Nimmt man es ganz genau, so begann die Begegnung zwischen Curslack und Altona schon weit vor dem heutigen Anpfiff um 15 Uhr. Schließlich wäre der Fußball nichts ohne seine Fans und die ersten Getreuen der Gäste fanden sich bereits gestern in den späten Abendstunden in Curslack ein. Man enterte einen kleinen Grasflecken hinter der Gegengeraden, zeltete, grillte, trank Bier – und freute sich darauf, am nächsten Tag seine Mannschaft anzufeuern. So staunten die ersten Curslacker Verantwortlichen, die heute bereits gegen 11 Uhr zum Platz kamen, um Vorbereitungen für die Partie zu treffen, nicht schlecht, nahmen das Szenario aber gelassen hin. Amateur-Original Behrend Schulz brachte die Haltung des Heimvereins mit „Die waren die ganze Nacht leise, also haben sie auch keinen gestört“ auf den Punkt, was künftige Curslacker Gäste vermutlich trotzdem nicht als Camping-Freibrief verstehen sollen. Gewohnt lautstark machten sich die zeltenden und nicht-zeltenden AFC-ler dann auch während des Spiels bemerkbar und so musste sich nun nur noch die Mannschaft mit einem guten Spiel anpassen.
Sie tat es. Die Symbiose zwischen Gästefans und Mannschaft funktionierte von Beginn an. Gleich in der zweiten Minute scheiterte Harry Jurkschat am glänzend reagierenden Torsten Schönsee und gab das Signal, das Spiel gleich in die Hand zu nehmen. Dies tat der AFC, hätte jedoch bei einer dicken Doppelchance der konternden Curslacker in Rückstand geraten können. Matthias Reincke flankte in die Mitte, wo Christian Spill per Kopf und Marco Theetz per Fuß an Oliver Hinz scheiterten. Erfolgreich war dafür Jurkschat in seinem zweiten Versuch. Patrick Smereka setzte sich nach einer schönen Kombination über die heute extrem wackelige linke Curslacker Defensivseite durch und bediente Jurkschat, welcher in der Mitte ohne Mühe einnetzte.
In der Folge spielte der AFC „Schiffe versenken für Arme“ auf dem Platz. Konsequent liefen Algan (26.), Becken (29.) und Jurkschat (32.) bei ihren Möglichkeiten auf Grund. So was rächt sich nicht nur ab und zu im Fußball und so kam Curslack mit der zweiten Chance zum seltsamen Ausgleich. Spill warf einen Einwurf schlecht in Richtung Jan Savelsberg, welcher über seine eigenen Beine stolperte und sich auf den Hosenboden setzte. Reincke, der eigentliche Adressat, nahm sich die Kugel, umkurvte Hinz und schob ein. Danach lief er auf Smereka zu, mit dem er sich ein kleines Foul-Privatduell geliefert hatte und geigte diesem erstmal die Meinung. Die Gelbe Karte dafür nahm er in Kauf und es folgte ein freundschaftlicher Handschlag.
Nach dem Wechsel hatte ihm Smereka dies aber immer noch nicht vergessen, denn der bis dahin gute „17er“ des AFC wurde nun überragend, machte mit Julian Sander, was er wollte. So gelang ihm eine erneute Flanke aus dem Rücken der Abwehr und Becken vollendete in der Mitte per Kopf, alleingelassen von Matthias Figge und Marcel Schmidt. Altonas Fans zeigten Humor und stießen eine ganze Minute lang, während das Spiel längst schon wieder lief, „Jaaa“ und „Hurra“-Schreie aus. Wohl in Vorahnung dessen, was da kommen würde. Der AFC gab das Spiel nicht mehr aus der Hand und die Kombination Smereka-Jurkschat erlebte ihr zweites Highlight, als Ersterer auf den Kopf des Letzteren flankte und dieser cool ins lange Eck verlängerte. Zwei Minuten vor dem Ende machten Onur Bektas und Mustafa Hadid mit einer Co-Produktion der Eingewechselten das Ding richtig rund und durften sich auch eine große Ladung „Ja-Hurra“ abholen.
Curslacks Trainer Torsten Henke sprach zwar nach der Begegnung davon, „es sei keine Schande gegen Altona 93 zu verlieren, auch in dieser Höhe nicht“, womit er an diesem Tage sicher recht hatte. Dennoch bleibt die Abwehr sein Sorgenkind. Nur Uetersen hat jetzt mehr Tore kassiert als seine Elf. Altonas Thomas Seeliger hingegen konnte strahlend verkünden, „dass dieser Sieg voll in Ordnung geht und es da keine zwei Meinungen geben kann.“ Sogar Jan Savelsberg bekam Streicheleinheiten: „Ich bin ihm nicht böse. Vielmehr ärgern mich die vielen vergebenen Chancen in der ersten Hälfte.“
Und Altonas Fans? Sie verließen nach dem Spiel das Stadion. Alle. Spiel vorbei. Zelten vorbei. Drei Punkte im Sack. Ein perfektes Wochenende.
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