14.11.2010 Rückblick: So jung UND so gut wie der "Wastl" ist keiner von
War sie nicht rührend? Diese Stimme, von Gefühlen überwältigt, Emotion pur. Nein, nicht irgendeine Trällertante von Popstars oder X-Factor oder irgendeinem anderen vermeintlichen Talent. Nein, sondern die von „unserem“ Sebastian. Der Vettel bekam gerade über seinen Funk zu hören, wie seine Anrede in den kommenden Lebensjahren sein wird: Formel1-Weltmeister. Nicht schlecht für einen kleinen Bub aus dem provinzlichen Heppenheim. Also, der Funk teilte ihm mit, was Sache ist und der Vettel konnte seine Gefühle nicht zurückhalten und wimmerte, bzw. bedankte sich bei Gott und der Welt. Einfach herrlich! Weinte Schumacher auch damals so? Keine Ahnung. Deutschland hat einen neuen Weltmeister und adoptiert bestimmt daher einfach diesen Vettel. Im Mai war es „unsere“ Lena und nun ist es „unser“ Sebastian, oder „Basti“ oder „Wastl“ oder „Sebi“. Egal wie, Hauptsache wir sind jetzt alle Weltmeister.
Unter diesen Eindrücken entstehen die nächsten Zeilen des Rückblicks des sechzehnten Rennens in dieser Saison. Die Pole-Position bleibt eindeutig bei den St. Paulianern. Aber, und jetzt blicken wir auf einen Rückblick von vor paar Rennen zurück, als an dieser Stelle die Mannschaft von Trainer Jörn Großkopf aus der eigentlichen Wertung imaginär verabschiedet wurde. So unangefochten ist diese Führung nicht mehr. Zu Anfang drehten die Braun-Weißen eine schnellste Runde nach der anderen. Dabei überrundeten sie die Konkurrenz regelmäßig, sodass der Eindruck entstehen konnte, dass die anderen nur mit einem Bobby Car gegen einen richtigen F1-Boliden antraten. Aber seit dem Grand Prix gegen Curslack, als der Kiez-Klub zum ersten Mal selber überholt wurde, laufen die Motoren ein wenig anders. Da gab es dann auf einmal ein Kopf-an-Kopf-Duell gegen Niendorf, knappe Überholmanöver gegen die Force Indias aus Bramfeld und Barmbek und nun ging es zum Altona-Circuit. Gegen das AFC-Vehikel konnte sich St. Pauli nicht durchsetzen und musste sich mit einem Punkt zufrieden geben. Es ist nicht so, dass man nun in Panikattacken ausbrechen muss, nur weil SPII nicht jedes Rennen gewinnt, aber von der Grundschnelligkeit haben sie etwas eingebüßt. Oder anders gesagt: Die anderen Racer hatten schon mal mehr Ehrfurcht an den Tag gelegt. Noch bleibt der Status der Außeroberligischen erhalten, doch im stillen Kämmerlein im Alten Land wird leise darüber nachgedacht, ihn zumindest, eventuellerweise in Frage stellen zu dürfen. Aber soweit ist es noch nicht. Der AFC-Express hingegen wird ebenfalls mit dem Ergebnis leben können. Die Mechaniker haben während der Spielzeit ganze Arbeit geleistet und haben so manche Kinderkrankheit am Chassis ausmerzen können. Altona 93 wirkt momentan solide und schöpft das Potenzial deutlich besser aus als es teilweise im August und September der Fall war. Der AFC klettert somit auf den zweiten Rang bis zur nächsten Woche, weiß jedoch, dass man im Gegensatz zum Buchholzer Racing Car zwei Rennen mehr hinter sich gebracht hat.
An diesem Wochenende kam den 93ern entgegen, dass die Curslacker und Buchholzer gar nicht ins Cockpit steigen durften, konnten, sollten, mussten. Aufgrund der heftigen Regenfälle musste der Start der Rennen am Berner Heerweg zu Condor (Curslack) und zur Otto-Koch-Kampfbahn (B08 gegen Victoria) abgesagt werden. Es schüttete aber auch aus Eimern, da hätten auch irgendwelche Regenreifen oder Intermediates nichts geholfen. Ausrutscher schlimmster Art sollten verhindert werden. Gut so!
