16.08.2010 Rückblick: Sir Stephan zu Hoheluft hielt Audienz von
Es mutet schon etwas komisch an, wenn man am Sonntag Premiere bzw. Sky anmacht und dann dort Gesichter sieht, die man von Nahen kennt. Bei Ortschaften oder Häusern ist das ebenso der Fall. Natürlich ist das beim „Großstadtrevier“ nicht ganz so spektakulär, wenn allerdings bei James Bond die Stadt Hamburg auftaucht, ist der Aha-Effekt um einiges höher. Wieder zurück zur Berichterstattung bei Sky, bei der es nicht um die Daniel Craig und schon gar nicht um Jan Fedder ging. Es ging an die Hoheluft, denn es war Pokalzeit, genauer DFB-Pokalzeit. Sie werden nicht gerade in die Luft gesprungen sein beim SC Victoria, als das Los die Rot-Weißen aus Oberhausen bescherte. Das war vor ein paar Jahren anders gewesen, da kamen die Nürnberger mit Trainer Hans Meyer. Nun kam Herr Bruns mit seinen Mannen und Bert Ehm ließ Einblicke in das Allerheiligste einer Mannschaft gewähren. Die Sky-Kamera durfte mit in die Kabine, als Bert seine Jungs einstimmte. Nach ein paar Pfosten- und Lattentreffern, einem wunderbaren Freistoß von Stephan Rahn und einer generell eindrucksvollen, leidenschaftlichen Leistung war die Überraschung geschafft. Bei der Zusammenfassung philosophierte dann der Moderator Jan Henkel über diesen Sieg. Irgendwie schon surreal. Normalerweise lässt sich Henkel von Kevin Kuranyi fragen, ob er ihn verarschen will, nur weil der damals fragte, ob er von Stuttgart nach Schalke gehen wolle. Hier mal die Transkription: H.: Nee, das ist ernst gemeint! K.: Diese Antwort brauchen sie mir nicht zu stellen! H.: Frage… K.: Nach so einem Spiel brauchen sie mir so eine Frage nicht zu stellen. H.: Die Fans bewegt es. Und es war die Frage, weitergegeben von den Fans K.: Ich antworte nicht auf so eine Scheißfrage. H.: Können Sie die Fans da nicht verstehen? H.: Habe ich schon gesagt. Wollen Sie andere Frage machen, antworte ich gerne. Ja, der Henkel war auch derjenige, der Felix Magath Paroli bot, als der sich nach Derby-Sieg seiner Schalker gegen Dortmund so herrlich aufregte. Und der Henkel bringt uns zudem die italienischen Fußballer und Trainer bei Interviews mit seinen italienischen Sprachkenntnissen näher. Dieser Henkel verpasste nun dem armen Stephan Rahn einen Spitznamen, nämlich Sir Stephan Rahn, da sich der Rahn nach seinem Tor per Eckfahne von Ahmet Hamurcu zum Ritter schlagen ließ. Der Henkel ist nicht dumm, wusste er doch, dass man in England als Knight bachelor den Zusatz „Sir“ vor seinen Namen setzten darf. Danke Herr Henkel, wir übernehmen diesen Zusatz ab sofort sehr gerne.
Für den Hamburger Fußball ist das natürlich eine tolle Geschichte. Mal sehen, wer am kommenden Sonnabend dem Oberligisten zugelost wird. Rahn wünschte sich „HSV oder St. Pauli. Ach, die sind ja nicht mehr dabei.“ Es dürfte gerne ein Erstligist sein, allein um die Einnahmen zu erhöhen. Sollte er aus der Hansestadt oder aus der anderen Hansestadt oder einer südlicheren bajuwarischen Landeshauptstadt kommen, würden die Kassen noch um einiges mehr klingeln. Ob dann eventuell ein Aufstieg in die Regionalliga angepeilt werden würde, steht jedoch in den Sternen.
Doch abseits des „großen“ Fußballs ging die Oberliga ihrem Alltag nach. Es lohnte sich an diesem Wochenende durchaus, nicht nur die Victorianer bei ihrem Victory, was für ein Wortspiel (!), zu beobachten. Denn im Gegensatz zu den letzten Jahren dürfte den Ehmlingen ein mindestens ebenwürdiger Gegner erwachsen sein, der den Titel mit aller Macht anstrebt. Die Zwote des FC St. Pauli machte es besser als die Erste. Ihre Reise ins leicht östliche Gefilde der Hansestadt wurde von Erfolg gekrönt, wobei sich die Riege von Jörn Großkopf lange Zeit ließ, um zum dritten Mal im dritten Versuch eine dreifache Punktzahl einzufahren. Späte Tore waren es, die die Entscheidung brachten und eben die hypothetische Frage hinterlassen, ob ohne Überzahl – bei Condor flogen am Ende zwei Spieler vom Platz – dies genauso möglich gewesen wäre. Die Tabellenspitze ist der verdiente Lohn für die St. Paulianer, die es nun kommende Woche mit den Meiendorfern zu tun bekommen.
