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02.08.2010
Rückblick: Keine New Yorker Verhältnisse in Hamburg von




Es ist gar nicht so einfach, auf einen ersten Spieltag zurück zu blicken. Denn als Schreiber dieser Zeilen kommt einem sofort in den Sinn, dass ja die letzte Saison wirklich nicht mehr aktuell ist. Alles, was noch vor wenigen Wochen aktuell war, spielt nun gar keine Rolle mehr. Es ist vieles neu und die Meriten der Spielzeit 09/10 zählen nun gar nichts mehr. Man kann sich nichts mehr dafür kaufen, rein gar nichts. Also okay, Reset-Taste gedrückt, alles glänzt, so schön neu. Saisonstarts haben ihren ganz eigenen Zauber inne. Die Vorbereitung, mit ihren kaum zu überblickenden Vorbereitungsspielen, zählt nun kaum noch. Die Zuschauer sind neugierig auf die neuen Spieler oder auch auf einen neuen Trainer, der frischen Wind in den jeweiligen Verein bringen soll. Der Vorhang geht auf, nach den vielen Generalproben folgt nun die Premiere dieser mal wieder besten Oberliga aller Zeiten.

So sehr sich die Fans auf die neue Saison gefreut haben, die meisten von ihnen werden mit einem komischen Gefühl nach Hause gegangen sein. Häufig ist es ja so, dass die Mehrzahl der Zuschauer ihr Herz und/oder ihren Verstand an die Heimmannschaft gekoppelt hat, weswegen ein Sieg der heimischen Equipe bevorzugt wird. Neun Heimmannschaften traten an diesem Wochenende an, um ihren Publikum genau dieses Feeling mitzugeben. Dass sie dafür auch drei Punkte und einen vorerst gelungenen Saisonstart kredenzt bekommen, könnte ebenfalls einen Anreiz dargeboten haben. Von eben diesen neun Mannschaften schaffte es insgesamt… Peter Falk nahm mal in seiner Rolle als Columbo mit seinem Hund, der in der Serie den originellen Namen „Hund“ trug, an einem Hundewettbewerb teil. Er bekam daraufhin einen Trostpreis, welchen jeder Hundebesitzer bekam, der an diesem Wettbewerb teilnahm. Danach wurde Columbo gefragt, wie viele Preise denn schon „Hund“, ein ziemlich hässlicher und träger Basset mit langen Schlappohren, gewonnen hätte in seinem Leben. Und Columbo so: „Ja, wenn ich alle Preise mal zusammen zähle, also, wirklich alle, dann ist es einer.“ So ähnlich muss es dem interessierten Beobachter der Ergebnisse dieses Eröffnungsspieltages gehen. Neun Spiele, zwei Unentschieden, sechs (!) Auswärtssiege und nur ein einziger Heimerfolg. Das hört sich schon merkwürdig an, Columbo hätte einige Rätsel aufzulösen.

Da war zum einen dieses merkwürdige Auftaktspiel am Freitag. Eine tolle Kulisse, knapp 1000 Zuschauer kamen nach Meiendorf. Eine tolle neue Anzeigentafel, so wird jedenfalls berichtet. Aber das Ergebnis mutet schon etwas komisch an, auch wenn der Schreiber der Vorschau wohl etwas geahnt haben muss, als er fast Haus und Hof auf den Aufsteiger aus Bramfeld setzte. Gerüchte besagen schon, dass dieser „Nostradamus unserer Zeit“ zu Astro TV wechseln wird, um dort seine Vorhersehungen zu tätigen. Wir bleiben am Ball. Kommen wir aber zurück zum 3:2-Hammer der Bramfelder am letzten Freitag. Eigentlich wirklich überraschend, denn wenn Meiendorf gegen einen Emporkömmling aus der Landesliga daheim auftritt, ist die Geschichte doch vorgezeichnet. Roschlaub ein, zwei Tore, dazu noch jemand anders und drei Punkte sind fertig für den MSV, der Aufsteiger hat doch sowieso zu viel Respekt vor dem ehemaligen Abo-Vize-Meister. Roschlaub traf auch zumindest ein einziges Mal, aber das mit den drei Punkten und dem zu großen Respekt des Kontrahenten passte nicht. Bramfeld trat wie ein keckes Mädchen auf. Unbekümmert und frech mischte der BSV den Laden auf und gewann verdient an der B75. Ob daraus nun eine Tendenz für die ganze Saison abzuleiten ist, dafür ist es natürlich noch wirklich zu früh. Aber ein bisschen verstört ist man schon.

