14.08.2011 Spektakuläre Show am Sonntagmorgen von Andreas Killat
präsentiert:
SC Condor – FC Bergedorf 85 5:3 (3:1)
SC Condor: Kleinschmidt - Twardawa, Lüdemann, Anders, Skalnik – Pawletta, Werwath – Carlson (58. Neumann), Tafese (37. Zimmermann), Flores (83. Eren) – Roschlaub FC Bergedorf 85: Wulf – Pettersson, Schmer, Metzler, M. Meyer – Brown (46. Akbarzada) – Otremba, Akyol – F. Meyer – Kunath, de la Cuesta Tore: 1:0 Flores (8.), 2:0 Roschlaub (33.), 3:0 Flores (36.), 3:1 de la Cuesta (40., FE), 3:2 Akyol (57.), 4:2 Roschlaub (59.), 4:3 Akyol (80.), 5:3 Twardawa (88.) Rote Karte: Kleinschmidt (37., Notbremse), Schmer (73., Notbremse) Besondere Vorkommnisse: Trainer Friedhelm Mienert (B85) wird wegen Reklamieren/Meckern hinter die Bande verwiesen (71.) Schiedsrichter: Martin Pfefferkorn (SC Urania): Beide Roten Karten waren hart (besonders gegen Schmer), aber den Regeln nach wohl durchaus vertretbar. Beim Verweis von Mienert verließ er sich auf seinen Assistenten (der mehr den Bergedorfer Coach als das Spielfeld im Blick hatte). Insgesamt ein sehr aufmerksamer Schiedsrichter. Hätte allerdings mind. drei Minuten Nachspielen lassen müssen Beste Spieler: Flores, Tafese, Roschlaub – de la Cuesta, Akyol, Kunath Zuschauer: 160 Zahlende
Bereits vor dem Anpfiff war die Aufregung groß, denn die Bergedorfer hatten nur Ersatzkeeper Tobias Braun und Mostafa Akbarzada für die Reservebank im Kader. Drei weitere Akteure aus der zweiten Mannschaft waren zwar mit angereist, durften aber nicht Mitwirken, da sie nicht auf der genehmigten Spielerliste anzufinden waren. „Das ist wohl ein formelles Versäumnis unsererseits“, gab Coach Friedhelm Mienert hinterher zu Protokoll und musste so ohne Wechsel-Alternativen über die Runden kommen. Die Aufregung sollte sich jedoch auch die nächsten 90 Minuten nicht legen, denn beide Team lieferten den (leider sehr wenigen) Fans ein tolles Spektakel mit allem, was das Fußballherz begehrt.
Schon in den ersten Minuten drehte „Fußballgott“ Nils Roschlaub (O-Ton Behrend Schulz) mächtig auf, hatte sein Visier aber noch nicht richtig eingestellt und zielte dreimal daneben (2./4./7.). Besser machte es Sturmpartner Carlos Flores: Vom linken Strafraumeck zog er quer an der Sechzehner-Linie entlang, nahm mit rechts Maß und schlenzte das Leder mit Schmackes knapp unterhalb des Giebels in die Maschen (8.)! „Ein Traumtor!“, zeigte sich hinterher auch Mienert voller Anerkennung. Condor gab nun richtig Gas, aber auch Bergedorf hatte seine Chancen (Andreas Akyol und Daniel Otremba). Die Zuschauer bekamen ein flottes Oberligaspiel zu sehen, beide Teams überzeugten mit technisch guten Passagen. Insbesondere Roschlaub zeigte, dass er nichts verlernt hat: Wie einst Matthias Bub legte „Roschi“ sich den Ball aus 25 Metern zum Freistoß zurecht – und donnerte das Ding mit einem sagenhaften Hammer zum 2:0 in die lange Ecke (33.)! Die Fans hatten den Mund noch gar nicht wieder ganz geschlossen, da bot Flores das nächste Schmankerl zum Zungeschnalzen: Einen Pass von Gene Carlson nahm er gekonnt mit der Sohle mit, ließ seinen Gegenspieler ins Leere laufen und vollendete technisch perfekt zum 3:0 (36.)! War das wirklich der SC Condor, der letzte Saison zu Hause achtmal Remis spielte (je dreimal 0:0 und 1:1)?
Für Bergedorf musste man nun das Schlimmste befürchten – es traf aber die Gastgeber! Einen zu kurzen Rückpass von Christopher Skalnik erlief Yayar Kunath, Keeper Sascha Kleinschmidt stürmte heraus und senste ihn um. Rote Karte und Elfmeter! Der bis dahin sehr spielfreudige Tevin Tafese wurde aus taktischen Gründen „geopfert“, für ihn kam der 19jährige Ersatztorhüter Morten Zimmermann (vormals SCALA). Gegen den von Sascha de la Cuesta geschossenen Strafstoß war er jedoch machtlos (40.). Nun kippte die Partie. Die Elstern drängten noch vor der Pause auf den Anschlusstreffer - und hätte Skalnik nicht in höchster Not vor Kunath gerettet (44.), wäre es auch schon soweit gewesen. Direkt nach dem Seitenwechsel konnte Skalnik ein weiteres Mal seinen Fehler vor dem 1:3 gutmachen und blockte de la Cuesta im Sechzehner gekonnt zur Ecke ab, auch hier lag ein Tor für die immer stärker werdenden Gäste in der Luft (47.). Den nachfolgenden Eckball schlug Kunath zu „DLC“, der aus 20 Metern Zimmermann zu einer Glanzparade zwang. Durchatmen bei Meik Ehlert! Durchatmen? Nix da. Akyol tankte sich über links in den Strafraum und markierte das 2:3 (57.). Was für eine Show am Berner Heerweg!
