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11.04.2011
Rückblick: Huch, das K-Wort könnte kommen von Folke Havekost




Katzenpastete, Knutschfleck, Kürbisflöte, Kuddelmuddel, Königs Wusterhausen – es gibt viele schöne Wörter, die mit K anfangen. Klassenerhalt gehört nach unserem Empfinden dazu, zumal in einer Oberliga, aus der außer St. Pauli II sowieso niemand in eine höhere Liga strebt. Trotzdem herrscht eine gewisse Zurückhaltung unter den Übungsleitern.


Ralf Palapies nahm das K-Wort nach Rugenbergens 1:0 gegen Schnelsen fast in den Mund und sprach von einem „Riesenschritt in Richtung Nichtabstieg“. Da konnte ihm die dürftige spielerische Qualität der 90 Minuten in Bönningstedt „vollkommen egal“ sein – zumal Rugenbergen vor Saisonbeginn nach Wedel am häufigsten als sicherer Absteiger angesehen wurde.


Auch Wedel macht sich auf, derlei Prognosen zu widerlegen. Nach dem 4:1 gegen Norderstedt trennen die Holsteiner nur noch drei Zähler vom rettenden Ufer. Spielertrainer Berkan Algan will vom K-Wort aber auch nichts wissen, sondern denkt lieber von Begegnung zu Begegnung: „Es gibt nichts Schöneres, als Spiele zu gewinnen“, erklärte Algan und setzte zum Sprachdribbling an: „Und wenn wir noch ein paar Spiele gewinnen und uns jemand dann sagt: ‚Ihr seid ja gar nicht abgestiegen’, dann sagen wir: "Huch!" Algan, dem bei seinen höherklassigen Kickerstationen ja oft ein gewisser Eigensinn nachgesagt wurde, scheint in Wedel ein feines Gespür für Team-Building zu besitzen. „Kemo hat vier Tore gemacht, genauso wie viele hier fast jeden Zweikampf gewonnen haben“, sagte er seinen im Kreis versammelten Spielern direkt nach dem Abpfiff, um die Lorbeeren nicht nur einem Einzigen zukommen zu lassen. Huch! Das ändert aber natürlich nichts daran, dass Kranich auch ein schönes Wort mit K ist. Der 19-jährige Kemo Kranich schoss alle vier Wedeler Tore, und selbst wenn Norderstedts Verteidiger bisweilen weniger dem Ball als der Sonne (ist ja auch eine runde Sache) nachjagten, ist das eine stattliche Leistung. Der Noch-Teenager konnte sich jedenfalls nicht erinnern, wann ihm dies zuletzt gelungen war.


Mit seinen vier Treffern gewann Kranich auch das ligainterne Wettschießen gegen Madjid Albry, der bei Altonas deutlichem 5:1 gegen Bramfeld dreimal einnetzte. Albry hat schon für den FC Oberneuland in der Regionalliga gespielt, und dort dürften wir Kranich auch bald beobachten. Alle fünf norddeutschen Erstligisten sind an dem 19-Jährigen dran, und wie es ausschaut, werden sie in der nächsten Saison alle mit ihren U 23-Teams die Regionalliga Nord-Nordost bevölkern. Städte mit Flughafen könnten bei den Verhandlungen leicht im Vorteil sein, prangt ein Kranich-Logo doch schon an der Heckflosse einer deutschen Fluggesellschaft. Altonas Nur-Dreifach-Torschütze Albry konnte sich damit trösten, dass ihm im Gegensatz zu Kranich immerhin gelang, was gerne ein „lupenreiner Hattrick“ genannt wird, also drei Treffer binnen einer Halbzeit ohne Unterbrechung durch Gegner oder Mitspieler. Allerdings war an der Adolf-Jäger-Kampfbahn kein Zuschauer oder Funktionär zu finden, der gerade eine Lupe dabei hatte.


