05.10.2009 Rückblick: Legenden werden sich bilden, Lieder werden gesungen von
Was für ein Tag in der Hamburger Geschichte – der 3. Oktober! Na gut, manche werden meinen, der Tag der Deutschen Einheit wurde im Saarland gefeiert und so richtig würde das ja einen auch nichts angehen (was nicht stimmt), aber die Einheit der beiden deutschen Staaten vor neunzehn Jahren ist auch gar nicht gemeint. Nein, der SC Victoria hat mal wieder ein Punktspiel der Oberliga Hamburg nicht gewonnen. Einfach so nur Unentschieden gespielt. Dafür gibt es nur einen Punkt. Das muss an dieser Stelle mal gesagt werden, denn die Victorianer kennen diese Art der Punktevergabe nicht mehr. Immerhin gewannen sie vorher fünfzehn Mal am Stück. Also, Herrn Nils Roschlaub muss ein Denkmal gebaut werden. Als Anführer einer tüchtigen Mannschaft zwang er den übermächtigen Gegner fast in die Knie. Trainer Lutz Göttling war so sehr von Glückshormonen aufgrund des späten Ausgleichs beseelt, dass er von einem Sieg sprach. Er wurde jedoch darauf hingewiesen, dass es doch „nur“ ein Remis war. Eigentlich hätte es dieser Korrektur nicht bedurft. Eine Punkteteilung mit Victoria muss derzeit als Sieg angesehen werden. Vor allem für eine Meiendorfer Mannschaft, die in den letzten zwei Wochen drei Niederlagen sammelte als wäre es morgen verboten. Von diesem historischen Sonnabend werden die Anwesenden noch ihren Enkelkindern erzählen, Legenden werden sich bilden, Sagen geschrieben, Lieder gesungen und Mysterien werden geboren. „Damals holte der MSV einen Zähler gegen die Übermächtigen, die Galaktischen des Hamburger Fußballs, den SC Victoria. Ich war dabei, ich sah ihn, den Roschlaub Nils. Er wehrte sich gegen die Vorherrschaft. Ach, würde es nur mehr von seiner Sorte geben.“
Dass Victorias Trainer Bert Ehm auf der Pressekonferenz nur zu einem Satz kam, dürfte vielleicht so manchen Anwesenden gefreut haben. Aber die feine Meiendorfer Art, die englische sowieso nicht, war das nicht. Schon Bergedorfs Coach Manfred Nitschke durfte sich vor kurzem nicht artikulieren, wie er es gerne getan hätte. Meinungsfreiheit sollte auch auf Meiendorfer Pressekonferenzen gelten, ansonsten setzen sich die Gästetrainer da wohl nicht mehr hin. Guten Kaffee gibt es auch woanders.
So, bei Victoria ist ja nun die Krise ausgebrochen. Die haben seit über einem Monat kein Auswärtsspiel mehr gewonnen. Okay, sie hatten auch vier Heimpartien in Folge und beim MSV darf man 1:1 spielen, aber wir wollen an dieser Stelle endlich künstlich Spannung erzeugen. Denn die 93er aus Altona scheinen ins Rollen zu kommen. Gegen Wedel wurde der dritte Dreier nach den Siegen gegen Lurup (6:0) und in Curslack (4:1) mit einem 3:0 eingefahren. Wedel war mit dem Ergebnis noch gut bedient, hätte in der Schlussphase mit zwei Mann weniger deutlich höher unter die Räder kommen können. Der AFC ist nur noch acht Punkte hinter Victoria. Sollten die Seeliger-Schützlinge beide Begegnungen mit dem Meister für sich entscheiden, dann sind es nur noch zwei. Und zwei Punkte Rückstand ist eigentlich nichts, nur ein Sieg, mehr nicht. Wir befinden uns also mitten in einem der spannendsten Zweikämpfe der jüngsten Geschichte – also in dieser Saison wohlgemerkt. Bezüglich Wedel gehen dem Schreiber die Zeilen von Detlef Kebbe nicht aus dem Kopf. Wedel würde nichts mit den Abstiegsrängen zu tun haben. Vielleicht, hoffentlich wird sich das aus Wedels Sicht auch bewahrheiten, doch zurzeit stehen die Wedel auf Platz sechzehn – einem Abstiegsrang.