Die „Rentnergang“ unter den Zuschauern des SC Condor unkte schon, dass das Spiel jetzt wohl noch verloren gehen würde – aber es gibt ja noch den „Fußballgott“, heute besser bekannt als „Bomber“. Freistoß Roschlaub aus 16 Metern, Granate durch die Mauer hindurch: 4:2 (59.)! Für den FCB war das ein kleiner Dämpfer, aber die Moral der Truppe stimmte. Schiri Martin Pfefferkorn schickte dann auf „Empfehlung“ seines Assistenten Tobias Strauß Gäste-Coach Mienert hinter die Bande, weil dieser sich lautstark über eine Abseitsentscheidung („Der Ball kam doch vom Gegner“) aufgeregt hatte (71.). Nur zwei Minuten später folgte ihm Roman Schmer mit glatt Rot, weil dieser Flores an der Seitenlinie mit einer Notbremse gestoppt haben soll (73.). Zwei harte Entscheidungen, die aber nicht völlig falsch waren (zumal sich Mienert vorher kleine „Spielchen“ mit dem Assistenten geliefert hatte und zum Beispiel durch ein aufgestelltes Markierungshütchen wie mit einem Megaphon in seine Richtung sprach). Es spricht für die Bergedorfer, dass sie sich trotzdem weiter aufbäumten. Nachdem Heiner Twardawa mit seinem Kopfball nach Flanke von Skalnik die Vorentscheidung knapp verpasste (74.), markierte Akyol nämlich auf Zuspiel von Philipp Pettersson den erneuten Anschlusstreffer (80.)! Hier sah Zimmermann nicht besonders gut aus, „aber da habe ich in der Oberliga schon ganz andere Keeper gesehen, die bei so was schlecht aussehen“, nahm Ehlert seinen jungen Goalie in Schutz. Wohlwissend, dass dieser nächsten Freitag bei Altona die Kohlen aus dem Feuer holen muss...
Kurz vor dem Ende spitzte sich das Drama weiter zu. Akyol hatte die Riesenchance zum Ausgleich, setzte seinen Schuss aber etwas zu unkonzentriert neben das Tor (87.). Quasi im Gegenzug konterten die Raubvögel den Gast klassisch aus: Auf Höhe der Mittellinie leitete Roschlaub den Ball gekonnt zum durchgestarteten Twardawa weiter, der im vollen Lauf alleine auf Wulf zustürmte und herrlich aus 18 Metern am Keeper vorbei das 5:3 erzielte (88.). Trotz diverser Unterbrechungen, einiger Wechsel und zweier Roter Karten pfiff Pfefferkorn auf die Sekunde genau ab und Condor ließ sich (bis zum Abpfiff in Niendorf) als vorübergehender Tabellenführer feiern. Eine denkwürdige Partie, auf die alle Beteiligten sicher noch länger zurückblicken werden! Ebenfalls ein hochemotionales Erlebnis hatte übrigens kürzlich der zur Zeit verletzte Yama Rohbaqsh: Er wurde am 6. August Vater einer gesunden Tochter (Sophie)! Doppelten Glückwunsch nach Oldenfelde! Und auch die Elstern müssen sich nicht grämen. Unter diesen personellen Voraussetzungen nach einem 0:3 nochmal so zurück zu kommen, ist wirklich aller Ehren wert.
Die Punktspielstatistik zwischen beiden Teams aus Sicht des Gastgebers (seit 1956): 21 Spiele: 5 Siege, 6 Remis, 10 Niederlagen, 35:42 Tore
Friedhelm Mienert (Trainer FC Bergedorf 85): Gar nicht so einfach, so ein Spektakel direkt nach Spielschluss zu analysieren. Das war ein Oberligaspiel mit Rasse und Klasse. Der feine Unterschied war heute Bomber Roschlaub. Außerdem die Schlüsselszene beim Stand von 3:4, als Akyol nicht entschlossen genug den Ball reinmacht, sondern neben das Tor schießt und wir im Gegenzug das 3:5 bekommen. Ich kann meiner Mannschaft aber keine großen Vorwürfe machen. Als Zuschauer hätte ich mich heute gefreut über so ein Spiel, als Trainer bin ich natürlich sehr traurig über die Niederlage. Glückwunsch an Condor, eine sehr homogene Mannschaft mit tollen Spitzen.
Meik Ehlert (Trainer SC Condor): Soll nochmal einer von der Presse zu mir sagen, am Berner Heerweg wäre Vormittags nix los. Wir haben heute wohl einiges für die Unentschieden-Serie der letzten Saison gutgemacht. Bis zum 3:0 war das hervorragender Fußball von uns, das hat mir außerordentlich gut gefallen. Die Rote Karte und der Elfmeter war dann ein kleiner Genickschlag, von dem wir uns nur schwer erholt haben. Nichtsdestotrotz hat die Mannschaft sich auch nach den Gegentoren immer wieder versucht aufzubäumen, von daher bin ich sehr zufrieden. Es war ein tolles Spiel von beiden Mannschaften.
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