21.03.2011 Rückblick: Hallo Maria? Tschüs Marienthaler! von Folke Havekost
Curslack ist richtig heiß. Deshalb kehren sogar die Störche aus ihrem Winterquartier ins Herz der Vierlande zurück. Zum Beispiel Rolf, der Jahr für Jahr zur Frühlingszeit auf dem Hof Grundmann einkehrt. Begleitet wird der sechsjährige Vogel in der Regel von Störchin Maria. Doch ausgerechnet zum Spiel der heimischen Fußballer gegen Niendorf verwirrte ein Fernsehbericht die treue Anhängerschar. Die Frau an Rolfs Seite, wurde gemutmaßt, sei zwar Störchin, aber nicht Maria!
Ist seiner langjährigen Flugbegleiterin etwas zugestoßen? Trägt ein trauernder Rolf etwa Tony Christies üppig orchestriertes Plädoyer für Selbstjustiz („Somebody must die for the death of my wife“) in seinem zornigen Schnabel? Wohl kaum, wie wir für die arme Maria hoffen wollen. Diese jungen Störche heutzutage können mit Tony Christie doch gar nichts mehr anfangen. „Maria ist ein verkleideter Engel, der meine Liebe mit Hingabe nährt“, sang dagegen Latino-Popstar Ricky Martín. Vielleicht hat die Verkleidung einfach zu lange gedauert. Ist ja doch recht früh Frühling geworden diesmal, und wie es in Störchinnens Kleiderschrank aussieht, kann man ja auch nur erahnen.
Fragen über Fragen: Wohin soll das führen, wenn nicht einmal mehr auf den Storch Verlass ist? Natürlich nach Curslack. Trainer Torsten Henke setzte seine Unterschrift unter einen neuen Vertrag. Ohne dass man ihm einen Storchenring ans Bein gebunden hätte, wird er damit 2012 sein 10-jähriges Jubiläum bei der SVCN feiern. Nebenbei wurde ein 2:0-Sieg gegen Niendorf eingefahren, der Rolf und seine ungewisse Begleitung kaum dazu veranlasst haben, an den Sachsenweg überzusiedeln.
Ein anderer Rolf war lange Jahre Manager des SC Concordia und schaut jetzt auf den Traversen zu. Ein Frühlingsbote ist er aber nicht: Rolf „Rollo“ Stein sieht nicht den Winter zu Ende gehen, sondern eine Ära. Der SC Concordia wird in der nächsten Saison erstmals seit Kriegsende nicht mehr in Hamburgs höchster Spielklasse vertreten sein. Das 1:2 gegen Wedel besiegelte Marc-Kemo Kranich, vor Jahresfrist noch A-Jugendlicher des SC Concordia. Er brach nach Wedel auf, weil die Marienthaler ihn mit Einsätzen für die zweite Mannschaft in der Landesliga vertrösten wollten. Das ist die Spielklasse, in der die Zuschauer mit Handys bewaffnet sind und hoffen, kurze Momente hochwertigen Fußballs einzufangen, um sie dann bei YouTube ins Netz zu stellen. Es ist die künftige Spielklasse des SC Concordia. Tschüs, Marienthaler! Kranich hingegen soll, geht es nach Wedel-Trainer Berkan Algan, bald „irgendwo spielen, wo das Fernsehen dabei ist“.
Im Fernsehen sahen wir zuletzt des öfteren Felix Magath. Der darf sich ja ein Auto aussuchen, falls er den VfL Wolfsburg noch vor dem Abstieg rettet. Der weit herumgekommene Übungsleiter liebäugelt mit einem Bentley, Verbrauch zwischen 16 und 20 Litern auf 100 Kilometer. Nicht gerade ressourcenschonend, aber das ist ja auch nicht Magaths Stil. Leichter tut man sich da in Wedel. Seitdem Algan dort als Spielertrainer fungiert, gab's für den Hinrunden-Letzten sieben Punkte aus drei Spielen. Geht da doch noch was? Die Holsteiner sollen ihrem Coach ein Schiff in Aussicht stellen, falls Wedel – derzeit sieben Knoten langsamer als die Volldampf fahrende Paloma – doch noch Klassenerhaltswellen schlägt. An Willkomm-Höft wird schon mal Ausschau nach einem geeigneten Modell gehalten. Dass in Algans Bar in Bahrenfeld nun andauernd Lale Andersens Schlager „Ein Schiff wird kommen“ aus den Boxen dröhnt, ist allerdings nur ein Gerücht.
