16.05.2010 Was ein "E" an der richtigen Stelle doch so alles ausmachen kann von Andreas Killat
USC Paloma – SC Condor 0:1 (0:0)
USC Paloma: Dröge – Savelsberg, Engl, Francke, Osinski – Gregori, Hamurcu (65. Kwame) – Kieckbusch, Carrion Gaona (59. Lohfeldt), Gottschalk (72. Daglioglu) – Weidlich SC Condor: Kleinschmidt - Twardawa, Jakubowsky, Lüdemann, Grudzinski – Pawletta - Carlson, Eren – Abshagen (65. Yasar) – Griese (78. Sarlak), Gyimah (78. Neumann) Tore: 0:1 Neumann (85.) Schiedsrichter: Sven Ehlert (Groß Flottbeker SV): Mit den Erfolgen seines Namensvetters auf der Condor-Bank konnte er heute nicht mithalten, lieferte nur eine sehr mittelmäßige Leistung ab, musste sich dabei aber auch auf seinen (schwachen) Assistenten verlassen, der sowohl bei einem vermeidlichen Eckball (63.), als auch beim Siegtreffer entscheidend patzte. Beste Spieler: Gottschalk, Gregori – Lüdemann, Jakubowsky Zuschauer: 190
Von Mike zu Meik ist es nicht weit. Doch seit M. Ehlert statt M. Breitmeier das Zepter in Oldenfelde schwingt, sind die Raubvögel wieder auf Beutezug: Erst der unerwartet klare 3:0-Erfolg am Donnerstag beim direkten Mitkonkurrenten Concordia, und nun der 1:0-Sieg beim Sonntag-Vormittag-Partner: Der Klassenerhalt ist für Condor nach diesem "Double" in greif(vogel)bare Nähe gerückt. Auf die Frage, was er denn anders als sein Vorgänger mache, antwortete der DFB-Pokalsieger von 1992 (mit Hannover 96): "Eigentlich gar nichts. Kai Koch und ich als alte Condoraner kennen die Jungs eben nur sehr viel länger und haben vielleicht eine bessere Antenne für gewisse Strömungen und Befindlichkeiten im Kader“. Das scheint in der Tat der Fall zu sein, zwei Siege und 4:0 Tore sprechen eine klare Sprache (Ehlert augenzwinkernd: „Normal müsste ich jetzt als erfolgreichster Condor-Trainer aller Zeiten gleich wieder zurücktreten“). Die "Tauben" hingegen lassen die Saison nach (immer noch) grandioser Rückrunde anscheinend gemütlich ausklingen und verabschiedeten sich von ihren Fans bis zum Sommer mit der dritten Heimniederlage in Serie (0:4 Tore).
Vor dem Anpfiff gab es Blumen für Keeper Frank Dröge und Mahir Hamurcu, die beide aus beruflichen/privaten Gründen mit dem aktiven Fußball aufhören und künftig sicher schmerzlich an der Brucknerstraße vermisst werden. Unter den 190 Zuschauern befand sich auch Ex-Profi-Torwart Achim Hollerieth (FC St. Pauli), dem aber nicht zu entlocken war, welchen Spieler (und für welchen Verein) er beobachtet. Er sei nur „aus reiner Neugier“ unterwegs (am Sonntagvormittag bei eiskaltem Wind auf Grand...schon klar). Das Spiel startete furios, Söhren Grudzinski spurtete schon nach 30 Sekunden das erste Mal die Außenlinie lang und flankte perfekt auf Gene Carlson, doch der stieg nur halbherzig zum Kopfball hoch und bekam den Ball deswegen nicht richtig unter Kontrolle, sonst hätte es schon früh bei Dröge eingeschlagen. Fünf Minuten später versuchte es Carlson mit dem gleichen negativen Ergebnis mit dem Fuß, sein Schuss wurde zur Ecke abgewehrt (6.). Die Antwort der Gastgeber ließ nicht lange auf sich warten, der sehr aktive Marcel Gottschalk probierte es erst mit einem Fernschuss selbst (8.), und war an vielen weiteren Szenen als Vorbereiter beteiligt, so zum Beispiel nach seinem Freistoß aus 35 Metern, den Sascha Kleinschmidt nur abklatschen konnte, doch Hamurcu im Nachschuss die Nerven versagten (27.).
Eine ganz ähnliche Szene spielte sich auch auf der anderen Seite ab, als Dröge einen Freistoß von Grudzinski vor die Füße von Marcel Abshagen prallen ließ, der aber das Kunststück vollbrachte, aus vier Metern drei Meter übers Tor zu schießen (19.). Kurz vor der Halbzeit hatte der unermüdlich kämpfende Dennis Gregori (erneut nach Vorarbeit von „Maschine“ Gottschalk) die beste Chance zur Führung, aber zum Kopfballspieler wird man ihn wohl nicht mehr ausbilden können (40.). Direkt nach der Pause war es dann „Gottschi“ selbst, der einen Kopfball nicht richtig zu fassen bekam („Der Wind!“, war seine ironische Ausrede). Die Begegnung war nun sehr umkämpft, Paloma wollte sich nicht dem Vorwurf der Wettbewerbsverzerrung aussetzen lassen und für die Condoraner stand schließlich die Oberliga auf dem Spiel. Dennoch gab es nur drei Gelbe Karten von Schiedsrichter Sven Ehlert, der übrigens nicht mit dem SCC-Coach verwandt ist (Meik Ehlert: „Ich habe meine Mutter schon mal gefragt, aber sie verneint das“). Bei rd. 6000 Personen, die den gleichen Nachnamen tragen (es ist damit der 685. häufigste Familienname in Deutschland), eine absolut glaubwürdige These.