Wer keine Lupe, sondern ein Patentrezept gegen Unterbrechungen durch Mitspieler benötigt, sollte bei Markus Schwoy nachfragen. Der Niendorfer rannte seinen Kollegen Davide Pedroso-Bussu einfach um, als der sich im Abseits befand und Schwoys Torerfolg zum 2:0 gegen Concordia im Wege stand. Pedroso-Bussu ging allerdings nicht K.o., sondern hielt sich nach der Pause mit dem 3:0 schadlos. Endstand 5:1, was wohl auch daran lag, dass die Gäste etwas zuviel Kreativität demonstrierten. „Meine Spieler hatten ständig die Idee, auf Abseits zu spielen, obwohl wir das gar nicht wollten“, klagte Cordi-Coach Andreas Führer, der den Sturz in die Landesliga kaum mehr verhindern kann. Dass Landesliga aber auch schön sein kann, bewies ausgerechnet die zweite Mannschaft der Concorden, die Hansa-Spitzenreiter Vier- und Marschlande die erste Niederlage seit 71 Wochen beibrachte. Niendorfs Trainer-Retter Andreas Laas ist noch zu kurz im Amt, um schon Scheu vor dem ominösen Wort entwickelt zu haben. Er sagte es: „Das waren zuletzt drei schöne und wichtige Siege für den Klassenerhalt.“


Dass Thomas Hoffmann und Stefan Kohfahl zurückhaltend mit dem K-Wort umgehen, liegt weniger an Scheu als an den bescheidenen jüngsten Auftritten ihrer Mannschaften. Barmbek-Uhlenhorst bekam mit 1:5 in Curslack-Neuengamme auf die Mütze, das damit zur erfolgreichsten Heimmannschaft der Oberliga avancierte. Zuhause ist zwar auch BU einigermaßen erfolgreich, 22 ihrer 27 Zähler haben die Barmbeker auf ihrem „Anfield“ erzielt. Dumm nur, dass nur noch vier Gegner an die Steilshooper Straße reisen müssen. Am Sonntag kommt das Schlusslicht Bramfeld, dessen letzter Sieg vom Oktober herrührt. Da wurde kurz vor Schluss ein 2:1 eingefahren – gegen Barmbek-Uhlenhorst.


Das ist schon recht lange her, doch Oststeinbek nutzte selbst eine Zeitreise in das nun auch schon seit über einem Jahrzehnt vergangene Jahrtausend nichts. „Auch damals glaubten viele an ihre große Chance. Und manche gewannen im Lotto und einer die Tour de France“, heißt es in einem Lied von Funny van Dannen: „Das war in den neunziger Jahren, das war nicht irgendwann. Das war in dem Jahr als Jan Ullrich die Tour de France gewann.“ Genau gesagt war das 1997. Johann Stenzel schmorte da gerade auf der Bank des damaligen Erstligisten Arminia Bielefeld, bei dem er zwischen 1996 und 1998 unter Vertrag stand, aber nicht zum Einsatz kam. Wohin die Ostwestfalen das geführt hat, sehen wir ja. Den damals verschmähten und inzwischen 36-jährigen Stenzel sahen wir jedoch für Oststeinbek an der altehrwürdigen Hoheluft in besonderer Mission: als Libero. Libe – was? Der Libero war irgendwann zu Fußballurzeiten ein Eigenbrötler, der seinen Abwehrkollegen nach dem Training nie Getränke ausgegeben hat, von diesen deshalb geschnitten wurde und auf dem Platz schauen musste, wo er bleibt. Wenn man unter den DFB-Funktionären auf jemanden tippen müsste, würde man vermutlich auf Matthias Sammer kommen. Nun ist Stenzel kein Eigenbrötler, aber doch neuerdings Libero des Oststeinbeker SV. Hat OSV-Coach Stefan Kohfahl mit seinem Experiment vielleicht eine neue Naturkraft entdeckt? Wohl eher nicht. Vicky gewann 3:0, und Stefan Kohfahl dürfte etwaige Pläne, den schlagzeilenträchtigen Teilchenbeschleuniger Tevatron mal aus Batavia, Illinois nach Oststeinbek, Stormarn zu holen, schnell wieder ad acta legen. Zeitreisen sind im Fußball zwar nicht unmöglich, aber meist vergeblich.