Sie waren beide die Überraschungsteams der letzten Saison. Keiner hätte es wohl für möglich gehalten, dass die Buchholzer und die Curslacker die Etablierten damals so sehr ärgern würden. Die Vorzeichen hatten sich in der öffentlichen Wahrnehmung vor dem Anpfiff 09/10 jedoch verändert. Zwar verloren die Curslacker mit Nils Pichinot einen ihrer beiden Super-Stürmer, aber mit Matthias Reincke kam adäquater Ersatz. Zudem wurde der Kader qualitativ in der Breite verstärkt. Es gab nicht wenige, die CN eine Außenseiterchance gaben. Buchholz hingegen wurde eine weitere starke Saison kaum zugetraut. Die Verletzungssorgen, die dazu kamen, förderten diese Meinungen. Am zehnten Spieltag trafen die Kronprinzen der letzten Serie aufeinander, beide punktgleich. Am Ende sprach Curslacks Marco Theetz, der erst in der zweiten Halbzeit eingewechselt wurde, nach dem Schlusspfiff davon, dass es wie eine Beerdigung gewesen sei. Nach langweiliger erster Hälfte - es passte die ersten beiden Liedzeilen von Christina Stürmers Hit „Ich lebe“: „Du bist die Qual, ich war schon immer Masochist“ – drehten die Buchholzer auf und Curslack löste sich halbwegs auf. Bis auf ein paar derbe Fouls kam nichts mehr von den Gästen. Beide Angreifer waren total abgemeldet. Trainer Torsten Henke stellte sich den kritischen Fragen. Mit den vierzehn Punkten vor dem Spiel war er zufrieden, mit den vierzehn Punkten nach dem Spiel wohl nicht mehr. Totale Enttäuschung würde bei ihm wegen der zweiten Hälfte vorherrschen. Und erstmal müsse man an die vierzig Zähler denken, um den Klassenerhalt zu schaffen. Wer die beiden Vorstellungen gegen Altona und Buchholz gesehen hat, dürfte ihn wegen seiner Aussagen nicht mehr belächeln.
Belächeln dürfte auch niemand die Situation des SV Lurup. War schon der Vortrag gegen Buchholz von ungemeiner Ungefährlichkeit geprägt, so war die Darbietung beim SC Concordia keinen Deut besser. Nur mit dem Unterschied behaftet, dass die Concorden den Lurupern nicht den Gefallen taten, keine Tore zu schießen. Das hatten nämlich die Buchholzer damals vergessen. Der SV hat nun ein wirklich richtungsweisendes Spiel gegen Barmbek-Uhlenhorst auf eigenem Gelände vor der Brust. Der SC wurde dieses Mal nicht seinem Ruf gerecht, schwächelnden Gegnern mit einer Drei-Punkte-Spritze helfen zu wollen. BU und Uetersen hatten schon profitiert, Lurup durfte nicht. Cordi war insofern wieder für eine Überraschung gut.
Die schon angesprochenen Barmbeker befinden sich ein ganz kleines bisschen im Aufwind. Ein Sieg bei Concordia, ein Remis bei Condor und nun ein 3:2 gegen Uetersen. Nur beinahe hätten sich die „Piepers“ um ihren gerechten Lohn gebracht. BU dachte, dass ein Spiel nur siebzig Minuten dauert und hörte auf einmal auf. Mausetote TSVer wachten aus ihrem Winterschlaf auf und kamen nach einem 0:3-Rückstand auf ein Tor heran. Ein Unentschieden wäre des Guten wohl zuviel gewesen. So bleibt Uetersen das Kellerkind schlechthin und BU hat den Anschluss an die Ränge sechs bis vierzehn geschafft.