Nach gut einer Stunde ging dann der Kapitän von Bord, Hamurcu hatte über sieben Jahre auf Grand die Knochen für den USC hingehalten und wurde mit viel Beifall verabschiedet. Gregori hätte diesen Anlass mit einem Sieg (bzw. Tor) gebührend feiern können, doch die Flanke von Thiemo Kieckbusch prallte erneut auf seinen (anscheinend ungeeigneten) Kopf und der Ball ging knapp daneben (69.). Die Raubvögel fanden in der zweiten Halbzeit nach vorne kaum noch statt, ein harmloser Roller aus 30 Metern von „Max“ Eren (73.) war bis dahin die einzig nennenswerte Szene, während der USC mit viel Schwung auf den Siegtreffer drängte. Kevin Weidlich, möglicherweise auch für Hollerieth das Objekt der Begierde, sprintete in atemberaubendem Tempo vom eigenen Sechzehner über den ganzen Platz, ließ seine Gegenspieler dabei wie mit Motorschaden am Seitenrand parkende PKW’s aussehen, aber beim finalen Querpass auf André Lohfeldt fehlte die Genauigkeit (76.).
Fünf Minuten vor dem Ende, Trainer Ehlert hatte inzwischen drei frische Spieler gebracht, tauchte Condor mal wieder vor dem USC-Gehäuse auf. „Frischling“ Nummer eins, Ali Yasar, holte eine Ecke raus, die von Grudzinski getreten erneut den Weg auf Yasars Fuß fand, der den Ball gefühlvoll aus dem Halbfeld vors Tor brachte, wo Einwechselspieler Nummer zwei, Florian Neumann, aus halblinker Position am Fünfmeterraum völlig freistehend zum umjubelten Siegtreffer für die Gäste vollstreckte (85.). Für Frank Hüllmann eine unfassbare Fehlentscheidung des Schiedsrichter-Gespanns (siehe auch Trainer-Stimmen): „Wir sind nach der Ecke sofort alle rausgerückt, der Condor-Spieler stand ganz klar fünf Meter im Abseits“.
Ehlert war’s verständlicherweise egal, die Reaktivierung von Christoph Jakubowsky hat sich nach zwei Spielen ohne Gegentor mehr als bezahlt gemacht. Der verletze Yama Rohbaqsh, ursächlicher Grund für „Jaku’s“ Comeback, befindet sich übrigens auf dem Wege der Besserung: „Ich habe noch Glück gehabt, das Loch unter der Kniescheibe ist nicht so schlimm, bis zum Sommer bin ich wieder fit und kann voll in die Saisonvorbereitung mit einsteigen“. Auch SCC-Urgestein Helmut Bielfeldt strahlte sichtlich erleichtert übers ganze Gesicht: „Die Trennung von Mike Breitmeier ist uns nicht leicht gefallen, aber wir mussten einen Impuls setzen, damit wir nach 20 Jahren nicht still und leise nach unten segeln. Es war ein Versuch, der zum Glück zu klappen scheint“. USC-Trainer Frank Hüllmann stellte abschließend trotz der dritten Heimniederlage in Folge fest: „Ich bin trotz der Niederlage stolz auf das, was wir in dieser Saison geleistet haben. Jetzt wollen wir noch HR schlagen und dann ist gut...“
Punktspielstatistik zwischen beiden Teams aus Sicht des Gastgebers (seit 1956): 32 Spiele: 10 Siege, 11 Remis, 11 Niederlagen, 45:46 Tore
Stimmen:
Meik Ehlert (Trainer SC Condor): Es ist zwar noch nicht ganz sicher, aber ich denke mit den beiden Siegen in dieser Woche haben wir den Grundstein für den Klassenerhalt gelegt. Ein großes Kompliment an meine Truppe, die – wie man heute wieder gesehen hat - aus 22 Freunden besteht, wo jeder für den anderen ackert. Die Situation beim Tor (Anmerkung der Redaktion: Abseits oder nicht?) konnte ich aus meiner Position nicht sehen, aber Tor ist Tor. Die späte Hereinnahme von Flo Neumann, der in den letzten Wochen ja nicht so zum Zuge gekommen ist, hat sich voll bezahlt gemacht, da muss man als Trainer auch mal Glück haben.
Frank Hüllmann (Trainer USC Paloma): Glückwunsch an Condor zum Sieg, ich gönne es denen auch, aber ich will natürlich trotzdem gerne gewinnen und was hier heute abgelaufen ist, grenzt schon fast an Betrug. Es ist ein Unding und eine absolute Frechheit, dass der Schiedsrichter das Tor gibt, obwohl das fünf Meter Abseits war. Wir haben in der ersten Halbzeit zwei gleichwertige Mannschaften gesehen, aber in der zweiten Hälfte waren wir einen Tick besser, haben aber leider mal wieder unsere Torchancen nicht genutzt. Uns kann keiner etwas vorwerfen, wir haben hier heute alles gegeben und sind durch eine Schiedsrichterentscheidung um den Lohn gebracht worden. Mit dem Spiel meiner Mannschaft bin ich zufrieden, nur mit der Ausbeute nicht. Condor hatte in der zweiten Halbzeit eine Torchance und hat eben das Tor gemacht.
Sofern nicht anders gekennzeichnet, sind alle Texte, Grafiken, Videos und Fotos Eigentum von www.hafo.de. Anderweitige Verwendung nur mit vorheriger Genehmigung.