04.12.2009 Von der Kunst des brotlosen Siegens von
Altona 93 FC – SV Halstenbek/Rellingen – SPIELABBRUCH
Altona 93 FC: Hinz – Ansorge, Savelsberg, Kappler, Aktan – Clausen, Nadj – Smereka, Algan – Jurkschat, Becken SV Halsten:bek/Rellingen: Schultz – Smerberg, Warnick, Hermanowicz – Eta, Diederichsen, Wroblewsky, Richert – Bräuer – Ude, Sahin Tore: 0:1 Richert (5., Vorarbeit Ude), 0:2 Ude (21., Richert) Rote Karte: Richert (23., Foulspiel) Besondere Vorkommnisse: In der 26. Spielminute fiel das Flutlicht zu großen Teilen aus. Knapp 40 Minuten später wurde das Spiel abgebrochen. Schiedsrichter: Bliesch (Niendorfer TSV): Souveränes Krisenmanagement! Die Entscheidung zum Spielabbruch fiel einvernehmlich nach Rücksprache mit den Vereinsvertretern beider Seiten. Auch die Spielleitung war nicht zu beanstanden. Richerts Foul war nicht hart, aber: „Der Spieler attackiert von hinten, der Ball war nicht spielbar. Da sind die Regeln eindeutig“, so der gute Bliesch. Spieler des Spiels: Sascha Richert: Ein Tor erzielt, eins vorbereitet, vom Platz geflogen – viel mehr geht nicht in 23 Minuten. Zuschauer: 250
In den Tagen des Wettskandals erscheinen manche Geschehnisse auf den Fußballplätzen rund um den Globus in einem anderen Licht. Man könnte sagen: Im Zwielicht. In Altona erschienen die Dinge in der 26. Spielminute dagegen in einem trüben Licht – das Flutlicht fiel aus. Ironischerweise bei dem aus Altonaer Sicht doch recht desaströsen Zwischenstand von 0:2. Zwielichtig war der Spielabbruch trotzdem beileibe nicht: „Um Gottes Willen, kein Vorwurf“, nahm Thomas Bliemeister den AFC sofort in Schutz, „da kann kein Mensch was dafür!“
Bliemeisters Worte wurden auch von Altonas Präsident Dirk Barthel erleichtert zur Kenntnis genommen. Um aber auch die letzten möglichen Restzweifel zu zerstreuen, beauftragt der AFC den Techniker vom Vattenfall-Kundendienst, einen Schadensbericht an den HFV zu senden. „Der Defekt ist wohl am Hauptanschluss im Keller vom Klubhaus“, so Barthel. Als Schiedsrichter Thorsten Bliesch klar wurde, dass nicht mehr sobald Licht werden würde, brach er das Spiel ab. Zuvor hatte er die Mannschaften in die Kabinen geschickt und geduldig abgewartet, doch mit halbem Flutlicht konnte es nicht weiter gehen: „Die Gesundheit geht vor“, war sich der Schiri mit den Trainern einig.
Es ist hervorzuheben, in welch vorweihnachtlicher Harmonie der Spielabbruch für alle Beteiligten zu einem Gemeinschaftserlebnis wurde. Trotz aller Bitterkeit ist vor allem der an den Tag bzw. den Abend gelegte Sportsgeist der unglücklichen „Gewinner“ aus Halstenbek bemerkenswert. Geradezu verflixt an der Geschichte dieses Abends ist, dass ausgerechnet H/R an diesem Spiel bleibenden Schaden nehmen wird, denn während der Spielstand null und nichtig ist und beide Teams sich beim Stande von 0:0 wieder begegnen werden, so wird die Rote Karte von Sascha Richert aller Voraussicht nach Bestand haben: „Persönliche Strafen bleiben nach meiner Erfahrung bestehen“, so Bliesch.
„Es ist halt so wie es ist“, übte sich der enttäuschte Antonio Ude in Gleichmut. „Wir müssen eben im Wiederholungsspiel versuchen, es wieder genau so zu machen wie heute.“ Doch Ude zögerte. Und setzte, zweifelnd, nach: „Ich hoffe, dass das klappt. Wunder gibt es ja immer wieder.“ Udes Skepsis ist natürlich berechtigt. Trotz des 1:0-Hinspielsieges war H/R klarer Außenseiter – und dies wird auch beim Wiederholungsspiel so sein. Trotzdem können die Schleswig-Holsteiner auch Positives aus Altona mitnehmen: Sie haben sich selbst bewiesen, was sie können. „Wir waren wirklich gut und motiviert“, lobte Bliemeister seine Truppe.
H/R nutzte die Fahrigkeit des AFC von Beginn an entschlossen aus. Volkan Aktan war in der 5. Spielminute das erste Glied einer langen Fehlerkette, durch die zunächst Ude zum Schuss kam und die Latte traf, bevor Richert zum 0:1 abstauben konnte. Smereka hatte zwar die Chance zum Ausgleich, den Dennis Schutz mit einer Glanzparade verhindern konnte (13.), doch H/R blieb am Drücker. Folglich verdienten sich die Gäste auch das 0:2 durch Toni Ude, der bei einem Richert-Freistoß von der AFC-Abwehr komplett vergessen worden war. Bis hierhin war H/R wirklich stark, die Offensivspieler Ude und Yannick Bräuer waren auch defensiv präsent, doch nach dem Platzverweis gegen Richert (nach Foul an Heiko Ansorge) dachte man, dieser könne dem Spiel womöglich die Wende geben – doch erstens kam es anders, und zweitens als man dachte.
„Ob uns der Platzverweis wirklich geholfen hätte, ist spekulativ“, war Mario Jurkschat eher skeptisch, „denn wir hatten ganz schön Probleme.“ Sein Trainer Thomas Seeliger hätte gerne weiter gespielt: „Vielleicht hätten wir es ja gedreht. Aber ich bin in erster Linie Sportler und ich finde das ganz bitter für H/R.“ Wichtig wird nun sein, dass der AFC seine Linie wieder findet. Es hat sich bei uns das Gefühl eingeschlichen, als ob alles von alleine geht“, war Pierre Becken spürbar angefressen. Da gibt es nur einen Schluss: „Wir müssen wie auf den Grundtugenden aufbauen“, so Seeliger. Recht hat er – anders wird es am nächsten Wochenende im Pokalspiel an der Barmbek-Anfield nix zu erben geben für den AFC.
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