Die Bergedorfer weisen wie die Barmbeker elf Zähler auf, besitzen nur das bessere Torverhältnis. Aber auch die 85er haben sich anscheinend eine kleine Serie vorgenommen. Zwei Siege und nun wurde auswärts bei bis dato sehr heimstarken Palomaten ein 2:2 entführt. Die zweimalige Führung durch die „Elstern“ Leinroth (19.) und Pfahl (31.) wurde in einer turbulenten ersten Hälfte jeweils durch die „Tauben“ Gregori (22.) und Kieckbusch (44.) wieder egalisiert. Auf weitere Spitzfindigkeiten bezüglich der Vogelkunde wird an dieser Stelle verzichtet. Es bleibt festzuhalten, dass Bergedorf sich langsam stabilisiert und Paloma an der Brucknerstraße schwer zu knacken ist.
Es war die 90. Minute am zweiten Spieltag. Eine lange Flanke nahm Tamer Dönmez auf und beförderte sie am 9. August zum 2:1-Endstand gegen den Aufsteiger aus Uetersen ins Netz. Es war der letzte Heimsieg der Niendorfer gewesen. Knappe zwei Monate später ging diese Serie endlich zu Ende. Opfer waren die Condoraner, die zwar mithielten, den am Ende verdienten 3:1-Sieg allerdings nicht verhindern konnten. Und so wird zumindest in einem Zimmer der Wohngemeinschaft Geist-Natusch in diesen Tagen gejubelt werden. In den Räumlichkeiten von Jan Geist (Lurup) wohl eher weniger, Ole "Kolben" Natusch traf hingegen zum 3:1 und konnte in der internen WG-Torjägerliste auf eins zu drei verkürzen.
In der letzten Woche hatte HR-Trainer Thomas Bliemeister die Einstellung seiner Mannschaft kritisiert. Dies dürfte sich trotz der 2:3-Niederlage gegen Norderstedt auf heimischen Geläuf anders darstellen. Bis zum Rückstand durch Tirums (35.) war HR die bessere Mannschaft und nach dem 0:2 durch Yilmaz (48.) kamen die Halstenbeker durch Ude (70.) und Warnick (79.) innerhalb von zehn Minuten zum Ausgleich. Leutholds verwandelter Foulelfmeter bescherte jedoch den Norderstedtern das bessere Ende und drei Punkte. Die Gastgeber durften sich zumindest über die warmen Worte von Bliemeister gefreut haben. „Ein Kompliment an die Mannschaft, ich war zufrieden mit ihr.“ Immerhin etwas.
Das obligatorische 1:1 im Duell zweier Mittelfeld-oder-doch-Abstiegskandidaten durfte an diesem Spieltag natürlich nicht fehlen. Im Duell der Aufsteiger Oststeinbek gegen Lohbrügge stand das Spiel selber nicht so im Vordergrund. Das Thema Tore wurde schnell erledigt, Blohm brachte den OSV früh in Führung, Nunes egalisierte relativ zügig (18.). Es wurde danach mehr auf die rustikalere Ebene Wert gelegt. Laut den Aufzeichnungen der Bergedorfer Zeitung konnten drei Spieler verletzungsbedingt nicht mehr im zweiten Durchgang mitwirken. VfL-Trainer Sven Schneppel lässt sich zitieren, dass seine Mannschaft halt zurückschlagen müsse, wenn sie angefasst werde. Sein Pendant Stefan Kohfahl entgegnete nach dem Derby, dass seine Mannschaft nur eine gelbe Karte bekommen hätte, die Lohbrügger aber elf. Es ging also nach dem Spiel verbal ein wenig weiter. Zumindest durften sie ausreden.
Sofern nicht anders gekennzeichnet, sind alle Texte, Grafiken, Videos und Fotos Eigentum von www.hafo.de. Anderweitige Verwendung nur mit vorheriger Genehmigung.