02.10.2011 Verkehrte Welt: Der Aufsteiger dominiert von Andreas Killat
präsentiert:
SC Condor – SC Vier- und Marschlande 2:2 (1:2)
SC Condor: Kleinschmidt - Twardawa, Anders, Krohn, Skalnik (34. Lüdemann) – Werwath (44. Niemann), Neumann – Szyszkowski (73. Theis), Flores, Abshagen – Roschlaub SC Vier- und Marschlande: Maack – K. Herzberg, Benson, Tetzlaff, Kaba – Kosik – Hackstein (70. D. Herzberg), Atug – Ahmadi (34. Güven), Gelinski (90. Oltmann) - Ullrich Tore: 0:1 Ullrich (5.), 1:1 Flores (31.), 1:2 Ullrich (33.), 2:2 Niemann (81.) Schiedsrichter: Murat Yilmaz (FC Türkiye): Unauffälliger Spielleiter. In der Nachspielzeit hätte er allerdings auf Freistoß für Condor im Strafraum entscheiden müssen (Rückpass). Beste Spieler: Keiner – Ullrich, Gelinski, Kosik Zuschauer: 180
Nach dem Schlusspfiff schwelgten die befreundeten Meik Ehlert und Jan Schönteich in Erinnerungen: „Weißt Du noch, damals? Da hatten wir noch Spaß!“, denn die beiden kickten von 1993 bis 1995 gemeinsam im Mittelfeld des SC Condor. Für den SCVM-Coach allerdings keine ganz einfache Zeit, gleich zwei Kreuzbandrisse erlitt der dynamische Key-Account-Manager damals.
Aber auch heute hatte die Partie einen hohen Spaßfaktor, vor allem für die Gäste. Wie schon häufiger in dieser Saison zu beobachten, fanden die Raubvögel nur sehr schwer in die Partie. Das nutzte der Aufsteiger eiskalt aus, besonders Sandjar Ahmadi machte auf der rechten Seite mit Christopher Skalnik dreißig Minuten lang, was er wollte. So auch beim Führungstreffer, wo vorher allerdings möglicherweise die Hand im Spiel war. Doch da Schiri Yilmaz nicht pfiff, konnte Marcel Ullrich seine Flanke aus sieben Metern einköpfen (5.). Es folgte eine Vielzahl an Großchancen, Ullrich und Damian Gelinski spielten die Condor-Abwehr zeitweise regelrecht schwindelig. Lag es am Fehlen von Jan Pawletta? Der Innenverteidiger hatte sich am Montagabend bei einem Betriebssportspiel der Lufthansa (!) eine Rote Karte für eine Notbremse abgeholt und war deswegen gesperrt. „Man lernt immer noch dazu“, kommentierte Ehlert die Sperre, konnte darüber aber gar nicht lachen.
Wesentlich effektiver die Hausherren: Carlos Flores, vorher nur durch unnötige Ballverluste und selbstverliebte Dribblings aufgefallen, zeigte eine Wiederholung seines 1:0 gegen Bergedorf: Vom linken Strafraumeck zog er quer an der Sechzehner-Linie entlang, nahm mit rechts Maß und schlenzte das Leder mit Schmackes knapp unterhalb des Giebels in die Maschen (31.)! Ein Traumtor! Falls Ihnen diese Textpassage bekannt vorkommt: http://www.hafo.de/news/fullnews.php?id=4535! Aber keine 60 Sekunden später war wieder der alte Abstand hergestellt: Skalnik verliert den Ball, Ahmadi flankt, Ullrich köpft ein (33.). Danach musste beide Protagonisten ausgewechselt werden: Skalnik, da Gelb-Rot gefährdet und heute offensichtlich überfordert, und der doppelte Torevorbereiter Ahmadi (nicht zum ersten Mal) mit Muskelproblemen.