Die haben sich von der Auftaktpleite gegen Bramfeld zumindest ergebnistechnisch schon wieder erholt. Nach dem Auswärtserfolg an der Barmbeker Anfield Road und dem Weiterkommen im Pokal gegen den USC Paloma, durfte der SC Concordia sein Glück an der B75 versuchen und fuhr ohne Punkte wieder nach Hause. Torschütze war mal wieder Patrick Schumann. Zum vierten Mal ließ es der Kapitän bereits in dieser Saison im gegnerischen Gehäuse scheppern, was ihn an die Spitze der Torjägerliste katapultierte. Das wird Curslacks Christian Spill gar nicht gerne sehen und Schumann als Staatsfeind Nummer eins im Staate Spill ausgemacht haben.
Dieser darf sich zumindest darüber freuen, dass er mit seiner Mannschaft von den Meiendorfern steht. Die Curslacker mussten sich schon etwas einfallen lassen, denn so eine Klatsche wie im Pokal gegen Bergedorf (1:5) und eine Heimpleite gegen Buchholz (1:2) gab es in letzter Zeit eher selten in dieser gedrängten Zeitspanne. Es war „Opa“ Reincke vorbehalten, seine Schäflein und somit den Karren wieder aus den Dreck zu ziehen. Zwei Buden machte er beim 2:0 in Rugenbergen und führte so die Mannschaft wieder aus dem Dilemma. Trainer Torsten Henke hatte zudem in der Defensive umgestellt. Umbaumaßnahmen, die sich auszahlten, spielte Curslack doch zum ersten Mal in dieser Spielzeit wieder zu null. Für Rugenbergen war es nach dem tollen Auftritt in Niendorf ein kleiner Nasenstüber, der den Aufsteiger wieder ein bisschen runterholte.
Nach Curslack und Meiendorf, alte Bekannte in dieser Region des Classements, folgen mit Schnelsen und den Bramfeldern zwei Aufsteiger. Die Germanen hatten es nicht leicht in der letzten Woche. Fünf Tage waren sie schon ohne Sieg gewesen, seit fünf Tagen konnten sie die Punktspielniederlage bei St. Pauli nicht wettmachen. Man mag sich nicht vorstellen, wie die Trainingseinheiten abgelaufen sein müssen. Fünf Tage können eben auch ganz schön lange sein. Nun kam also der große Tag und mit dem Oststeinbeker SV hatte der Spielplan einen Gegner parat gestellt, der nun nicht gerade für die allerhöchsten Weihen in dieser Saison vorgesehen ist. Umso schmerzlicher muss es für die Germanen gewesen sein, als es doch den Oststeinbekern einfiel, die Schnelsener Führung von Mladen Tunjic (51.) einfach mal so in der Nachspielzeit auszugleichen, Alexander Pohlmann war der Übeltäter. Hatte der OSV nicht mitbekommen, dass dann Schnelsen zwei Spiele hintereinander nicht gewonnen haben würde? Wann gab es das zuletzt? In der Steinzeit? Zum Glück muss kein Archiv bemüht werden, denn Raffael Kamalow sorgte in der weiteren Nachspielzeit noch das 2:1 für die Hausherren und das Schlimmste ist erstmal aus Schnelsener Sicht verhindert. Puuh!
