„Das ist ja einfach heute“ triumphierte Klaus Klock vom FC Türkiye an der Seitenlinie. Seine Schützling hatten kurz zuvor mit tollem Kurzpassspiel das 3:1 beim Vizemeister Vorwärts Wacker erzielt. Kaum einer zweifelte zu diesem Zeitpunkt am Wilhelmsburger Sieg. Auch Klock forderte: „Jetzt macht das 4:1.“ Doch der Nachmittag verlief nicht so entspannt wie zunächst erhofft.
Von Beginn an schienen beide Mannschaften gewillt, den trotz des Hamburger Derbys anwesenden Zuschauern ein interessantes Spiel zu liefern. Gerade die Gastgeber begann spritzig und gingen früh in Führung. Türkiyes Torhüter Muhedin Eminovic unterlief die Flanke von Marian Zwiewka und Fabian Facklam traf unbedrängt zum 1:0 (3.). Es sollte nicht die letzte unglückliche Torhütersituation des Tages bleiben. Doch Türkiye antwortete. Zwiewka hatte Haisem Mohssen an der Strafraumgrenze gefoult, den folgenden Freistoß setzte Gökhan Acar an die Latte (9.). Auch auf der anderen Seite erzitterte das Gebälk, als Peter Iwosa mit einem Fernschuss ebenfalls nur die Latte traf (11.). Da aber aller guten Dinge bekanntlich drei sind, setzte Acar wenig später den Ball erneut an den Querbalken. Diesmal aber reagierten Mohssen und Onur Tüysüz und letztgenannter nutze die Chance zum Ausgleich (28.).
Billstedts bis dahin gar nicht schlechtes Spiel fiel plötzlich zusammen. Schon in den letzten Wochen hatten die Jungs um Co-Trainer Andreas Heeschen eine eigene Führung oft wieder hergegeben. „Wir machen leider viele gleiche Fehler immer wieder und packen nicht rechtzeitig zu.“ So konnte Türkiye nur kurze Zeit später die eigene Führung bejubeln. David Berwecke brachte eine Ecke von links auf Anel Besic, dessen Schuss noch geblockt wurde. Den Abpraller aber nutze Kadim Yildiz zum Torerfolg (33.).
Erst nach der Halbzeit kamen die Gastgeber wieder ins Spiel und hätten eigentlich den Ausgleich machen müssen. Facklam aber verfehlte aus 3 Metern das Tor, nachdem Eminovic einen Kopfball von Alexander Bogunovic parierte hatte (50.). Doch die Angriffsbemühungen fanden ein jähes Ende. Nur eine Minute später wurde Valerij Scerbinin nach einer Notbremse gegen Berwecke vom Platz gestellt. Denn anschließenden Freistoß setzte Berwecke, zur Abwechslung, an die Latte (52.). Doch Türkiye bekam jetzt mehr Raum und Billstedt stellte zusätzlich das Zweikampfverhalten ein. So konnten sich Berwecke, Yildiz und Tüysüz durch die VW Abwehr kombinieren, bis Türkiyes Kapitän frei vor dem Tor stand und traf (56.). Während sich Klock freute bereiteten sich die Vorwärts Anhänger auf schlimmeres vor. Tatsächlich gelang beiden Teams bis zur 80. Minute nicht mehr viel.
Dann plötzlich startete Reichenbach auf links und spielte auf den im Strafraum stehenden Bogunovic. Dessen erster Versuch konnte von Eminovic zwar noch entschärft werden, der Nachschuss aber saß (80.). Gedanken wurden wach an das Spiel vom Vorjahr. Damals führte Billstedt schon mit 3:1, spielte letztlich aber nur 3:3. Offenbar erinnerten sich auch die Spieler, denn die Hoffnung war wieder sichtbar. Auch Klaus Klock kam nun zu der Erkenntnis: „Ich fürchte die gewinnen das nicht.“ In der Tat machte Billstedt jetzt Druck, während Türkiye nur noch selten für Entlastung sorgen konnte. Schiedsrichter Ralph Vollmers zeigte vier Minuten Nachspielzeit an und die hatten es in sich. Erst traf Juro Julardzija nach klugem Pass von Iwosa zum Ausgleich (90.+1), dann netzte Bogunovic zum schmeichelhaften aber erkämpften 4:3 (90.+4).
Während auf Billstedter Seite alle Dämme brachen und die Freude keine Grenzen kannte, mahnte Heeschen seine Spieler aber zur Ruhe. „Wir dürfen trotz des Sieges nicht die Augen davor verschließen, dass wir lange Zeit nicht gut gespielt haben.“ Beim FC Türkiye hingegen begann die lautstarke Aufarbeitung des geschehenen bereits auf dem Spielfeld.
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