Auch eine andere Heimpleite ließ am Sonntag aufhorchen. Die Buchholzer waren bestimmt nicht allzu begeistert gewesen, als es hieß, dass man daheim auf den Angstgegner aus Niendorf treffen würde. Ungenannte, unseriöse Quellen ließen verlautbaren, dass die Buchholzer die Straßenseite wechseln, wenn ihnen Niendorfer Spieler entgegenkommen. Soviel Angst hätten sie. Und die ersten fünfzehn Minuten sah es wirklich so aus, als würden die Buchholzer vor dem Gegner lieber weglaufen. In die Zweikämpfe kamen sie erst gar nicht, weil der Mindestabstand von knapp einem Meter geflissentlich eingehalten wurde. Als hätten die Niendorfer eine ansteckende Krankheit. Die Buchholzer Diagnose jedoch besagte, dass dem gar nicht so ist, doch da war es schon fast zu spät. Mit 0:2 lag der Vize-Meister hinten und kam trotz schnellem Anschluss im zweiten Durchgang und zahlreichen Chancen nicht mehr zurück. Die Niendorfer hingegen zeigten vor allem zu Anfang, dass das alles schon einschüchternd wirken kann. So ein Schwoy hinter einem Dönmez und einem Pedroso Bussu, auf den Außen schnelle, flinke Läufer namens Wilhelm oder Natusch. Das war, neben den schicken hellblauen Trikots, zu Beginn sehr hübsch anzuschauen. Aber dieses geballte Offensivpotenzial funktioniert nur dann, wenn die defensive Ordnung stimmt. Anhand der Anzahl von circa zehn guten Möglichkeiten für Buchholz lässt sich erahnen, dass das nicht immer klappte. Und ob sich jedes Team so überraschen lassen wird wie Buchholz, die zudem große personelle Probleme hatten (kein Bowmann, kein Grühn, kein Gillich), wird sich in den kommenden Wochen zeigen. „Rugenbergen wird schon schwer genug. Da müssen wir das Spiel machen“, zog Trainer Carrel Segner die Augenbrauen hoch.

Generell schien es am Wochenende so, dass der Gast König ist. Das ist ja nicht mehr überall so auf der Welt. In New York, spezieller Manhattan 42nd Street, zum Beispiel muss man bei einer großen Fastfood-Kette (die mit dem gelben, großen „M“) circa 20 Minuten an der Kasse warten, obwohl nur zwei Kunden vor einem sind. Und als man dann endlich an der Reihe war, dauerte es wieder zehn Minuten, bis der deutsche Kunde, der eigentlich die Lidl-Kassen-Mentalität erwartet hatte, seine zwei Iced Mocca Frappé bekommen hatte. Von anderen Schlangen in den Kaufhäusern dieser riesigen Stadt ganz zu schweigen. Ein freundliches Hallo gibt es meistens nicht, von einem netten Lächeln ganz zu schweigen. Der Eindruck überwog allgemein, dass der Kunde ganz bestimmt nicht König sei, umso schöner ist es zu sehen, dass im heimischen Hamburg diese Tradition beibehalten wurde. Da kommt der Gast auf den Platz, es wird ein bisschen miteinander gespielt und am Ende fährt der Gast mit einem Lächeln auf den Lippen wieder nach Hause und freut sich über die gelungene Nachmittagsplanung. Die drei Punkte wurden sicher im Gepäck verstaut, ab auf den Heimweg. So müssen sich die Kicker von Altona und Curslack am Sonntag gefühlt haben. Denn ihre Auswärtserfolge deuteten zumindest vom Ergebnis her auf einen lockeren Spaziergang hin. Lockere Spaziergänge gibt es allerdings selten in der Oberliga. Oststeinbek verkaufte sich beim 0:4 gegen den AFC teurer als es das nackte Resultat vermuten lässt. Trainer Stefan Kohfahl will sich nicht hinter dem Alibi verstecken, dass er eine komplett neue Mannschaft aufbauen muss, soll, kann, darf. Die Aktivitäten des OSV in dieser Sommerpause hinterließen den Eindruck, als wäre Felix Magath östlich von Hamburg eingestiegen. Der jetzige Schalke-Trainer tätigte zu Wolfsburgs Zeiten innerhalb von zwei Jahren vierzig Wechsel. Auf Schalke will er anscheinend diesen Rekord wohl noch überbieten. Doch Kohfahl ist fleißiger als Magath und schafft das fast in einer Saison. Wenn man sich die derzeitige Auflistung der Transfers im hafo-Forum anschaut, kommt der passionierte Zähler auf insgesamt 37. Gegen den neuen Tabellenführer aus Altona hielt die neue Truppe ganz gut mit und fiel am Ende auseinander.

Dicht auf den Fersen der AFCer befindet sich Curslack-Neuengamme, welches mal wieder mit einem Auftaktsieg in die neue Runde startete. Das machen dir Curslacker immer. Nur doof für die Bergedorfer, die zum zweiten Mal hintereinander das Auftaktspiel gegen den regionalen Nachbarn austragen mussten. Curslack überzeugte mit seiner hervorragend besetzten Offensive und gab dem Trainer des Kontrahenten wichtige Aufschlüsse darüber, was alles in der eigenen Elstern-Abwehr schief laufen kann. Was einen aber wirklich langsam nervt, vor allem denjenigen, der für die Torjäger-Statistik zuständig ist, das ein gewisser Spill schon wieder meint, ganz oben in der Torschützenliste stehen zu müssen. Ein ganz schöner Sturkopf, dieser Spill!

