeit genau null Torchancen. Die Bettin-Elf hätte bei einem Halten von Damian Kopec gegen Isaac Ampomah, welches weit vor dem Strafraum begann und sich bis in diesen hinein fortsetzte, zwar einen Elfmeter bekommen können, doch Schiedsrichter Paul Dührung wartete offensichtlich die Vorteilsregel ab und ahndete den Beginn des Foulspiels. Der fällige Freistoß brachte nichts ein, was zunächst ebenfalls für die Chancen der Wacker-Jungs galt. Yannic Reichenbach verpasste eine Eingabe von Kopec knapp (16.), ein gutes Solo des quirligen Hakan Demirci wurde von Einigkeits Keeper gestoppt (17.) und zwei Standards von Dennis Kreutzer (27., 33.) beschworen zusätzliche Gefahr herauf, ohne dass er hinter sich greifen musste.
Sieben Minuten vor der Pause musste er dies denn doch, allerdings erst nachdem er wie alle seine Mitspieler gestaunt hatte. Billstedt hatte zack-zack-zack drei Flachpässe aus dem Fuß gezaubert und Reichenbach regelkonform zwei Meter vor dem Tor frei gespielt. Es war ihm eine Freude, zum verdienten 1:0 einzulochen.
In Hälfte zwei änderte sich nicht viel. Einigkeit zeigte sich harmlos und hätte längst 0:2, unter anderem durch Reichenbachs abgefälschten Schuss an den Außenpfosten (54.), hinten liegen müssen, bevor Ampomah auf Flanke von Felix Köffner zu einer Chance kam, ohne den Ball kontrolliert Richtung Tor spitzeln zu können (56.). Statt zu spitzeln, streichelte ein Billstedter das Leder auf der anderen Seite. Piotr Iwosas Freistoß von halbrechts war einer dieser klassischen auf das lange Eck gezirkelten Dinger, die den Torwart blöd aussehen lassen, wenn keiner mehr den Ball berührt. Geruhsam flog die mit Effet versehene Kugel also ins Netz und das Ding schien gelaufen. Billstedt begann, ein bisschen für die Galerie zu spielen und man konnte sich ganz auf die Spekulationen darüber konzentrieren, warum Matthias Juckel heute nicht dabei war. Er hat einen Kieferbruch erlitten und fällt lange aus, so viel ist sicher. Über die Gründe, die privater Natur sein sollen, wollte der Verein nichts preisgeben. Konsequenzen gebe es aber keine, Ärger gab es wohl vor dem Kieferbruch ein bisschen, wie immer der auch zustande kam. Dabei war allerdings niemand, daher könne man auch nicht so richtig was dazu sagen.
Wie das halt so ist, wenn der Verein nichts sagt und ein wichtiger Spieler fehlt, spekulierten die Zuschauer munter drauflos und jeder brachte so seine Variante und man hört als argloser Journalist natürlich gerne zu…und schwuppdiwupp stand es 2:1. Billstedt hatte den Ball im Mittelfeld verdaddelt und sich auskontern lassen. Der in Halbzeit zwei etwas bessere Erhan Gerdan hatte doch glatt Dennis Zöllner eingesetzt, der locker zum Anschlusstreffer vollendet hatte.
Viel mehr geschah nicht, bis auf den wunderbaren Dialog zwischen einem Freund des Torschützen und diesem an der Mittellinie zwei Minuten nach dem Treffer. „Noch 10 Minuten. Mach noch einen“, rief er ihm zu und erntete ein Nicken. Das spornte an und so schlug der Freund vor: „Und wenn du ihn gemacht hast, kommst du hier rüber gelaufen zu mir.“ Zöllner grinste sich eins und nickte, ohne noch einen Treffer zu vollbringen.
So blieb es beim 2:1 in einer insgesamt recht ansehnlichen Partie. Beide Mannschaften bleiben mit diesem Ergebnis im oberen Drittel der Tabelle. Nix mit Mittelmaß. Wir streben doch alle nach den Sternen…
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