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15.08.2011 Rückblick: Lehrgeld im Land des Lächelns von Folke Havekost
 Fünfhausen, Land des Lächelns. Traumschön und sehnsuchtsbang ist dein strahlender Blick. Hör ich der Stimme Klang, ist es so wie Musik. – Wir wissen nicht, ob Stefan Kohfahl diese Zeilen aus Franz Lehárs Operette „Land des Lächelns“ auf den Lippen führte, als er durch die Vierländer Abenddämmerung strich. Aber gelächelt hat er schon. Es war sogar, nach eigenen Worten, ein „Riesen-Lächeln“, mit dem der Trainer die Aufholjagd seiner Elf quittierte, die aus enem 1:3-Rückstand noch ein 3:3 machte. Toll ins Spiel zurückgefunden hätten seine Jungs, was bei Gegenüber Jan Schönteich naturgemäß auf nicht ganz so viel Begeisterung stieß. Einig waren sich die Trainer angesichts mancher Fehler gleichwohl darin, dass ihre beiden Mannschaften Lehrgeld bezahlen mussten. Das Land des Lächelns ist also auch ein Land des Lehrgelds. Wenn früher Lehrgeld bezahlt wurde, freute das besonders einen: den Meister, der es von seinen Lehrlingen einsammelte. Doch wo ist der Meister? St. Pauli II hat sich in die Regionalliga abgesetzt, sollte dort – wenn nicht zu viel Regen gekommen wäre – eigentlich an der Hoheluft gegen Havelse spielen. Gucken wir uns weiter an der Hoheluft um, entdecken wir den SC Victoria, von vielen als Meister angesehen (oder auch gefürchtet). Zur witterungsbedingten Pflichtspiel-Premiere auf Kunstasen wurde Vicky allerdings von den bis dato punktlosen Meiendorfern ausgebremst. Nach dem 0:0 atmete eher der Favorit auf, denn die Gäste waren dem Sieg vielfach näher. Lange ärgerte sich der MSV aber nicht, sondern hielt es lieber mit dem Fazit seines Urgesteins Harry Gigar, der froh verkündete: „Meiendorf lebt!“ Auch Halstenbek-Rellingen erweist sich nach seinem Landesliga-Jahr als erstaunlich lebendig. Mit Sieg und Unentschieden im Rücken brachen die Baumschuler nach Buchholz auf, um den Tabellenführer zu stürzen. Und das gelang, wenn auch mit einem 1:1 nur beachtlich und nicht gleich triumphal. Die Buchholzer, die bekanntlich keiner Fliege etwas zuleide tun können, durften trotzdem „Sieben auf einen Streich“ jubeln, denn der Fairplay-Preis wandert tatsächlich zum siebten Mal in Serie in die Nordheide. Da dürfte der Verlust der Tabellenführung zunächst verschmerzbar sein, zumal Halstenbek in der (nicht ganz so) neuen Spielklasse eben nach wie vor ungeschlagen ist. Meiendorf, Halstenbek: Zwei Außenseiter, die bei Spitzenteams mindestens mithalten konnten, ja sogar einem Überraschungs-Dreier nahe kamen. Ernüchternd für die Gastgeber, durchaus erfreulich für die Oberliga. Nach drei Runden gibt es keine Mannschaft mit der Maximalausbeute von neun Punkten. Wobei dies im Pinneberger Fall nicht Gegner Schnelsen verhinderte, sondern der zur Spielabsage zwingende Regen. In einer starken und ausgeglichenen Liga fallen im Prinzip auch weniger Tore. Denn wo viele Tore fallen, wird ja auch viel Lehrgeld bezahlt. Zumindest aus Trainersicht. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Das 0:0 zwischen Sasel und Rugenbergen passt nur ergebnistechnisch ins Schema. Die Ausgeglichenheit der Kontrahenten beruhte auf den ähnlichen Spielprinzipien des „Ball weit nach vorn schlagen“ respektive „Langer Hafer in die gegnerische Hälfte“. Beide Mannschaften befinden sich derzeit im Eichhörnchen-Modus: Erst mal Punkt für Punkt sammeln, dann kommen wir vielleicht irgendwann auch in der Liga an. Bei dieser Suche viel Erfolg! Am Sonntagvormittag trösteten uns die acht Treffer im Sportpark Oldenfelde aber schnell über das Vortagsnullnull hinweg. Zu welcher morgendlichen Futtermischung die manchmal etwas bedächtigen Raubvögel auch gegriffen haben: Carlos Flores und Nils Roschlaub tat sie jedenfalls besonders gut. Wie aus einem Guss überrannten (überflogen?) sie in ihrem Revier die Elstern. Selbst Elfer und Rot gegen Keeper Sascha Kleinschmidt konnte angesichts einer 3:0-Führung nach 36 Minuten keine Furcht verbreiten. Da Bergedorf, einmal aufgeweckt, durchaus einiges zu bieten hat, blieb es ein sehr kurzweiliges Spiel, das auch die gut aufgelegte