12.09.2009 Ein Nachmittag mit einem "Verrückten" von Mirko Schneider
SV Curslack-Neuengamme – USC Paloma 3:2 (1:0)
SV Curslack-Neuengamme: Schönsee – Blättermann, Schmidt, Figge, Sander – Khalili (90+2. Zöpfgen), Többen, Theetz, Kock (90+3. Andrade) – Spill, Reincke (89. Höricke) USC Paloma: Dröge – K. Aidara, Schmitz, Francke, Osinski – Gregori, Hamurcu (54. Kwame), Richter (46. Savelsberg) – Weidlich, Kieckbusch (71. Gottschalk), M. Aidara Tore: 1:0 Spill (34., Vorarbeit Reincke), 2:0 Spill (58., Kock), 2:1 K. Aidara (63., Kwame), 3:1 Spill (76., Többen), 3:2 Weidlich (78., Gottschalk) Schiedsrichter: Kruse (TuS Hamburg) – hätte in der hektischen Schlussphase einige Karten mehr verteilen müssen. Pfiff mitten in einer Diskussion das Spiel ab, was immer einen negativen Nachgeschmack hat. Bot abgesehen davon eine äußerst souveräne Leistung. Beide Reklamationen von Paloma bei den ersten beiden Toren der Gastgeber (Aus, Abseits) waren aus unserer Sicht nicht endgültig zu entscheiden Beste Spieler: Spill, Schmidt, Figge – K. Aidara, Weidlich Zuschauer: 175
Es war eine gute halbe Stunde gespielt, als der Curslack-Unkundige Zuschauer glauben musste, Christian Spill sei niemals so gut, wie seit langer Zeit allenthalben zu lesen ist. Fast jeder Ball versprang der Nummer 9 der Gastgeber und seine Zweikämpfe gingen samt und sonders an den Gegner. Einen Gegner, der von Beginn an mit einem mutigen 4-3-3 die Spielkontrolle an sich riss und gefällig nach vorne kombinierte, ohne dabei nur ansatzweise Torgefahr zu erzeugen. Die einzige echte Chance hatte Marcel Schmidt nach Ecke von Matthias Reincke für Curslack neben das Tor geköpft (10.). Und nun lief Spill alleine auf das Tor zu, mit reichlich Zeit zum Überlegen ausgestattet – und vergab die Riesenmöglichkeit ängstlich wie ein Schuljunge. Er überlegte sogar so lange, dass Przemyslaw Osinski noch herbei eilen und ihn blocken konnte (32.).
Wo liegt der Haken in diesem ersten Absatz? Genau. Geschrieben wird dort über die Ansicht eines Curslack-Unkundigen Zuschauers. Wer Christian Spill jedoch öfter gesehen hat, der weiß: Dieser Junge kann aus dem Nichts explodieren und die unmöglichsten Tore machen. Je weniger Zeit ihm hierbei zum Überlegen zur Verfügung gestellt wird, umso genialer ist er. So kam es auch diesmal. Nur zwei Minuten nach der vergebenen Top-Möglichkeit wurde der letztjährige Torschützenkönig erneut von Reincke gesucht. Dessen Flanke wurde durch einen Palomaten abgefälscht und der Ball tickte am linken Fünfereck auf. Seitlich dazu stand Spill. Was ist jetzt das Logischste, was zu tun ist? Richtig! Ein Heber per Seitfallzieher in den gegenüberliegenden Winkel. 1:0 für Curslack – der Wahnsinn hatte ein erstes Mal zugeschlagen.
Paloma reagierte darauf genau genommen gar nicht. Die Mannschaft blieb weiter überlegen und erfreute sich an spielerisch gefälligen Ballstafetten. Mal gefährlich aufs Tor zu schießen kam ihr nicht in den Sinn. So wurde es bald wieder Zeit für Spills ganz persönliche Logik. Eine durchaus schwer zu nehmende Flanke von Christopher Kock aus fünf Metern verwertete er nicht (53.), doch aus exakt der gleichen Distanz glückte ihm fünf Minuten später Wahnsinn Nummer zwei. Eine abgewehrte Ecke von Reincke spielte Kock gegen die aufrückende Abwehr an den Fünfer, wo Spill enorm abseitsverdächtig lauerte. Die Fahne blieb unten – und eine Mischung aus Fallrück- und Seitfallzieher landete zum zweiten Mal im Tor der sich mächtig aufregenden Gäste. Spill hingegen bekam von einem Fan eine Bezeichnung über den Platz gebrüllt, die wohl als Adelstitel gelten sollte: „Du Verrückter!“
Die Gäste nahmen aus diesen Geschehnissen wenigstens den Lerneffekt mit, dass das Ziel zu punkten sich ohne Torschuss schwer verwirklichen lässt. Kassim Aidara hielt also vom rechten Sechzehnereck einfach mal drauf und wieder landete der Ball im langen Winkel. Torsten Schönsee stand zwar dort, zeigte aber trotzdem kaum eine Reaktion. Dies schien bald wieder egal zu sein, denn Spill hatte noch nicht genug der Verrücktheiten gezeigt. Einen Pass von Philipp Többen spitzelte er an Frank Dröge vorbei. Viel zu schnell rollte die Kugel Richtung Sandkiste an der Außenlinie. Als sie Letztere fast erreichte war Spill da und schob das Ding aus unmöglichem Winkel in die Maschen. Selbiges – nur aus bester Position und per Kopf – tat jedoch zwei Minuten später Kevin Weidlich nach einer Ecke von Marcel Gottschalk. Er war am Fünfer einfach allein gelassen worden.
Nun begann eine hektische Schlussphase, in welcher Reincke (80.) und Többen (83.) die Vorentscheidung vergaben. Danach dominierten ein paar Rudelbildungen die Szenerie und die letzten vier Minuten bekam Trainer Torsten Henke durch drei Auswechslungen rum. Gästecoach Frank Hüllmann sprach hinterher von einem „vernünftigen Spiel seiner Mannschaft“ und der „richtig guten Truppe“, die man beisammen habe, bemängelte aber korrekterweise die „fehlende Konsequenz vor dem Tor.“ Torsten Henke sagte, er habe die Mannschaft vor dem Spiel auf die vielen Torchancen hingewiesen, „die der USC Paloma gegen Lurup hatte. Ich habe gesagt, dass es sehr schwer für uns wird, denn Paloma hätte da locker 7:1 oder 8:1 gewinnen können.“
Das könnte Curslack bald auch schaffen, wenn Spill zu den `Unversenkbaren` auch noch die `Kinderleichten` reinmacht. Hoffnung besteht, denn er meinte „normalerweise sind die Einfachen auch meine Dinger.“ Werden wir genau beobachten. Aber bitte nicht auf Kosten der Jahrhunderttore. Bleib so verrückt, wie Du bist, Junge!
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