06.02.2011 Sechs Touchdowns und Prohn ohne Ton von Henrik Diekert
Eintracht Norderstedt – FC Bergedorf 85 2:4 (1:2)
Eintracht Norderstedt: Nolle – Siedschlag, Warnick, Lindener, Trefzger – Browarczyk – Ulusoy, Lipke (75. Brown) – Cengiz (55. Ribeau) – Mandel (62. Ljubisavljevic), Sa Borges Dju FC Bergedorf 85: Braun – Pettersson, Sobczyk, Schmer, Goldgraebe – Rohrberg, Iscan – Kunath, Gürel – De la Cuesta - Landau Tore: 1:0 Lipke (10.), 1:1 Gürel (30.), 1:2 de la Cuesta (41., Foulelfmeter), 2:2 Ribeau (62.), 2:3 Kunath (74.), 2:4 Landau (82.) Schiedsrichter: Jens Braun (NTSV): Ein hektischer, teilweise hitziger Pokalfight in dem der Unparteiische durchwachsen agierte. Andreas Prohn war lange vorgewarnt, ehe er seiner Coaching-Zone verwiesen wurde. Die rote Karte gegen Ivan Sa Borges Dju bezeichnete auch der Norderstedter Coach als berechtigt. Gürels Tor zum 1:1 fiel aus Abseitsverdächtiger Position. Bes. Vorkomnisse: Andreas Prohn muss die Coaching-Zone verlassen (58.) Rote Karte: Sa Borges Dju (53., Tätlichkeit) Beste Spieler: Ulusoy, Ribeau – Kunath, Landau Zuschauer: 150
„Noch ein Ton, Herr Prohn. Dann ist hier Feierabend.“ Eine knappe halbe Stunde war auf dem Kunstrasen-Platz neben Norderstedts Plambeck-Stadion gespielt, als Schiedsrichter Jens Braun dem Trainer der Gastgeber die ultimative Verwarnung aussprach. Prohn beruhigte sich daraufhin, rauchte eine Entspannungszigarette und sah sich das kämpferisch vorbildliche Spiel seiner Mannschaft an, ehe es Mitte der zweiten Halbzeit doch wieder mit ihm durchging und er die letzte halbe Stunde einer dramatischen Partie hinter, statt vor seiner Trainerbank genießen durfte.
Ja! In Norderstedt wurde Fußball gespielt. Spannender, dramatischer, ehrlicher Fußball! Den hätten sich neben den 150 Hartgesottenen, die sich das Spiel bei strömendem Regen ansahen, noch knapp 1,8 Millionen andere Hamburger an diesem Tag gewünscht. Doch schlechte Planung des HSV oder Petrus oder beide ließen das Derby bekanntlich ins Wasser fallen. Daran, dass die Fans in Norderstedt im Regen standen war der Hamburger Sportverein im Übrigen auch Schuld: Die zweite Mannschaft der Rothosen hatte das Geläuf im Stadion ordentlich umgegraben (2:0 gegen Magdeburg), daher wurde auf dem Kunstrasenplatz gespielt.
Und das teilweise hochklassig. Nach zehn Minuten ließ Moritz Mandel den Ball an der Strafraumgrenze geschickt durch, Onur Ulusoy flankte vor den zweiten Pfosten, wo Benjamin Lipke ungehindert angerauscht kam und das Leder ins lange Eck setzte. Die Führung für die Gastgeber hielt zwanzig unspektakuläre Minuten, ehe Jan Landau den Ball direkt in den Lauf von Fatih Gürel spitzelte, der allein aufs Tor zulief und einschob. Ob Gürel bei Landaus Anspiel knapp im Abseits stand, war für die Beobachter nicht zu erkennen. Bergedorf übernahm nach dem Ausgleich die Initiative. Landau fummelte sich im Strafraum an seinen Gegnern vorbei, kam zu Fall, bekam den Elfmeter. Geschunden, aber wohl berechtigt! Sascha de la Cuesta verwandelte zur Führung für die Gäste (41.). Kurz vor der Halbzeit gab es noch ein Handgemenge zwischen Jurek Rohrberg und Stefan Siedschlag um den Ball, die alten Hasen hatten sich aber schnell wieder beruhigt.