Elster Sascha de la Cuesta nicht mehr wenden konnte. Condor stieg durch das 5:3 zum Halbtagstabellenführer empor und, auch wenn es mancher Bergedorf-Anhänger nicht mehr hören mag: 85-Coach Friedhelm Mienert wurde vom Gespann hinter die Bande geschickt – wobei man im konkreten Fall darüber streiten konnte, ob dies wirklich angemessen war. Andere Trainer haben’s aber auch nicht leicht: Palomas Daniel Sager ließ die Anwesenden auf der Pressekonferenz in Curslack-Neuengamme mit Fragezeichen in ihren Gesichtern zurück, nachdem seine Tauben 0:2 verloren hatten. Schuld daran sei einzig der Trainer, also er selbst, erklärte Sager – der habe in Sachen Training, Taktik, Ansprache und Aufstellung so ziemlich alles verbaselt, was nur verbaselt werden könnte. Eine katholische Selbstgeißelung etwa? Wir kennen Sager eher als ironisch denn katholisch und erinnern uns daran, dass der langjährige Paloma-Coach Frank Hüllmann gegen Ende der Vorsaison seinen Stuhl aufgrund der Beschwerden einiger Spieler räumen musste. Dabei galt Hüllmann bis dahin als der einzige Übungsleiter seit mindestens Sepp Herberger, der den USC Paloma überhaupt trainieren konnte. Herberger hat allerdings wohlweislich darauf verzichtet und Rudi Kargus, der’s, fällt uns gerade ein, auch noch konnte, malt inzwischen lieber Bilder. Wenn das an der Brucknerstraße so weitergeht, könnten Sagers Worte bald schon eher zynische als ironische Bedeutung tragen. In Billstedt meckern die Spieler lieber weithin hörbar auf dem Platz, was jedoch auch zu einigen Schwierigkeiten führte. Als Torwart Bernd Kruschewski Schiedsrichter Haase mit „Du Vogel!“ ansprach, bekam er von diesem nicht etwa die neueste Auflage von Brehms Tierleben, sondern die Rote Karte vor die Nase gehalten. Da war das Spiel gegen Altona 93 für Vorwärts-Wacker im Prinzip bereits verloren. Nicht aber, als Adrian Horn den ersten der beiden Billstedter Platzverweise kassierte. Die schnelle 1:0-Führung und das flüssige Spiel der eigenen Mannschaft mündeten bei ihm in höchst überflüssigem Nachtreten und Rot nach gerade zehn Minuten. Hoffnungsschimmer für Billstedt: VW lief zunächst zuverlässig weiter, spielte eine halbe Stunde lang – auch zu zehnt – richtig gut. Aber die Mannschaft konnte die Unterzahl nur verzögern, nicht vergessen. Altona drehte das Spiel in einen 2:1-Auswärtssieg, der wichtig war, wenn auch nicht meisterlich. Apropos meisterlich, es bleibt ja noch Lehrgeld zu verteilen: Matthias Bub wird gebeten, den wöchentlichen Obolus in Vierlande und Oststeinbek einzusammeln. Denn seine Niendorfer sind zwar längst nicht Meister, aber doch immerhin neue Tabellenführer – und damit nach unserem Empfinden erst einmal einzugsberechtigt. Das erstaunliche 3:0 gegen Norderstedt hinterließ einen verärgerten Gästetrainer Andreas Prohn, der das Ergebnis als „viel zu hoch“ und nicht dem Spielverlauf entsprechend bezeichnete. Das ließ sich verstehen, denn in einer recht dichten Begegnung hatten sich beide Teams nicht viel genommen, ehe zwei Elfmeter die Weichen in Richtung Niendorf stellten: Zwei Elfmeter, die sich die Hausherren durch hartnäckiges Nachsetzen im Norderstedter Strafraum jeweils schwer erarbeiteten. Aber es ist ja auch noch kein Meister vom Himmel gefallen (obwohl Prohn beim zweiten Strafstoß zumindest eine Schwalbe gesehen haben wollte). Beide Strafstöße verwandelte Ole Natusch, früher auch für den HEBC am Ball, der wiederum in der vergangenen Woche seinen 100. Geburtstag feierte. An dieser Stelle herzlichen Glückwunsch! Ole Natuschs Vater Ulli, der bei HEBC schon so ziemlich alles war, bescherte uns in den 1990er Jahren eine unserer mysteriösesten Begegnungen mit künstlicher Intelligenz. Als wir seinen Namen in das damals hochmoderne Textverarbeitungsprogramm Microsoft Word 6.0 b eingaben, schlug uns die Rechtschreibprüfung eine interessante Alternative vor: „Pulli Nautisch“. Was immer sich die Maschine da bei ihrem „nautischen Pulli“ gedacht hat: Als Niendorf im fortwährenden Sturzregen an die Tabellenspitze stürmte, wären wir über so ein Kleidungsstück froh gewesen. |
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