Überhaupt ist hier der Platz für Korrekturen. Was hatten wir in der Vorwoche nicht über Brüderzwist geschrieben: Charlton gegen Charlton, Boateng gegen Boateng, Algan gegen Algan ... Und nun? Gewinnen die Algan-Brüder (Faik mit BU) getrennt – und die Tunjic-Brüder sogar zusammen mit Schnelsen. Das kroatischnelsener Germanen-Paar Jürgen und Mladen bediente sich der Hilfe des 39-jährigen Altbundesligakickers Stefan Schnoor, der Ecke und Freistoß auf die beiden Tunjic servierte und Meiendorf erstmal auf einen Abstiegsplatz schickte. Selbst Germanen-Coach Jens Paeslack, der ansonsten gar nicht zufrieden („Schlechtestes Heimspiel, seit ich hier bin“) war, gratulierte dem „alten Mann“.
Die sehr passable Leistung der Meiendorfer dürfte auf den Plätzen 10 bis 14 allerdings wenig Beruhigung auslösen. Niendorf verlor wie erwähnt in Curslack. Rugenbergen hielt beim designierten Hamburg-Meister St. Pauli II lange, aber letztlich vergeblich mit. Und Oststeinbek erlebte, wir Buchholz 08 nach der vorwöchentlichen St. Paulianer Nachwuchsdemonstration einfach mit dem weiter macht, was es am besten kann: Einsnull gewinnen. In Oststeinbek baut kein Storch sein Nest, das Abstiegsgespenst schlägt auf dem Kunstrasen seine Zelte auf. Denn der USC Paloma nahm sich ergebnistechnisch ein Beispiel an den Buchholzern. Die nach der Winterpause so hoch fliegenden Tauben verbreiteten bei ihrem Gastspiel in Bramfeld alles andere als Glanz. Aber sie gewannen ein „schmutziges Spiel“ (Trainer Frank Hüllmann) mit 1:0 – und so sehen Nichtabsteiger halt auch öfters aus.
Kurz vorm Barmbeker Derby an der Brucknerstraße besann sich auch BU auf seine Qualitäten – und siegte gegen Noch-Meister SC Victoria. Faik Algan und Sebastian Möller-Riepe drehten ein 1:2 in ein 3:2, wobei letzterer Treffer BU von Platz 13 auf Rang 10 katapultierte – so eng geht es in der unteren Tabellenhälfte zu. Glücklich da, wer in der oberen Hälfte nistet und sich auf eventuell noch vorhandene Pokalchancen (Achtelfinal-Auslosung heute ab 20.15 Uhr auf Hamburg 1) konzentrieren kann. Norderstedt hat diese Chancen nicht mehr, da die Holsteiner in der 4. Runde gegen Bergedorf 85 rausflogen. Nach schleppendem Rückrundenstart revanchierte sich das Prohn-Team nun allerdings in der Punktrunde, indem es die Elstern 4:0 vom Platz fegte. 2011 ist Norderstedt für einige gute Nachrichten zu haben. Dass die Jung-Norderstedter Jordan Brown und Philipp Koch ein Probetraining beim Rautenklub absolvierten, war bis zum Schützenfest gegen Köln schließlich die hoffnungsvollste Entwicklung des Jahres beim HSV, bei dem es zumindest nie langweilig wird.
Nun wäre es unfair, Langeweile mit dem SC Condor in allzu enge Verbindung zu bringen. Aber nicht nur wir stellen fest, dass die Farmsen-Oldenfelder sich in Heimspielen auf nicht ganz so spektakuläre 1:1-Unentschieden spezialisieren. Gegen Altona 93 stand’s schon nach 20 Minuten 1:1, und so hätten die 22 Akteure eigentlich frühzeitig aufhören und in die Kirche, zur Storchenschau oder in die Kino-Frühvorstellung gehen können. Condor-Coach Meik Ehlert fühlte sich jedenfalls an die Bill-Murray-Komödie „Und täglich grüßt das Murmeltier“ erinnert. Hörte sich ganz und gar nicht nach dem Beginn einer wunderbaren Freundschaft zwischen Raubvögeln und Erdhörnchen an.
Dabei gilt das Auftauchen des Murmeltiers aus dem Erdreich in Nordamerika doch als hoffnungsvolles Zeichen des bevorstehenden Winterendes. Curslacker wissen es besser: Auf den flatterhaften Storch ist mehr Verlass.
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