Ansonsten gab es zwei weitere Favoritensiege auf jeweils fremdem Geläuf. Der Meister von der Hoheluft nahm die Hürde in Wedel relativ gelassen. Ein Pflichtdreier, mehr nicht. Wie sich die Spielzeit für die Wedeler entwickeln wird? Hmm! Gegen Osdorf ging es schon mal im Pokal raus ohne Applaus. Gegen Vicky darf man verlieren, man darf aber auch mal einen Elfmeter treffen. Der Umbruch vor dem zweiten Jahr fiel ja auch in Wedel ein wenig größer aus. Oststeinbeker Verhältnisse, zur Hälfte jedenfalls. St. Paulis Zwote wurde in Norderstedt nur phasenweise seiner Favoritenrolle gerecht. Lange liefen die Braun-Weißen einem Rückstand hinterher. Doch die Klasse des Kaders machte sich am Ende bezahlt. Kalla und Pichinot trafen für die Zwote. Für Norderstedt gilt das Gleiche, wie für Wedel oder Oststeinbek. Der Umbruch, der in der sommerlichen Pause eingeläutet wurde, wird Zeit beanspruchen. Ob diese Zeit jedem so gegeben ist, wird interessant sein, zu beobachten. Allerdings war es früher in der guten alten Zeit wohl anders. Da gab es diese Maßnahmen - wir tauschen jetzt mal fast den gesamten Kader aus – irgendwie nicht. Oder täuscht auch hier mal wieder der Blick in die Vergangenheit?

Drei Heimteams widersetzten sich jedoch dem Motto „Der Gast ist König“. Zumindest verloren sie nicht sofort. Wobei das 2:2 der Rugenbergener gegen Paloma dem Aufsteiger wie eine Niederlage vorgekommen sein muss. Kaum waren die Palapies-Schützlinge auf dem tollsten Rasen der Welt aufgelaufen, da führte Rugenbergen auch schon 2:0. Sieben Minuten waren ins Land gegangen, da hatten die Herren Grabow und Schmidt zugeschlagen. Trainer Ralf Palapies nahm die Sache mit dem Unentschieden trotzdem mit Humor und hatte die Lacher auf seiner Seite, denn er löste seinen Wetteinsatz gegenüber Tommy Reiher und Knut Assmann ein. Mit einer Brille, die ihn nicht wirklich hübscher machte, antwortete er blind auf die Fragen. Sein Gegenüber Frank Hüllmann, wohl noch ganz beseelt von soviel Moral seiner Mannschaft, die im Endspurt noch das 2:2 rettete, setzte ebenfalls noch die Brille auf. Geteiltes Leid ist halbes Leid.

Wer BU vor gut drei Wochen auf den Kanälen dieser doch so schönen Hansestadt bestaunen durfte, wie sich die Spieler in zwei großen Paddelbooten auf dem Wasser ins Zeug legten, dem konnte schon ein wenig mulmig werden. Die ersten Meter gingen sie noch ganz ruhig an, aber dann ging es unter lautem Getöse los. Das Wasser spritzte, das Gejohle der Mannschaft war noch Seemeilen weiter weg zu hören. Ganz so gewaltig war der Auftritt der Barmbeker am Berner Heerweg dann allerdings nicht. Dass es noch zu einem 2:2 reichte, Klitzke glich kurz vor dem Abpfiff aus, hing vielmehr damit zusammen, dass die Condoraner es nicht vermochten, ihre Überlegenheit im Ergebnis zu verewigen.

Germania Schnelsen hält sich wohl für etwas Besonderes. Ganz im Stile der New Yorker, die ja bekanntlich mehr als selbstbewusst auftreten und gerne verlautbaren, dass sie in der tollsten Stadt der Welt leben und wohl deswegen Gäste bzw. Kunden nicht besonders höflich oder schnell bedienen, schickten diese gemeinen Aufsteiger die armen Concorden mit 3:1 nach Hause. Das muss man sich mal vorstellen. Da kommt ein Gastverein und will auch gar nichts kaputtmachen und wird einfach so mit einer Niederlage vom Platz verjagt. Pfui Teufel! So etwas macht man nicht. Haben die Germanen gar nichts mitbekommen an diesem Wochenende? Ausgerechnet Herr Steinhöfel muss gegen seinen alten Verein treffen. Das ist nun wirklich keine Gastfreundschaft. Nächste Woche wollen sie wahrscheinlich dann wieder als Gast bzw. König behandelt werden! Da kann man nur an St. Paulis Zweite appellieren, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Damit sich Germania das mal merkt. Die Zeit der Extrawürste ist vorbei.


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