24.05.2011 Acht Abschiede und ein Achtungserfolg von Henrik Diekert
FC St. Pauli II – Altona 93 3:1 (0:1)
FC St. Pauli II: Springer (46. Schenk) – Heinemann, Hinzmann (85. Martens), Krause, Keklikci (46. Braun) – Duve – Toksöz, Zengin – Becken, Alassani - Kurczynski Altona 93: Schau – Ansorge, Savelsberg, Kappler, Ucan – Clausen, Hinze – Smereka, Bektas – Hadid (60. Albry) – Akgül (75. Pinto Ferro) Tore: 0:1 Smereka (20.), 1:1 Hinzmann (51.), 2:1 Alassani (78.), 3:1 Alassani (90 + 1) Schiedsrichter: Andreas Bandt (ETV): Da wurden aber die Augen groß. Der Mann, der für St. Paulis Zweite regelmäßig den Schiedsrichter-Betreuer macht, konnte sich heut Abend selbst versorgen. Das von eigener Hand gezapfte Kaltgetränk hat er sich auch verdient: Das Urgestein der Hamburger Referee-Szene gab St. Pauli einen Elfmeter nicht, der durchaus einer gewesen sein könnte. An der Seitenlinie sorgten seine Assistenten mit gefühlten 800 Abseitsentscheidungen auf beiden Seiten dafür, dass der Chef sich nicht angreifbar machte. Beste Spieler: Hinzmann, Zengin, Alassani - Bektas Zuschauer: 1220
Ein Spiel bei dem es um nichts ging, aber doch um unglaublich viel. Die Polizei hatte St. Pauli nach dem Platz-Sturm einiger Fans im Hinspiel untersagt, den Uralt-Rivalen aus der Nachbarschaft auf dem Unionssportplatz zu empfangen. Also wurde ans Millerntor gezogen, die St. Paulianer standen auf der Südtribüne, die vielleucht 200 AFC-Fans im Norden und einer von Beginn an im Mittelpunkt: Kapitän Matthias Hinzmann verlässt die Kiezkicker nach 16 Jahren, heuert in der nächsten Saison bei Victoria an der Hoheluft an. Der Innenverteidiger ging mit einem Tor und Standing Ovations, in der nächste Saison bekommt er eine Dauerkarte für die erste Mannschaft. Außer Hinzmann verabschiedeten Amateure-Manager Hermann Klauck und Profi-Sportchef Helmut Schulte vor dem Anpfiff noch die Spieler Marlon Krause, Deran Toksöz, jannick Martens, Vasilis Vallioanos und Serhan Zengin. Co-Trainer Michael Richter musste seinen Hut nehmen, weil Timo Schultz in der kommenden Saison als spielender Trainer neben Jörn Großkopf agieren soll. Und auch Stadionsprecherin Dagmar Grigoleit bekam ihren verdienten, finalen Applaus im großen Stadion, wo sie ja auch einige Einsätze im Profi-Geschäft hatte.
Ein langer Absatz über Abschiede, dem hier gleich ein zweiter folgt: Denn sportlich war dieser Kick uninteressant, die Nebenschauplätze dürften jedoch das Sommerloch in Hamburger Fußball-Medien füllen. Auf die Trennung von Michael Richter angesprochen, sagte Jörn Großkopf: „Wir bleiben privat ein gutes Team, gehen sicher ab und zu ein Bier trinken“, dann erklärte er die neue Funktion von Timo Schulz. Allein man wurde das Gefühl nicht los, das Großkopf durchaus gern seinem Assistenten weiter gearbeitet hätte. Auch die Trennung von Vallianos mutet merkwürdig an, den sahen einige Beobachter eher in der Profi-Mannschaft, als in einem anderen Verein. „Solche Entscheidungen fallen, das muss nicht mehr ausgeführt werden. Marlon Krause, einer unserer beständigsten Spieler, hat sich entschlossen das er hier keine Perspektive mehr nach oben sieht.“ Aha. Man darf auf Großkopfs Regionalliga-Truppe gespannt sein.
Zum Sportlichen: Im ersten Durchgang agierten die Braun-Weißen im ungewohnten 4-3-3-System, was laut ihrem Coach „völlig in die Hose“ ging. So waren die Gäste vor allem in der Anfangsphase das bessere Team. Nach 16 Minuten zischte Sezgin Akgüls Dropkick knapp am langen Pfosten vorbei, nach 20 Minuten machte es Patrick Smereka nach langem Solo-Lauf besser. Herrlicher, überlegter Schlenzer zum 0:1.
St. Pauli wurde erst nach einer guten halben Stunde besser, aber Alassani (24.), Zengin (31.) und Kurczynski (42.) scheiterten knapp. Fünf Minuten vor seiner Kopfball-Chance war St. Paulis Spitze bei einem Zweikampf im Strafraum umgerempelt worden, Andreas Bandt gab aber keinen Elfmeter.
In der zweiten Halbzeit spielten dann nur noch die „Hausherren“, die sich von der guten Stimmung auf der Tribüne immer mehr tragen ließen. Hinzmann machte sich ein schönes Abschiedsgeschenk, als er den Ball aus dem Kuddelmuddel nach einer Toksöz-Ecke zum Ausgleich in die Maschen hämmerte (51.). Altona war in der Folgezeit nicht mehr am Spiel beteiligt, Serhan Zengin hätte sich nach dem er zwei Gegner aussteigen ließ beinahe ebenfalls mit einem Treffer verabschiedet (69.). Aber dafür war ja Fousseni Alassani da. Der beste Spieler des letzten Herbstes, der in den letzten zwölf Minuten seine Treffsicherheit wiederfand. In der 78. Musste er eine Zengin-Vorlage nur noch einschieben, in der Nachspielzeit nutzte er die Verwirrung in Altonas Defensive und schob Schau (Oliver Hinz saß nur auf der Bank) das Leder durch die Beine. Da war es schon wieder vergessen, dass der Stürmer in der 56. Minute in Kuba Błaszczykowski-Manier freistehend über das Tor geschossen hatte.
„Ein gutes Spiel, dafür das es um nichts ging“, analysierte Altonas „Trainer für einen Tag“ Andre Jütting. Thomas Seeliger war beruflich verhindert. Während St. Pauli am Freitag-Abend einen gemütlichen Saisonausklang auf Oststeinbeker Teppich begeht, müssen sich die AFC-Jungs aber nochmal richtig reinhängen. Eine Niederlage gegen Wedel, und man macht sich im Marienthal oder an der Barmbek-Anfield keine Freunde (falls es da mal welche gab).
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