In der Mitte des Rennfeldes kam es zu ein paar mehr oder minder großen Bewegungen. Die Eintrachtler aus Norderstedt fahren derzeit immer öfter in die Punkte. Gegen die Barmbeker von Force India waren es die üblichen Verdächtigen, die für den Erfolg auf heimischen Asphalt sorgten. Ivan Sa Borges Dju und Jordan Brown waren die Chef-Ingenieure an diesem Nachmittag. Seit acht Rennen fahren die Norderstedter Zähler ein, ein Motorschaden gab es zuletzt gegen Buchholz (2:4 am 19. September). Die Räder greifen immer besser ineinander, wodurch dieses junge Team immer mehr Speed auf die Straße bringt. BU kann sich die Kosten für die Auswärtsfahrten eigentlich sparen. Nur einziges Mal stand man auf dem Podium (ausgerechnet beim Victoria-GP) und ein weiteres Mal kam man ins Ziel (2:2 zum Auftakt beim Berne Heerweg-GP). Ansonsten sahen die Barmbeker nicht mehr die Zielfahne. Knappe 23,5 Prozent seiner Punkte holten Hoffmänner in der Fremde. Da stimmt das Verhältnis nicht ganz. Und so kommt es, dass das Barmbeker Team die Tuchfühlung zu den Abstiegsrängen nicht verliert. Gibt Besseres!
Ein noch schlechteres Verhältnis von Auswärtspunkten in Beziehung zur Gesamtanzahl weist Oststeinbek auf. Die OSVer holen nur 20,83 Prozent ihrer Zähler auf Rennstrecken, die sie nicht so gut kennen. Der große und nicht so feine Unterschied zu den Barmbekern ist, dass die letztjährigen Aufsteiger daheim so viel Grip haben, dass die zu Besuch kommenden Autos meistens nur die Auspuffrohre der Platzherren sehen. Am Freitag kam dieses aus dem Concordia-Stall und wurde mehrmals überrundet und demontiert. 5:1 hieß es am Ende und Chef-Rennstratege Daniel Sager muss sich für die Marienthaler etwas ausdenken, damit der Cordi-Wagen in den Kurven nicht immer untersteuert. Klar, beim OSV kann man verlieren, doch so eine Karambolage war nicht eingeplant. Ein einziger dreifacher Ertrag in den letzten acht Wettkämpfen ist als dürftig zu bewerten. Der HRT F1 unter den Oberligisten krabbelt der Musik meilenweit hinterher und darf sich nicht wundern, wenn in der kommenden Spielzeit Formel 3000 in der Landesliga angesagt sein sollte.
Noch schlimmer als die Concorden erwischte es am Freitagabend den Bramfelder Rennstall. Als wären die letzten Wochen nicht schon von Reifenpannen, Unfällen und sonstigen Missgeschicken gezeichnet gewesen, fing sich der BSV den nächsten derben Kolbenfresser ein. Beim Duell der Neulinge in der Formel 1 sahen die Gäste so aus, als hätten sie die Führerscheinprüfung noch vor sich. Es geht immer weiter bergab. Wenn der interessierte Beobachter die Meinung vertritt, das Schild „Bramfelder Talsohle“ hinter sich gelassen zu haben, hecken die BSVer einen noch schlechteren Auftritt aus und belehren uns allen eines Besseren. Bei den Germanen entpuppt sich Björn Nadler als Torschütze vom Dienst. Zumindest für den Titel „Mitarbeiter der letzten Wochen“ sollte es doch reichen. Zwei schöne Dreher zauberte Nadler gegen schwache Bramfelder in den Kies. Schnelsen hält weiterhin nichts von Unentschieden und trägt somit weiterhin ein Plädoyer für die Drei-Punkte-Regel dem Publikum vor.