Im zweiten und überhaupt nicht trockeneren Durchgang entwickelte sich ein spektakulärer Schlagabtausch, ob das Derby bei solchem Wetter dieses Niveau erreicht hätte, werden wir leider nicht erfahren. 48. Minute: Lennart Nolle im Norderstedter Tor pariert mit einem sagenhaften Reflex den Kopfball von Gökhan Iscan aus einem Meter Entfernung. 51. Minute: Wirbelwind Yayar Kunath schlenzt den Ball von der rechten Strafraumkannte knapp am Lattenkreuz vorbei. 53. Minute: Ivan Sa Borges Dju sieht die rote Karte, weil er gegen Martin Sobczyk übel nachtritt.
Neben dem Wasser von oben kam nun also auch der Spannungsschweiß aus den Poren geflossen, was den Kohl aber nicht mehr wirklich fett machte.
Nach Prohns „Platzverweis“ und der Einwechslung von Matthias Ribeau, bäumte sich die Eintracht noch einmal auf. Ecke Ulusoy, Kopfball Ribeau, Ausgleich (62.). Sechs Minuten später hätte der Mittelfeldspieler sogar noch einen draufsetzen können, doch Braun konnte seinen Kopfball, abermals nach Ulusoy-Flanke, entschärfen.
In der mitteleuropäischen Nacht stehen sich in Dallas die Green Bay Packers und Pitsburgh Steelers im Superbowl gegenüber. Die Milliarden Zuschauer auf der ganzen Welt werden noch in Jahren über dieses Spiel reden, gelingen dann so spektakuläre und außergewöhnliche Touchdowns wie jene, die Bergedorf den Sieg brachten! Kurz hinter der Mittellinie startete Yayar Kunath, dribbelte sich von rechts in den Strafraum, vernaschte mit einer genialen Finte sämtliche Gegner und schoss zum 3:2 ein. Das ließ Jan Landau nicht auf sich sitzen, machte es seinem Kollegen in der 82. Minute ähnlich genial nach und erhöhte auf 4:2. Ende.
„Ein guter Platz, ein ausgesprochen rasantes Spiel auf Augenhöhe. Entschieden wurde es durch zwei tolle Einzelleistungen“, erklärte 85-Coach Manfred Nitschke nach dem Abpfiff. Andreas Prohn hatte dem nicht viel hinzuzufügen: „Es war temporeich und aggressiv. Wir haben es in Unterzahl leider nicht geschafft in Führung zu gehen, durch überragende Einzelleistungen der Gäste haben wir dann verloren.“
Auch zur Diskussion um seine Nachfolge im Sommer, die in den letzten Tagen immer mehr zur Farce wurde, äußerte sich Nitschke. Zuvor waren die Ergebnisse der Abstimmung um den neuen Übungsleiter nach außen gedrungen. Da hatte Robert Meyer zwar mit 4:3-Vorstandsstimmen gesiegt, trotzdem soll nun auch Hansa Lüneburgs A-Jugendtrainer Friedhelm Mienert installiert werden. Fraglich, ob Meyer das mitmacht. Und auch Manni Nitschke kann nur den Kopf schütteln: „Ich bin überrascht, dass es nach guten Gesprächen nicht reibungslos über die Bühne gegangen ist. Das ist ein Eiertanz zum Kaputtlachen und Bergedorf abträglich. Es wurde angesagt, die Entscheidung solle, egal wie sie ausfalle, von allen getragen werden. Dass die Ergebnisse dann an die Öffentlichkeit kommen, da müssen einige nochmal Loyalität üben. Aber Ben und ich sind ja noch ein halbes Jahr da, vielleicht können wir noch etwas vermitteln.“
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