In der Folgezeit hätten die Marschländer ihre Führung noch deutlich ausbauen können, wenn nicht sogar müssen: Ömer Güven donnerte einen Freistoß an die Latte (37.) und Gelinski spitzelte erst übers Tor (38.) und scheiterte kurz danach freistehend an Kleinschmidt (44.). „Zum Glück steht es nur 1:2“, nahm es Co-Trainer Volkert Ehlert auf dem Gang in die Kabine mit Humor. Nach einer deutlichen Halbzeitansprache kam der SCC wie verwandelt aus der Kabine, minutenlang wurde der SCVM im eigenen Sechzehner festgenagelt. Niemann’s Freistoß hätte wohl den Weg ins Tor gefunden, aber Heiner Twardawa stand am Fünfmeterraum im Weg und „klärte“ mit dem Kopf (50.). „Da habe ich nicht mehr an uns geglaubt“, so Ehlert später, „wenn wir uns schon selber behindern“. Nur zwei Minuten später die nächste brenzlige Situation: Erst scheitert Flores an Keeper Maack, dann wird der Nachschuss von Eddy Szyszkowski kurz vor der Linie geklärt (53.).
Aber auch die Gäste blieben bei Kontern stets gefährlich: Gelinski an den Pfosten (56.), Ullrich an den Pfosten (62.). Dazu mehrere Hochkaräter, die nicht sauber zu Ende gespielt wurden. „Da mache ich den beiden aber keinen Vorwurf“, so Schönteich, „die haben sich heute wirklich die Lunge aus dem Leib gelaufen“. Die abgedroschene Fußballerweisheit: „Wer seine Chancen nicht nutzt....“, fand daher auch heute wieder seine Bestätigung: Roschlaub mit feinem Pass in den Lauf von Mike Theis, der dribbelt sich bis an die Auslinie am Fünfmeterraum und passt dann quer zurück an den Elfmeterpunkt, wo Florian Niemann fast ohne Mühe einschiebt (81.)! So ist Fußball! In der Nachspielzeit sah sich Condor noch um eine gute Gelegenheit gebracht, als Maack zehn Meter vor dem eigenen Tor in arger Bedrängnis einen klaren Rückpass mit der Hand aufnahm. Doch die Pfeife von Schiri Yilmaz blieb stumm. Das wäre wohl auch zuviel des Guten gewesen. Denn auch so war es für die Raubvögel ein echter Punktgewinn.
Stimmen:
Jan Schönteich (Trainer SCVM): Das fällt mir nicht leicht, hier die richtigen Worte zu finden. Wir sind nicht so überheblich, zu sagen, dass wir hier mal eben herfahren und auf jeden Fall drei Punkte mitnehmen. Aber nach dem Spielverlauf muss man zu einer anderen Erkenntnis kommen. Wir waren die bessere Mannschaft und haben uns eine Vielzahl von Großchancen herausgearbeitet. Besonders in der ersten Halbzeit war das eklatant, da hätten wir das Spiel für uns entscheiden müssen. Das dann irgendwann auch Condor besser ins Spiel kommt, war zu erwarten, die stehen ja nicht umsonst da oben. Da hat meine Mannschaft aber eine reife Leistung gezeigt und gut dagegen gehalten. Das war nicht immer so diese Saison, wir haben dazu gelernt und darauf bin ich stolz. Trotz des unnötigen Punktverlustes verlassen wir die Anlage aber nicht gesenkten Hauptes. So, wie wir hier einen Punkt geholt haben, mit spielerischen Mitteln und sehr gutem Offensivfußball, ist es mir lieber, als wenn man nur hinten drin steht und die Bälle rausbolzt. Es stellt sich nur die Frage, warum wir gegen die Topteams solche Leistungen abliefern können, aber gegen Teams, die mit uns um den Klassenerhalt kämpfen, nicht. Im Laufe der Woche komme ich hoffentlich noch zu der Erkenntnis, dass das nicht so schlecht ist, hier Unentschieden zu spielen.
Meik Ehlert (Trainer SC Condor): Der SCVM hat uns in der ersten Halbzeit gezeigt, wie schneller Fußball geht. Ich war sehr froh, dass es zur Halbzeit „nur“ 1:2 stand. Das war das einzig Positive bis dahin. Wenn ich ehrlich bin, habe ich nicht daran geglaubt, dass wir in der zweiten Hälfte nochmal den Schalter umlegen können. Aber auf einmal hat das geklappt. Zwar immer noch nicht besonders berauschend, aber deutlich besser, als vor der Pause. Leider haben wir unsere Chancen nicht genutzt und hatten Glück, dass der Gegner zweimal nur Aluminium trifft. Das 2:2 war dann aber sehr schön rausgespielt, ob nun gerecht oder nicht. Mit dem Punkt bin ich vom Spielverlauf her sehr sehr zufrieden. Glückwunsch an Jan Schönteich und seine Mannschaft zu der sehr guten Leistung.
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