Um ein Gegentor von Buchholz 08 zu begutachten, mussten wir bis gestern auch ziemlich weit in die Vergangenheit reisen. Dann aber zeigte uns Condors Carlos Flores freundlicherweise, wie das geht. Freundlicherweise für die Buchholzer unterließ Flores weitere Demonstrationen und holte sich stattdessen zehn Minuten später die gelb-rote Kartenkombination (in diesem Fall kein so schönes K-Wort) ab. So blieb es beim 2:1 für Buchholz. In Bergedorf war lange nicht ganz so viel los, dann aber richtig. Wer eine Stunde führt, am Ende stets verliert, dachte sich Meiendorfs Coach Lutz Göttling wohl schon, als er nach zwei Ungenauigkeiten seines Schussmanns Tobias Sävke die Verwandlung einer 1:0-Führung in einen 1:2-Rückstand miterlebt hatte. Das griff ein ganz kleines bisschen aufs Bundesliga-Spiel Leverkusen – St. Pauli vor, wenn auch in Slow-Motion. Doch etwas besser als die Abstiegskampfbilanz der Profi-Kiezkicker ist die der Meiendorfer dann doch. Der verhinderte Siegtorschütze Nils Roschlaub erkämpfte sich noch einen Elfmeter, den der Kollege Patrick Schumann in der Nachspielzeit zum 2:2-Endstand verwandelte. Und nun: Ein Punkt gewonnen, zwei Zähler verloren? Zumindest rettete der Strafstoß den Platz hauchdünn über dem Strich – aufgrund der mehr erzielten Treffer gegenüber dem USC Paloma.


Die Tauben störte das allerdings nur wenig. Ihr 1:1 gegen Spitzenreiter St. Pauli II war aller Ehren wert – und hinterließ nur zufriedene Gesichter. „Alle auf dem Platz haben alles für den Erfolg ihrer Mannschaft getan“, verteilte Paloma-Trainer Frank Hüllmann reihenweise Bestnoten und hätte an eine Eins bestimmt auch noch ein Sternchen gesetzt, wenn Nemanja Jovanovic seinen Konter kurz vor Schluss mit dem 2:1-Siegtor gekrönt hätte. So aber konnte auch Jörn Großkopf zufrieden sein und sagte das angesichts der Favoritenrolle seiner Elf vorsichtshalber gleich: „Ich sitze hier nicht griesgrämig und fahre auch nicht mit langem Gesicht nach Hause.“ Vielleicht hat ihm auch das Foto gefallen, das die Gastgeber in ihre Stadionzeitung „Paloma aktuell“ veröffentlicht hatten. Da sitzt Großkopf recht entspannt in kurzen Freizeithosen auf einem Klappstuhl am Spielfeldrand. Und die Sonne schien an der Brucknerstraße ja auch.


Wie überhaupt die Sonne ja selbst für aussichtslos scheinende Fälle manchmal ein Zwinkern über hat. Kommen wir zum Trost der Woche, für den wir auf die Insel schauen. Nein, nicht zum FC Sylt, von dem sich derzeit rückreisewillige Hamburger Fußis fast wie Sand am Meer melden. Nach Großbritannien geht der Blick. Die Briten haben schließlich nicht nur den Fußball erfunden, sondern auch drakonische Strafen. Dem schottischen Zweitligisten FC Dundee etwa wurde in der laufenden Saison die Kleinigkeit von 25 Punkten abgezogen, nur weil mal eben ein Insolvenzverfahren eröffnet worden war. Trotzdem dürfte durch 26 ungeschlagene Spiel in Folge der Abstieg vermieden werden. „Leider sind wir noch nicht aus der Zwangsverwaltung raus, aber das wird nicht mehr lange dauern“, sagt Stuart Murphy von der Supporters Society, die den maladen Klub übernommen hat: „Aber wenn man so will führen wir 3:0 und es läuft die Nachspielzeit.“


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