Die Bramfelder hatten intern wohl schon eine Rechnung aufgemacht, dass es nach drei Spielen vielleicht ein, zwei Pünktchen auf der Habenseite geben könnte, da das Auftaktprogramm sich alles andere als leicht darstellte. In Meiendorf und in Buchholz musste der Aufsteiger antreten, zwischendurch besuchten die Elstern aus Bergedorf den Neuling. Nun sind die drei Partien ins Land gezogen und die Noffzer haben keine Partie verloren und dürfen sich fünf schöne Punkte um den Hals hängen. Trainer Michael Noffz kennt die Regularien und weiß „dass uns die keiner mehr nehmen kann.“ Die ersten Anzeichen von Normalität durften nun in Buchholz trotz des 1:1-Erfolges wahrgenommen werden. Denn die Niedersachsen waren die klar überlegene Mannschaft, hatten Chancen noch und nöcher. Gerade auf den defensiven Außenpositionen hatte der Aufsteiger am gestrigen Sonntag etliche Probleme, welche von den 08ern noch zahlreicher hätten ausgenutzt werden können. Bramfeld hatte zudem eine gewisse Portion Glück, dass Schiedsrichter Murat Yilmaz wohl die Karten zu Hause vergessen hatte, aber der BSV hielt sich auch strikt an die taktische Marschroute und brach nicht auseinander. Nun folgen Aufgaben gegen Rugenbergen und Wedel, in denen die Bramfelder zum ersten Mal in dieser Saison als leichter Favorit ins Rennen gehen werden. Für die Buchholzer war das Remis naturellement zu wenig im Streben, wieder und dieses Mal sofort oben ein Wörtchen mitreden zu wollen. Denn so ein Husarenritt wie in der Rückrunde der letzten Saison wiederholt sich nicht so leicht.
Vier Punkte weisen eine ganze Menge von Vereinen nach drei Spieltagen auf. So mancher wird nicht ganz unglücklich sein mit der Ausbeute (Rugenbergen zum Beispiel), so mancher hatte sich durchaus mehr vorgestellt. Dazu wird auch Altona 93 gehören, die aus der letzten Saison kaum etwas gelernt zu haben scheinen. Sie hätten Meister werden können, hätten sie nicht gerade zu Hause so viele Spiele und Zähler hergeschenkt. Nun hätten die Mannen von der Griegstraße sich gleich hinter St. Pauli festsetzen können (ganz schön oft „hätte“), aber der AFC hatte eine andere Idee. Wir liefern mal wieder eine Minuspartie ab und schenken die Punkte her. Die Norderstedter taten den 93ern auch gar nicht den Gefallen, diese Möglichkeit auszulassen. Selber mit zwei Niederlagen gestraft, musste die Eintracht ja auch etwas anbieten. Dass die Jungen und Alten aus SH beim Favoriten jedoch in dieser Manier auftrumpften, war nicht unbedingt anzunehmen. Innerlich wird es für viele Norderstedter eine Genugtuung gewesen sein, denn einige streiften in der Vergangenheit das AFC-Trikot über. Trainer Andreas Prohn tat dies übrigens auch, bevor er dann irgendwann Trainer an AJK wurde. Lang ist her.
Auch die Niendorfer werden sich insgeheim mehr ausgerechnet haben als die vier Zähler, die es bisher für den NTSV zu sammeln gab. Vor allem nach dem 2:1 zum Auftakt in Buchholz. In Wedel gab es nach einer eher durchwachsenen Leistung nur ein Unentschieden. Es sind nicht nur die Ergebnisse, die nicht gerade Euphorie und Ekstase verbreiten, es sind die Leistungen, die nicht gerade Luftsprünge in den Herzen der Anhänger zaubern. In Wedel waren die Niendorfer nicht die bessere Mannschaft. Sie hatten Glück, dass der ehemalige Tabellenletzte keine Elfmeter mehr schießen kann. Sie hatten aber auch Pech, dass der ehemalige Tabellenletzte in den Schlusssekunden seinen allerersten Punktsspieltreffer erzielen konnte. Vielleicht können die Niendorfer mit der Favoritenrolle in einer Begegnung nicht umgehen. Davon kann kommenden Freitag keine Rede sein, man stattet Sir Stephan Rahn zu Hoheluft einen Besuch ab.
Zum Abschluss geht es um, wie es sich gehört, den Tabellenletzten. Der kommt aus Barmbek und muss in den kommenden Tagen eine 1:5-Klatsche im Billtal verarbeiten. Zehn Gegentore in drei Aufeinandertreffen lassen tief blicken was die gesamte Verteidigungsbewegung der Mannschaft angeht. Hingegen darf Bergedorf wieder etwas ruhiger in die Zukunft schauen. Ab sofort werden wieder an den Sander Tannen die Heimspiele ausgetragen. Und wenn der „Elstern-Express“ (Bergedorfer Zeitung) Fahrt aufnimmt, kriegt der Gegner auch gleich immer volle Hand. 85-Trainer Manfred Nitschke zeigte sich von der Darbietung angetan „Das war in der zweiten Halbzeit richtig guter Fußball.“ Hört man nicht oft und dafür sehr, sehr gerne. Außer man ist der jeweilige Gegner.
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