Die Meiendorfer übernahmen an diesem Wochenende ein wenig die Rolle von Michael Schumacher. Nach dem großen Buhei zum Anfang wurde ziemlich schnell klar, dass der Rekord-Weltmeister mit vielem zu tun haben wird, mit dem Titel jedoch auf gar keinem Fall. Der Kerpener machte einige gute Rennen, zeigte durchaus in Ansätzen sein unbestrittenes Können, aber mehr war es dann auch nicht. In Dubai beim Saisonabschluss erging es ihm wie bei seinem ersten Grand Prix 1991 in Belgien, nach wenigen hundert Metern war Schluss. Auch Meiendorf, immerhin wohl Rekord-Vizemeister der letzten Jahre, startete unglaublich schwach in diese Spielzeit, berappelte sich kurzzeitig mit guten Darbietungen gegen Victoria und Paloma. Nun folgte das Niendorfer Gastspiel auf der Meiendorfer Kartanlage und für den MSV war es wie ein böser Crash in der ersten Kurve, glatt mit 0:3 ging die Partie in die Binsen. Das zarte Lüftchen des Aufschwungs ist vorerst vom NTSV-Winde verweht wurden. Die Gäste profitierten von dem Blackout vom Kollegen Chau, der die Schrauben am Hinterrad nicht richtig festzurrte, somit war der Niedergang eingeleitet. Meiendorf besaß Chancen, den Rückstand auf der Strecke aufzuholen, doch es wurde sich verschaltet in den entscheidenden Situationen und der NTSV konnte sich von dem im Windschatten befindenden Gegner lösen. Die Niendorfer konnten somit mal wieder in den Genuss eines Dreiers kommen, ein Gefühl, auf welches sie unfreiwillig lange warten mussten.
Am Donnerstag gewannen die Rugenbergener gegen die Wedeler. Punkt! Aus! Gibt es darüber viel zu sagen? Die Wedeler hinken dem gesamten Classement immer noch weit hinterher. So langsam gehen einem die Argumente aus, um den Schleswig-Holsteinern Mut zu machen. Der gesamte Keller befand sich an diesem Spieltag in einer Safety-Car-Phase und Wedel nutzte es nicht aus. Dass die Mannschaft sich selber schadete, indem Dönmez zu heftig in den Überholvorgang reinging, passt ins Bild. Dem Dienst namens Bären habe er der Equipe geleistet, meckerte der Teamchef Frank Pagenkopf wie ein Rohrspatz. Letzter sind sie aus Wedel und sie machten beim keineswegs überragenden SVR eine sehr schlechte Figur. Für die Palapies-Truppe war es das richtige Startzeichen für die Tour Richtung Dortmund. Dort ging es ja bekanntlich mit dem gleichen Ergebnis wie einen Tag zuvor in Rugenbergen aus, vermeintlich nur für die falsche Seite. Also am Freitag. Trotz der langen Ergebniskrise weisen die Rugenbergener 18 Punkte auf. So ähnlich wird sich das Herr Palapies vorher ausgerechnet haben, wenn es um das Thema Klassenerhalt ging.
Das Thema Klassenerhalt wird die Palomaten-Piloten länger beschäftigen, als es ihnen lieb sein wird. In Bergedorf führte das USC-Vehikel lange das Rennen an, musste aber auf der Zielgeraden kurz vor der schwarz-weißen-Fahne erkennen, das derzeit aber auch alles schiefläuft, was eben schieflaufen kann. Der USC schaltet nicht in den nächsten Gang, kommt nicht aus dem Quark, verweilt im Rückwärtsgang. Dass dieser in der Landesliga enden könnte, hatte vor der Saison kaum jemand gedacht. Die Pace machen die anderen und es mag so langsam auch am fehlenden Selbstvertrauen liegen, dass auch so gar kein Überholmanöver gelingen mag, dass Paloma immer noch dort steht, wo es steht. Auf einem Abstiegsplatz! Die Elstern (dieses Mal kein Wortspiel von wegen Tauben und Elstern, der Vogelwettkampf, Walsrode lässt grüßen, ornithologische Wortklauberei usw.) gewinnen in dieser Phase auch die knappen Spiele im eigenen Nest. Nach der Auftaktpleite gegen Curslack (1:4!) gab es in sieben Heimspielen fünf Erfolge, nur Buchholz und St. Pauli II, nicht die schlechtesten ihrer Zunft, entführten einen Zähler aus Bergedorf. Der alte Fuchs Manfred Nitschke hat eine schlagkräftige Equipe unter seinen Fittichen. Aber, und das aber muss gesagt werden, aber so jung UND so gut wie der Sebastian sind sie leider nicht. So gut wie „unser“ Sebastian ist keiner. Noch nicht mal der Fernando. „Unsere“ späte Rache für Durban!!!
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